Späte Berufung: Nach Tod der Frau wird aus Banker nun Priester
ST. THOMAS am BLASENSTEIN/TRAGWEIN. Manche Menschen zerbrechen an schweren Schicksalsschlägen. Andere erkennen darin den Auftrag, mutig neue Wege einzuschlagen. Herbert Haslhofer fasste nach dem Krebstod seiner Frau den Entschluss, dem inneren Ruf nach einem geistlichen Leben zu folgen und absolviert nun mit 52 Jahren die Ausbildung zum Priester.
Wenn Herbert Haslhofer über die Krebserkrankung seiner Frau Christa spricht, liegen keine Verbitterung, Wut oder Zorn in seiner Stimme. Stattdessen umgibt ihn eine bemerkenswerte Gefasstheit, die nur ein Mensch ausstrahlen kann, der den tiefen Schmerz in inneren Frieden verwandelt hat. „Die Grundhaltung, dass der größte Schmerz seinen Sinn hat, den wir oft erst später verstehen, habe ich von meiner Frau Christa übernommen“, sagt Herbert Haslhofer. „Sie hat selbst am schlimmsten Punkt ihres Leidensweges nie gejammert oder mit ihrem Schicksal gehadert, sondern sich hoffnungsvoll und voller Zuversicht den Händen unseres Schöpfers anvertraut.“
Um zu verstehen, woher Christa Haslhofer diese unerschütterliche Kraft nahm und worin das Fundament für Herbert Haslhofers Entscheidung, Priester zu werden, liegt, muss man die ungewöhnliche Reise dieses Paares betrachten.
Umwege führten zu neuer Tiefe im christlichen Glauben
1999 schlossen die beiden in St. Thomas den Bund der Ehe. Sie bauten ein großes Haus, führten ein zufriedenes Leben. Doch ihr sehnlichster Wunsch blieb unerfüllt: ein eigenes Kind. Das Paar versuchte alles. Die Sehnsucht nach Elternschaft führte sie sogar zu Wunderheilern und in die Esoterik. „Ein falscher Weg“, resümiert Haslhofer heute. „Aber einer der nötig war, um schließlich den richtigen Pfad zu finden.“
Denn erst im christlichen Glauben fanden die Haslhofers Antworten auf die quälenden Fragen ihrer Kinderlosigkeit. „In vielen Zeiten der Exerzitien und des tiefen Gebets verstanden wir, dass für uns nur allein Jesus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Keine Kinder zu haben, war für meine Frau und mich ein großer Schmerz, doch durch diesen göttlichen Plan wurden uns viele Kinder im geistigen Sinn geschenkt.“ Das Paar begann daraufhin, Gebetsabende und Besinnungstage zu organisieren. Sie tankten Kraft im Glauben, wurden zur Stütze für andere Suchende und fanden ihre neue, tiefere Bestimmung.
Diese innere Stärke sollte Christa Haslhofer in ihren schwersten Stunden tragen. 2021 erhielt sie die Diagnose Krebs. Die Prognose war schlecht; Tumore hatten sich bereits in Leber, Lunge und Bauchspeicheldrüse gebildet.
Gefasstheit, die selbst Ärzte sprachlos machte
„Mir hat es anfangs den Boden unter den Füßen weggezogen“, bekennt Herbert Haslhofer. Doch seine Frau umgab eine Ruhe, die selbst die Ärzte sprachlos machte. Trotz ihres schweren Leidens wurde Christa im Spital zur Kraftquelle für andere Patienten. Als sie nach einem 50-tägigen Klinikaufenthalt nach Hause kam, strahlte sie ihren Mann an und sagte: „Das waren die schönsten und intensivsten Exerzitien meines Lebens, Herbert!“
Noch am Sterbebett seiner Frau keimte bei Herbert Haslhofer der Wunsch, sein künftiges Leben als Priester Gott zu widmen. Die klare, unmissverständliche Bestätigung dieses Entschlusses fand er nur wenige Tage nach Christas Tod. In ihrer Handyhülle entdeckte er einen handschriftlichen Zettel. Darauf stand ein einziger Satz: Ich werde nicht sterben, sondern leben, um die Taten des Herrn zu verkünden.
„In diesem Augenblick wusste ich: Es war nicht nur mein Wunsch, sondern auch Christas Wille, dass ich diesen Weg gehe“, erzählt Haslhofer. Ein Jahr lang trug er diesen Wunsch still in sich, bis ihn eines seiner mittlerweile „geistigen Kinder“ unversehens fragte: „Herbert, warum wirst du eigentlich nicht Priester? Das wäre genau das Richtige für dich.“
Von diesem Moment an ging alles schnell. Herbert Haslhofer machte seinen Entschluss öffentlich, kündigte seinen Job bei der Raika Tragwein und bekam in seinem Umfeld nur Zuspruch und Verständnis.
Priesterausbildung in Heiligenkreuz/NÖ
Seit März absolviert er nun in Heiligenkreuz im Wienerwald die akademische und spirituelle Ausbildung zum Priester. Die Gegenwart seiner Frau spürt er dabei auf jedem Schritt seines neuen Weges: „Es ist, als hätte die tiefe Liebe, die uns verband, ihre Bestimmung geändert und sich in Berufung transformiert.“ Wenn sein Studium nach Plan läuft, wird Herbert Haslhofer 2029 zum Priester geweiht. Schon jetzt verspürt er den Wunsch, in der Jugendarbeit Spuren zu hinterlassen. „Doch ich plane in dieser Hinsicht nicht vor, sondern vertraue darauf, dass ich dort eingesetzt werde, wo mein Tun und Wirken gebraucht wird“, sagt er.