Kerzen für verstorbene Kinder und Sternenkinder in Ried
RIED. Für verstorbene Kinder leuchten am Sonntag, 14. Dezember, beim „World Wide Candle Lighting“ weltweit Kerzen in Fenstern. In Ried wird eine Gedenkfeier am Stadtfriedhof veranstaltet. Die Arbeitsgruppe „Leere Wiege“ gedenkt dabei auch den Sternenkindern, die vor der Geburt gestorben sind, und will mit Tabus brechen.
Jede Flamme steht beim „World Wide Candle Lighting“ für ein Leben, das Spuren hinterlassen hat. Jeden zweiten Sonntag im Dezember wird hierbei an alle verstorbenen Kinder gedacht, unabhängig von Alter oder Todesursache.
Auch in Ried hat sich diese Tradition etabliert. Seit 2023 lädt die Arbeitsgruppe „Leere Wiege“ des Krankenhauses zu einer Gedenkfeier am Stadtfriedhof ein. Heuer findet sie am 14. Dezember um 18 Uhr statt.
Leere Wiege
Das Projekt Leere Wiege wurde im Jahr 2000 gegründet. „Wir erkannten damals, dass Eltern, die einen Schwangerschaftsverlust oder eine stille Geburt erleben, oft sehr allein mit ihrem Schmerz sind“, sagt die Klinische Psychologin Elisabeth Vormayr. „Das Thema wird in unserer Gesellschaft noch immer zu wenig sichtbar gemacht und viele Familien fühlen sich unverstanden oder sogar ausgegrenzt.“
Raum für Gespräche
Das Krankenhaus bietet daher neben medizinischer und pflegerischer Versorgung auch Raum für Gespräche, vermittelt bei Bedarf zu Selbsthilfegruppen und therapeutischen Angeboten. „Wichtig ist es, den Eltern zu zeigen, dass ihre Gefühle normal und berechtigt sind und dass sie nicht allein sind. Wir versuchen, ihnen dabei zu helfen, ihre Trauer zu verstehen und zu verarbeiten.“
Immer noch ein Tabu
In den vergangenen Jahren habe sich der öffentliche Umgang mit Schwangerschaftsverlusten zwar verbessert – durch mehr Aufklärung, mediale Präsenz und Unterstützungsangebote. Dennoch gibt es laut Vormayr immer noch falsche Vorstellungen, wie die Annahme, Frauen müssten „einfach weitermachen“ oder Fehlgeburten würden nur dann passieren, wenn mit dem Kind etwas „nicht stimmt“.
Das Thema sei nach wie vor ein Tabu. Besonders problematisch: Kulturelle Normen idealisieren Schwangerschaft als ausschließlich glückliche Phase und Verluste werden als „Versagen“ wahrgenommen.
Trauer nicht immer anerkannt
„Die Trauer von Sternenkindeltern wird nicht immer anerkannt oder als ‚legitim‘ betrachtet, insbesondere wenn der Verlust im frühen Stadium der Schwangerschaft geschieht“, erklärt Vormayr. „Wir würden uns wünschen, dass offener und einfühlsamer über Schwangerschaftsverluste gesprochen wird, um ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie tiefgründig und belastend der Verlust für Eltern sein kann.“
Unterstützung für Betroffene
Das Projekt soll Eltern, die ihr Kind verloren haben, stärken: „Ihr Schmerz ist berechtigt und gehört gesehen.“ Bei Trauer gebe es kein Richtig oder Falsch.
Gespräche, Rituale oder das Schaffen von Erinnerungen können Wege sein, den Verlust zu bewältigen. „Es ist wichtig, dass die Eltern spüren, dass sie nicht alleine sind und dass ihre verlorenen Kinder einen Platz in ihren Herzen und in ihrem Leben haben dürfen.“
Das können Angehörige tun
Auch Angehörige können unterstützen – durch Zuhören und einfache Worte wie „Es tut mir leid“ oder „Ich bin für dich da“. Aussagen wie „Du bist ja noch jung“ oder „Vielleicht war es besser so“ könnten hingegen verletzen, selbst wenn sie gut gemeint sind.
Intensive Begleitung
Eine Erfahrung, die Vormayr besonders geprägt hat, war die intensive Begleitung einer Frau, die mehrere Fehlgeburten hintereinander erlitten hatte. „Ihre Trauer und die wiederholte Konfrontation mit dem Verlust waren tiefgreifend und belastend.“
Es wurde deutlich, wie wichtig es ist, neben körperlichen Aspekten auch die emotionalen Auswirkungen und das Gefühl der Ohnmacht zu betrachten. „Es war schön zu sehen, wie die Gespräche und das Schaffen eines sicheren Rahmens zur besseren Verarbeitung des Verlustes beigetragen haben. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie entscheidend es ist, den betroffenen Personen Raum für ihre individuelle Trauer und Heilung zu geben und gleichzeitig konkrete Unterstützung bei der Bewältigung des Verlustes anzubieten.“
Weitere Schritte
Die Arbeitsgruppe Leere Wiege arbeitet daher kontinuierlich daran, die Unterstützung von Frauen und deren Angehörigen zu verbessern. Das geschieht etwa durch die Optimierung von Abläufen im Krankenhaus oder das Erstellen von Informationsmaterial.
Heuer wurde die Grab- und Gedenkstätte neu gestaltet. Sie soll künftig verstärkt für Rituale und Gedenkfeiern genutzt werden und Raum für Trauer, aber auch Austausch schaffen.
Verbesserungen gewünscht
Für die Zukunft wünscht sich Vormayr eine Enttabuisierung, stärkere Unterstützungssysteme für Eltern und Fachkräfte, einen unkomplizierten Zugang zu psychosozialer Hilfe und eine kostenlose Hebammenbetreuung für Betroffene. Auch Verbesserungen im Mutterschutz und Kündigungsschutz nach Schwangerschaftsverlusten stehen auf der Wunschliste – nach Vorbild Deutschlands.
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