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„Unverschwendet": mit Marmelade und Sirup gegen die Wegwerfkultur

Angelika Hollnbuchner, 23.08.2016 16:46

STEYR/WIEN. Keine Kirsche, kein Apfel hängt dieser Frau zu hoch: Die gebürtige Steyrerin Cornelia Diesenreiter hat in Wien ein kulinarisches Projekt namens „Unverschwendet“ ins Leben gerufen. Es holt Unverdorbenes von Wiesen, Sträuchern und Bäumen und bringt es originell ins Einmachglas.

Einmachkönigin: Cornelia Diesenreiter verarbeitet überschüssige Ernten. Foto: Unverschwendet
Einmachkönigin: Cornelia Diesenreiter verarbeitet überschüssige Ernten. Foto: Unverschwendet

Die Verschwendung auf der Welt lag ihr schon immer schwer im Magen: „In Österreich entstehen jährlich 760.000 Tonnen Lebensmittelabfälle“, erklärt Cornelia Diesenreiter. „Die hunderten Tonnen, die bei den Bauern aufgrund saisonaler Überschüsse und überzogener Schönheitsstandards des Marktes anfallen, sind da noch gar nicht eingerechnet.“ Im Sommer 2015 hat die Steyrerin deshalb eine Idee beim Schopf gepackt: Sie begann, überschüssige Früchte von Bauern und Gartenbesitzern zu beziehen bzw. diese teils auch eigenhändig abzuernten.

Als Naturliebhaberin, gelernte Köchin und studierte Umweltmanagerin hat es ihr das Konzept „Zero Waste“ - null Abfall - angetan. Sie hat es in England während des Studiums für Nachhaltiges Produktdesign kennengelernt. Da nahm sie an einer Analyse teil, bei der 1,5 Tonnen Restmüll in Kategorien aufgeteilt wurden. „Ich war absolut schockiert, als ich realisiert habe, dass davon 400 kg Lebensmittel waren, teilweise einwandfrei genießbar.“

Die Wahlwienerin liebt Lebensmittel und beschloss, sich dem Thema Lebensmittelabfallvermeidung voll und ganz zu widmen. Doch in der Heimat sah es mit dem Jobangebot in diesem Bereich mager aus. Sie gründete also „Unverschwendet“. Und schaffte es schon im ersten Jahr, 600 Kilogramm hochwertiges Obst und Gemüse vor dem Verderben zu bewahren. Zum Beispiel konnten hochwertige Mini-Wassermelonen aus dem Burgenland, die im September schon neben den ersten Lebkuchen als Ladenhüter darbten, verwertet werden. Mehr als 2.500 Gläser kochte die 29-Jährige 2015 ein. Sie waren innerhalb von drei Wochen praktisch ausverkauft.

Fruchtaufstriche, Gelees, Sirupe, Chutneys kreiert Diesenreiter seither mit einer wohldosierten Prise Experimentierfreude. Schon in naher Zukunft wird sie auf diese Weise die erste Tonne Früchte verarbeitet haben. Das Telefon klingelt jedenfalls unaufhörlich. Derzeit zählt Diesenreiter mehr als 40 „Fruchtspender“ im Großraum Wien - Menschen, die Hof oder Garten für sie öffnen. „Die meisten sind einfach froh, dass sie die Lebensmittel nicht verderben lassen müssen und überlassen sie mir gerne. Natürlich biete ich immer ein paar Gläschen als Kostprobe an, die gerne angenommen werden.“

In der Haupterntezeit steht Diesenreiter bis in die Nacht hinein am Einkochtopf. Die Mühen sind es ihr aber wert. Nicht zuletzt ermöglicht ihr die Aufgabe, viel Zeit in direktem Kontakt mit der Natur zu verbringen: „Es gibt für mich nichts Schöneres, als in den Bäumen zu sitzen, frische Früchte zu ernten und diese dann mit viel Liebe zu verarbeiten. Die Natur gibt mir Kraft, Ruhe und Ausgleich und ich freue mich, dass ich sie durch meine Arbeit etwas entlasten kann.“

„Marmelade mit Sinn“

Auch mit der Wiener Tafel gibt es eine Zusammenarbeit. In Workshops wird gemeinsam mit von Armut betroffenen Jugendlichen, darunter auch junge Flüchtlinge, eingekocht. Der Ideenreichtum ist aber längst nicht ausgeschöpft: Sobald „Unverschwendet“ im Großraum Wien ausgereift und etabliert ist, soll das Konzept auch in andere Städte wandern. „Meine Heimatstadt Steyr wird da auf jeden Fall dabei sein“, lacht Diesenreiter.

www.unverschwendet.at


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