Portugiesen im Fußballhimmel, Österreichs Priester nur 13.
ST. PÖLTEN. Das gab es noch nie im St. Pöltner Dom: 220 Priester aus 16 Nationen feierten einen gemeinsamen Gottesdienst mit Bischof Klaus Küng. Der Auftakt für eine Veranstaltung der besonderen Art: Die Fußball-Europameisterschaft der Priester.
Bischof Küng war auch bei Eröffnung in der Landessportschule dabei, wusste da schon, dass das Futsal-Turnier „ein frohes, aufbauendes Ereignis“ wird. Er vertraute auf die Worte von Pfarrer Hans Wurzer, der als Cheforganisator den tieferen Sinn der EM skizzierte: „Uns geht es um die Begegnung mit Kollegen aus allen Ländern und von anderen kirchlichen Traditionen.“ Die Voraussage von Sport-Landesrätin Petra Bohuslav, dass „die Schiedsrichter bei diesem Turnier ein sehr ruhiges Leben haben werden“, wurde von vielen Aktiven zumindest mit einem Lächeln quittiert. Und das Gegenteil gleich in der ersten, heiß umkämpften Partie zwischen Weißrussland und der Slowakei bewiesen… Gelbe Karten und manch hitzige Diskussion am Spielfeld hat“s im Laufe des Turniers mehrere gegeben.
Die meisten der Akteure sind begeisterte Hobbykicker, manche blicken jedoch auch auf eine durchaus sportliche Vergangenheit zurück. Im österreichischen Team etwa der 49-jährige Pjotr Kastelik, der früher in seiner Heimat Polen in der zweithöchsten Spielklasse einlief. Oder Johann Wurzer, der in den 1990er-Jahren als Zweier-Tormann beim damaligen Regionalligaklub Zwettl agierte. Oder der 55-jährige Franz Richter, der auch als Kaplan noch in der Kampfmannschaft seines Heimatklubs SV Petzenkirchen gespielt hat. Alle überstrahlte jedoch der Goalie der ungarischen Mannschaft: László Kiss-Rigó verhinderte jahrelang Gegentreffer in Ungarns 2. Division, heute ist der 59-Jährige Bischof der Diözese Szegedin.
Organisationschef Johann Wurzer - Pfarrer in Ybbs und mit 53 noch immer ein Fußballnarr, der als Tormann weder sich noch Gegner schont – heimste bei der Siegerehrung viel Lob ein. Wobei er die fast versäumt hätte, musste er doch für zwei Stunden ins Krankenhaus. Im letzten Spiel hatte er sich mutig einem Gegenspieler entgegen gehechtet und seinen Einsatz mit einer Schulterluxation bezahlt. Wurzers Programm rund um die Spiele begeisterte (wie der Besuch im Stift Melk und eines Mostheurigen) und erstaunte (wie die Geschichte des verhindertes Atomkraftwerk in Zwentendorf). Verständigungsschwierigkeiten gab“s kaum, Deutsch, Englisch, Russisch verband, und wenn gar nichts mehr half – Latein beherrscht jeder Priester.
Die Fußball-Europameisterschaft der Priester gibt es seit 2005. „Erfunden“ und initiiert im Burgenland: Zeljko Odobasic organisierte das erste Turnier 2005 in Eisenstadt. Der zehn Jahre zuvor auch erstmals ein österreichisches Priester-Nationalteam auf die Beine stellte, das er 1995 – noch mitten im Krieg zwischen Serben und Kroaten – für ein Benefizspiel in der Stadt Sisak in seiner kroatischen Heimat „benötigte“.
Zum Sportlichen: Eigentlich hatten Kapitän Hans Wurzer und seine 13 Mitstreiter mit mehr als Rang 13 gerechnet. Doch schon die Gruppenspiele, in denen die Österreicher nicht gerade vom Glück verfolgt waren, vereitelten die Hoffnung auf den Aufstieg ins obere Finaltableau und damit einen guten Mittelfeldplatz: Dem programmgemäßen 2:1 über Montenegro (Tore: Kastelik, Iweadighi) folgte ein unglückliches 0:1 gegen Slowenien, nach dem verletzungsbedingten Ausscheiden von Tormann Wurzer ging in der Mannschaft etwas die Konzentration verloren. Beim 0:2 gegen Kroatien musste der Goalie bereits nach zwei Minuten wieder w.o. geben (das Oberlippen-Cut platzte wieder auf), dennoch wären gegen den Gruppensieger die Chancen vorhanden gewesen. Chancenlos hingegen im Viertelfinale, das 0:3 gegen die Ukraine hätte auch noch höher ausfallen können. Viel Spannung dann in der Finalphase um die Plätze 13 bis 16: erst 1:0 über Albanien, dann die Dramatik gegen Kasachstan. Rot-Weiß-Rot führte lange 1:0, als den Kasachen 35 Sekunden vor Schluss der Ausgleich gelang. Fünf Sekunden vor dem Abpfiff dann der viel umjubelte Siegestreffer von Zdravko Gasparic. Das große Bruderduell gegen Deutschland blieb aus, ihr dezimiertes Team belegte nur Rang 16. Europameister wurde Portugal durch einen 1:0-Finalerfolg über Titelverteidiger Polen.
Österreichs Priester spielten mit Johann Wurzer (Pfarrer in Ybbs), Pjotr Kastelik (Pfarrer in Pöchlarn), Justin Minkowitsch (Pfarrer in Annaberg), Sabinus Iweadighi (Pfarrer in Pottenbrunn), Franz Richter (Pfarrer in Krems), Daniel Kostrzky (Pfarrer in Neumarkt an der Ybbs/alle Diözese St. Pölten), Zeljko Odobasic (Pfarrer in Trausdorf), Zdravko Gasparic (Pfarrer in Kittsee und Pama), Josip Banfic (Pfarrer in Neuberg und Güttenbach/alle Diözese Eisenstadt), Niko Tomic (Kaplan in Wels/Diözese Linz), Marko Jukic (Pfarrer in Poysdorf/Erzdiözese Wien), Alfred Jokesch (Kaplan in Graz), Karol Pytracyk (Kaplan in Gnas/beide Diözese Graz), Marjan Plohl (Pfarrer in Radsberg/Diözese Gurk-Klagenfurt).
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