Bürgermeister üben scharfe Kritik am AK-Kinderbetreuungsatlas
BEZIRK SCHÄRDING. Laut der Arbeiterkammer ist die Kinderbetreuung im Bezirk Schärding mangelhaft. Mit St. Florian am Inn und Suben erfüllen lediglich zwei Gemeinden die Kriterien für die Einstufung in die beste Kategorie.
Der Arbeiterkammer-Kinderbetreuungsatlas schafft einen umfassenden Überblick über das Kinderbetreuungsangebot in Oberösterreichs Gemeinden. 2019 wurden erstmals Unter-Dreijährige, Drei- bis Sechsjährige und Volksschulkinder gesondert betrachtet und diverse Zusatzangebote wie Gesunde Jause, Naturerleben-Projekte oder Integration berücksichtigt. Das Fazit fällt nicht positiv aus: Die Kinderbetreuung im Bezirk Schärding ist ausbaufähig. Mit St. Florian am Inn und Suben erhielten nur zwei der 30 Bezirksgemeinden die Einstufung in die 1A-Kategorie über alle Altersgruppen hinweg.
Noch genauer
Anlässlich der 20. Auflage des Kinderbetreuungsatlas untersuchten die AK-Experten das Angebot in Oberösterreich noch genauer als bisher. Konkret werteten die Datensammler in jeder Gemeinde pro Altersgruppe vier Kriterien aus: die Öffnungszeiten, das Mittagessen-Angebot sowie die Schließzeiten im Sommer und im Arbeitsjahr – wobei die Öffnungszeiten differenziert wurden (Unter-Dreijährige mindestens sechs Stunden/Tag, Drei- bis Sechsjährige mindestens acht Stunden/Tag und Volksschulkinder mindestens vier Nachmittagsstunden/Tag – jeweils Montag bis Donnerstag). Gemeinden, die zudem die Kriterien des Vereinbarkeitsindikators für Beruf und Familie erfüllten, konnten bei den Unter-Dreijährigen und bei den Drei- bis Sechsjährigen zusätzlich eine 1A-Bewertung erreichen.
Gesamt-Kategorie und Bewertung
Die Beantwortung aller Kriterien (Öffnungszeit, Mittagessen, Sommerbetreuung und Schließzeit) ergab für jede Gemeinde eine von fünf möglichen Gesamt-Kategorien (von A bis E). Gemeinden, die elf oder alle zwölf Kriterien erfüllen, sind 1A-Gemeinden. Für neun beziehungsweise zehn erfüllte Kriterien gibt es ein „A“. Kommunen mit sieben oder acht positiven Kriterien erhalten ein „B“, fünf beziehungsweise sechs ergeben ein „C“. Gemeinden, die drei und vier Kriterien schafften, bekommen ein „D“. Weniger als drei bedeuten ein „E“. Zusätzlich gibt es ein „+“, falls Gemeinden auch Sonderprojekte wie gesundes Mittagessen, Integration, Naturerleben durchführen. Im Bezirk Schärding erfüllten St. Florian am Inn und Suben als einzige Gemeinden die Kriterien für die bestmögliche 1A-Kategorie. „Sie bieten über alle Altersgruppen hinweg eine Kinderbetreuung an, die es Eltern und Alleinerziehenden ermöglicht, einer Vollzeit-Arbeit nachzugehen“, berichtet Hans Promberger von der Arbeiterkammer. Mit Esternberg und Schärding erreichten zwei die A-Kategorie.
Zweitniedrigster Wert
Vier von 30 Gemeinden im Bezirk Schärding wurden also in den beiden besten Kategorien eingestuft, das sind 13,3 Prozent. Das ist im Vergleich mit den anderen oberösterreichischen Bezirken der zweitniedrigste Wert hinter Ried. Zum Vergleich: Im Oberösterreich-Schnitt wurden 33,6 Prozent der Gemeinden als 1A- oder A-Gemeinden eingestuft. Dreizehn Gemeinden (40 Prozent) erfüllten die Kriterien für ein „B“. Mit Sigharting gibt es nur eine Bezirksgemeinde in der niedrigsten Kategorie „E“.
Kritik von Ortschefs
„Ich bin mit der Einstufung meiner Gemeinde absolut nicht einverstanden. Wir bieten, soweit der Bedarf vorhanden ist, eine sehr gute Betreuung an. Wir orientieren uns jedoch an den Wünschen der Eltern, nicht an jenen der Arbeiterkammer“, berichtet Sighartings Bürgermeister Alois Selker. Eggerdings Bürgermeister Hans Hingsamer, dessen Gemeinde – genauso wie St. Willibald, Wernstein am Inn und Mayrhof – keine Daten an die Arbeiterkammer übermittelt hat, übt scharfe Kritik an der Vorgehensweise der Arbeiterkammer. „Ich finde, die Arbeiterkammer hat wichtigere Aufgaben, als sich um die Kinderbetreuung zu kümmern und die Gemeinden in ein schlechtes Licht zu rücken. Für mich ist es wichtig, dass die Eltern mit dem Kinderbetreuungsangebot meiner Gemeinde zufrieden sind und nicht die Arbeiterkammer“, so Hingsamer. Und weiter: „Wir bieten alternative Betreuungsformen an, aber diese werden nicht akzeptiert und somit wird man automatisch schlechter eingestuft.“
Protest
Josef Jobst, Ortschef von St. Willibald, ist der gleichen Meinung wie Hingsamer: „Wir haben aus Protest nichts eingereicht. Die Jahre davor wurden wir, obwohl wir über ein gutes Kinderbetreuungsangebot verfügen, immer schlecht eingestuft. Die Arbeiterkammer führt keine Bedarfsermittlung durch, sondern richtet sich streng nach ihren Kriterien. Warum soll ich ein Mittagessen anbieten, wenn der Bedarf nicht vorhanden ist?“
Andorf: falsche Einstufung
Andorf wurde aufgrund eines Fehlers falsch eingestuft. „Nach Rücksprache mit der Arbeiterkammer wurde der Fehler behoben und wir sind nun in der Kategorie B+ und nicht C+“, informiert Bürgermeister Peter Pichler. Und weiter: „Mich hat es schon gewundert, dass wir so schlecht wegkommen, obwohl wir unseren Einwohnern ein sehr gutes Kinderbetreuungsangebot anbieten.“
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden