Fort aus der Ukraine: "Die Kinder sollen eine sinnvolle Aufgabe haben"
STEYR. Aus dem Kriegsgebiet kommen laufend Schutzsuchende in Steyr an – vorwiegend sind es Frauen und Kinder. Die Mittelschule/Musikmittelschule Promenade gehört zu jenen Schulen, an denen bereits geflüchtete Kinder den Unterricht besuchen. Tips sprach mit Direktorin Irene Daichendt.
Tips: Frau Direktor, wann haben Sie die ersten Kinder aus der Ukraine an der Schule begrüßt?
Irene Daichendt: Seit letzter Woche besuchen uns drei ukrainische Kinder, sie sind elf, 13 und 14 Jahre alt. Ein Kind ist mit seiner Familie in der Zwischenzeit schon weitergezogen. Die Unterkunftgeber meldeten die Kinder sehr schnell bei uns an – schon vor der Registrierung – damit die Kinder einen geregelten Tagesablauf, eine sinnvolle Aufgabe und Ablenkung haben.
Wie nimmt man Kinder behutsam auf, die aus einer Kriegssituation in ein völlig neues Umfeld mit fremder Sprache kommen?
Vor zwei Wochen haben wir als Schule für den Frieden gesungen. Über 300 Schüler und Lehrende sangen „Give Peace A Chance“ und diese Botschaft leben wir, indem wir die Kinder herzlich willkommen heißen und sie anlächeln. Hilfreich ist, dass einige unserer Schulkinder Russisch sprechen und als Dolmetscher fungieren – bei der Schulanmeldung und im Unterricht. Das hilft den ukrainischen Kindern sehr. Die Kinder und ihre Eltern zeigen große Dankbarkeit. Die Vorkenntnisse der Kinder sind unterschiedlich: Englischkenntnisse sind teilweise vorhanden, die älteren Schüler beherrschen die lateinische Schrift.
Wie läuft der Unterricht für die Kinder ab?
Die ukrainischen Kinder sitzen in altersentsprechenden Klassen, erleben den Unterricht in deutscher Sprache und können aktiv mitmachen: in Turnen, Werken, Hauswirtschaft und mehr. Hinzukommen noch spezielle Deutschförderstunden, in denen die ukrainischen Kinder in einer Kleingruppe Deutsch lernen.
Können sich die Kinder über ihre Erfahrungen von der Flucht und der bedrohlichen Situation in ihrem Heimatland mitteilen?
Sie dürfen darüber sprechen, wenn sie wollen. Viele unserer Schüler haben Kriegserfahrungen gemacht oder kennen Geschichten ihrer Großväter oder anderer Verwandter. Eine Betreuungslehrerin ist an der Schule bereit für Gespräche. Psychologische Beratung direkt an der Schule gibt es nicht, wäre aber hilfreich – auch für andere Schüler mit belastenden Situationen.
Welche familiären Schicksale durchleben die jungen Geflüchteten?
Die Familien sind getrennt, die Väter verteidigen ihr Vaterland. Wichtig ist, dass die Kommunikation in die Heimat funktioniert.
Was hilft Ihren Pädagogen in der Betreuungsaufgabe?
Wir arbeiten schon jahrelang mit Flüchtlingskindern oder Kindern, die Deutsch nicht als Muttersprache haben und aus anderen Kulturkreisen stammen. Wir haben Lehrende mit einer DAZ-Ausbildung (Deutsch als Zweitsprache). Weiters verwenden wir „Willkommens“-Bücher zum Deutschlernen. Wir kaufen immer wieder Zusatzmaterialien wie Vokabelkarten, Computerprogramme et cetera an. Menschlichkeit, der Wille zum Helfen, großes Engagement und Zusammenhalt unter den Lehrern machen mich sehr stolz auf die Mittelschule/Musikmittelschule Promenade.
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