"Noch nicht zu Ende gedacht": Halbzeitbilanz für schwarz-blau in Oberösterreich als Vorbild für Bund?
OÖ. Die oberösterreichische Regierung zieht nach der ersten Hälfte ihrer Legislaturperiode Bilanz und zeigt sich zufrieden, trotz herausfordernder Zukunft. Von einem negativen Einfluss einer anderwärtigen Regierungszusammensetzung auf Bundesebene auf das Zusammenspiel von schwarz-blau in Oberösterreich, gehen Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) und Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FP) nicht aus.
Als eine gute und lösungsorientierte Zusammenarbeit bezeichnen Stelzer und Haimbuchner die oberösterreichische Regierungspartnerschaft bei einer Pressekonferenz am 23. Oktober. Man wolle dies in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode weiter fortführen, etwa beim Thema Finanzwirtschaft. „Die Aussichten sind nicht positiv. Und trotzdem wird groß investiert in diesem Bundesland. Unsere Politik zeigt: wir denken nicht mehr an das Heute, sondern vor allem an die Zukunft. Dieses Miteinander, dass wir in Oberösterreich leben in der Politik, könnte doch auch Vorbild sein für andere Länder“, so LH-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, der damit auf die derzeitigen Koalitionsverhandlungen der künftigen Bundesregierung verweist.
Seinen Standpunkt hätte Haimbuchner bezüglich einer schwarz-blauen Regierung in Österreich nicht geändert, immerhin gebe es „eine ganz klare bürgerliche Mehrheit, Mitte-Mitte-Rechts.“ Diese solle man nutzen und sich nicht von „linken Utopisten und den Kommentatoren in den Medien beeinflussen lassen“ - auf Bundesebene sei noch nicht alles zu Ende gedacht und zu Ende gesprochen. Kritisch sieht er dabei vor allem die Entscheidung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, den Auftrag der Regierungsbildung nicht an Herbert Kickl übergeben zu haben.
Landeshauptmann Thomas Stelzer sieht Oberösterreich als mögliches Vorbild hinsichtlich dessen, wie miteinander gearbeitet wird und gemeinsam Lösungen gefunden werden. Er betont jedoch, dass die FPÖ unter Herbert Kickl als Wahlgewinner „Signale des Herabwürdigungs- und des Auseinanderdividierens“ ausgesendet hat und es damit nicht gelungen ist, einen Partner für eine parlamentarische Mehrheit zu finden.
Bilanz und Ausblick
Eine Belastung in der Zusammenarbeit in Oberösterreich sehen Stelzer und Haimbuchner die Koalitionsverhandlungen für die zweite Hälfte der Legislaturperiode nicht. In den vergangenen Jahren sei als Regierungspartnerschaft einiges gelungen, man wisse aber auch, dass noch einige Herausforderungen bevorstehen werden.
In den vergangenen drei Jahren wies die oberösterreichische Landesregierung, welche aus vier Parteien besteht, eine Einstimmigkeitsrate bei insgesamt rund 8.170 Beschlüssen von 99,11 Prozent auf. Der Schuldenstand in Oberösterreich betrage zudem nur 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und liege damit deutlich unter vergleichbaren Flächenländern wie Niederösterreich (1,9 Prozent), Steiermark (1,2 Prozent) und Wien (2,3 Prozent). Bald werde der Landeshaushalt für das kommende Jahr vorgelegt, in dem der eingeschlagene Kurs fortgesetzt werden soll.
„Die nächsten Schritte sind aus meiner Sicht sehr klar. Wir wollen den Landeshaushalt weiterhin so vernünftig und mit Hausvorstand gestalten, aber ganz besonders in konjunkturell schwierigen Zeiten uns auch Freiräume schaffen, damit wir in den wichtigen Zukunftsbereichen, Investitionsmaßnahmen, Wirtschaftsankurbelung, Weiterbau des Kinderlandes, Forschungs- und Innovationsaufwendungen oder auch im Gesundheits- und Sozialbereich, alles was nötig ist entsprechend einsetzen können“, so Stelzer.
„Bekenntnis zum Eigentum“
Eine große Herausforderung liege darin, Investitionen nicht woanders hinfließen zu lassen - das sei aber keine Investitions-Zurückhaltung. Ziel sei, Wirtschafts- und Industriebetrieben in Oberösterreich das Weiterwachsen zu ermöglichen, so Stelzer, der damit auf den „Oberösterreich-Plan“ und den Zukunftsfonds verweist.
Haimbuchner wiederum macht auf die positiven Zahlen im Wohnbau aufmerksam, welche ohne Schuldenaufnahme gelungen seien. „Das haben wir aus den eigenen Mitteln heraus finanziert - 30.000 geförderte Wohneinheiten, dazu 15.000 Häuslbauer, die wir seit 2009 unterstützt haben. Das ist auch wichtig, dass wir ein Bekenntnis zum Eigentum abgegeben haben, dass wir zum Eigentum stehen. Eigentum bedeutet Freiheit, Eigentum bedeutet Sicherheit. Eigentum bewahrt einen auch vor Altersarmut und Eigentum kann man auch weitergeben.“
72 unbesetzte Ärztestellen
Im Gesundheitsbereich ist das Ziel, zu den elf bestehenden Primärversorgungseinheiten (PVE) in den nächsten Jahren 27 weitere PVEs zu schaffen - geplant sind diese für 2025 in Linz Süd, Wartberg, Bad Ischl, Perg, Vöcklabruck und Schärding. Gespräche würden zudem in den Regionen Vöcklabruck und Unteres Mühlviertel. Auch das Besetzen von Ärztestellen wolle man besonders in den Fokus rücken - zur Zeit gebe es 72 Ärztestellen, die unbesetzt sind.
Beim Thema Kultur gab es einen kleinen Seitenhieb an die Stadt Linz. Zum geplanten neuen Theatervertrag sagt Stelzer: „Unsere Hand zur Zusammenarbeit ist angeboten. Für uns ist nur wichtig zu wissen, mit wem wir dann verhandeln und ob diese Vereinbarungen und Verträge dann auch halten - nachdem wir gewisse Erfahrungen in der Stadt Linz in der letzten Zeit gemacht haben.“ Damit bezieht sich der Landeshauptmann auf die gestoppten Umwidmungspläne im Linzer Grüngürtel für den geplanten Bau der Digitaluni IT:U.
SPÖ fordert Turbo für Kinderbildung und Entlastung der Gemeinden
Zur heutigen Bilanz von ÖVP und FPÖ zieht auch SPÖ-Landesrat Michael Lindner Stellung: „Unter der mutlosen Politik der letzten Jahre sind die sozialen Bedürfnisse der Menschen zu kurz gekommen. Die Teuerung war das bestimmende Thema und besonders beim Wohnen spüren die Menschen die Versäumnisse der letzten Jahre.“
Die Belastungen würden von Kreditrückzahlungen bis zu den stetig steigenden Betriebskosten reichen - dies müsse in den kommenden drei Jahren geändert werden. „Wir brauchen einen Turbo in der Kinderbildung. Es muss endlich mehr in den Ausbau in erneuerbare Energie investiert werden und unsere Gemeinden haben sich spürbare Entlastungen verdient“, so Lindner.
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