Wolfsmanagement in OÖ: "Geht darum, Balance schaffen zu können"
OÖ/MÜHLVIERTEL. 133 Meldungen zu Wolfssichtungen bzw. Verdachtsfällen gab es im Jahr 2024 beim Land OÖ, 2020 waren es noch 30. Kommt es zu Rissen bzw. dem Verdacht auf Wolfsriss, rücken geschulte Rissbegutachter aus. Um einen fundierten Überblick zu bekommen, wird das Wolfsmonitoring bundesländerübergreifend ausgebaut.
Etwa 80 Wölfe wurden 2024 in Österreich nachgewiesen, in allen Bundesländern außer Wien. Schwerpunkte lagen laut Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs nördlich der Donau im Mühl- sowie im Waldviertel sowie in Kärnten und Osttirol.
Im Grenzgebiet OÖ/NÖ seien aktuell drei Rudel nachgewiesen: die Rudel „Hermanschlag“, „Arbesbach“ und „Gutenbrunn“. Vom „Böhmerwaldrudel“ gab es 2023 die letzten Nachweise.
Aufklären, vorsorgen, Wolfsmanagement
„Der Wolf ist auch in Oberösterreich zunehmend präsent. Für mich ist wichtig, der Bevölkerung Sicherheit zu geben, aber vor allem auch der heimischen Land- und Forstwirtschaft, der Almwirtschaft, Schutz zu geben. Dafür braucht es ein ausgewogenes Wolfsmonitoring – und entsprechende wissenschaftliche Begleitung“, so Agrar- und Jagd-Landesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Montag in Linz.
In Oberösterreich gibt es ein Vier-Punkte-Maßnahmen-Paket zum Wolf: Informieren und aufklären als Basis, Vorsorge mit entsprechenden Herdenschutzmaßnahmen darauf aufbauend. „Aber wir wissen auch, dass Herdenschutzmaßnahmen nicht überall möglich sind. Daher gibt es als dritten Punkt unsere Wolfsmanagement-Verordnung für eine rechtssichere Handhabe im Umgang mit Risiko- und Schadwölfen“, so Langer-Weninger.
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Der vierte Punkt sei die weitere Einforderung der Überarbeitung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) seitens der EU zur Absenkung des Schutzstatusses des Wolfes. Nötig sei dies ihrer Meinung nach deswegen: „Wir wissen, dass die Reproduktion bei Wölfen rasch geht, mit einer Verdoppelung alle drei Jahre. Wir werden daher in eine Situation kommen, wo wir überfordert sein werden“, so Langer-Weninger. “Aber es ist keine Rede davon, den Wolf ausrotten zu wollen. Es geht darum, Balance schaffen zu können.“
Beim Thema FFH-Richtlinie gab es im Dezember erste Schritte: der Ständige Ausschuss der Berner Konvention hat die Herabstufung beschlossen, voraussichtlich in den nächsten drei Monaten soll das in Kraft treten, sofern nicht ein Drittel der Vertragsparteien Einspruch erhebt. Danach könnte die EU-Kommission eine Änderung der FFH-Richtlinie vorschlagen.
Übergreifendes wissenschaftliches Monitoring
Dafür brauche es aber ein klares Monitoring, um den günstigen Erhaltungszustand nachweisen zu können, so Langer-Weninger. Unter dem Vorsitz von Oberösterreich wurde daher im zweiten Halbjahr 2024 bei der Landesagrarreferenten-Konferenz beschlossen, eine wissenschaftliche Erhebung zur Wolfspopulation in Österreich zu beauftragen.
Wissenschaftlich begleitet wird das Monitoring von Aldin Selimovic, Berater des Österreichzentrums Bär, Wolf, Luchs, vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie, Veterinärmedizinische Uni Wien. Die Bundesländer nehmen für die Umsetzung jeweils rund 35.000 Euro in die Hand.
„Hochmobile Tierart“
„Nachdem Wölfe eine hochmobile Tierart sind und sich extrem viel bewegen, kann das Monitoring ziemlich kompliziert werden“, so Selimovic. Mit dem Monitoringplan will man flächendeckend und systematisch die Präsenz von Wölfen besser erfassen können.
Es soll dreistufig aufgebaut werden, in einer ersten Stufe flächendeckend „passiv“, mit Meldungen aus der Öffentlichkeit und der Jägerschaft, so Selimovic. Im zweiten Schritt werde in Gebieten, in denen sich Wölfe für längere Zeit bestätigt aufhalten, die Monitoringmaßnahmen aktiv erhöht. Die dritte Stufe betreffe dann systematisches Monitoring von Rudelgebieten.
Wolfsmanagement in Oberösterreich
15 speziell geschulte Rissbegutachter sind mittlerweile in Oberösterreich auf Abruf im Einsatz, um Verdachtsfälle zu bewerten. „Sie sind das Kernstück des Wolfsmanagements, sie nehmen Emotionen heraus und schaffen eine objektive Grundlage für Entscheidungen und etwaige Entschädigungen“, erläutert Oberösterreichs Wolfsbeauftragter Philipp Engleder.
„Seit 2017 wurden in Summe 46.000 Euro an Wolfsrissentschädigungen in OÖ ausbezahlt, durchschnittlich rund 6.340 Euro jährlich“, so auch Landesforstdirektor Gottfried Diwold.
Je 66 Begutachtungen 2023 und 2024
2023 wurden 66 Riss-Begutachtungen durchgeführt – zehn Fälle wurden eindeutig Wölfen zugeordnet. Dokumentiert wurden dabei 23 tote Nutztiere, fünf verletzte Nutztiere und 17 vermisste Nutztiere.
Auch im Jahr 2024 waren die Rissbegutachter 66 Mal im Einsatz: Zehnmal wurden Losungsproben genommen, 33 Wildtier- und 20 Nutztierrisse begutachtet. Hier sei elfmal ein Wolf bestätigt worden. „In anderen Fällen war es ein Hund oder bei vielen Fällen ist auch der Fuchs als Nachnutzer bestätigt worden“, so Engleder weiter.
2023 wurden 15-mal Vergrämungsmaßnahmen durchgeführt. Es kam zu vier Abschussfreigaben über die oö. Wolfsmanagement-Verordnung, zwei als Risikowölfe eingestufte Tiere wurden tatsächlich entnommen, „unter strenger Berücksichtigung der rechtlichen Rahmen und auch ethischer Vorgaben.“
„Bei Abschussfreigaben wird genau hingeschaut und wohlüberlegt. In diesem Fall waren es zwei Jungtiere, ungefähr ein Jahr alt“, ergänzt Diwold.
2024 waren es 14 Vergrämungen, in zwei Fällen gab es Abschussfreigaben, allerdings keine Entnahmen. 2025 wurden bislang zwei Vergrämungen durchgeführt, es gab bislang eine Abschussfreigabe, allerdings ohne Abschuss.
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