UNTERWEISSENBACH. Sein Schuhgeschäft hat er im Alter von 64 Jahren an Sohn Sepp übergeben. Bemerkt hat er vom Ruhestand allerdings nicht viel. Demnächst wird er 80, der Obermühler Schuster Helmut Atteneder, und fast jeden Tag sieht man ihn noch fleißig bei der Arbeit in der Werkstatt.
Schon sein Vater Josef und Großvater Anton Atteneder, der 1890 von Kaltenberg nach Unterweißenbach gekommen war, übten das Schuhmacherhandwerk aus. 1937 kam Helmut auf die Welt. „Es war logisch, dass auch mein Bruder und ich Schuhmacher gelernt haben“, sagt Helmut Atteneder, ein Unterweißenbacher Original und weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt. Während er mit der Tips-Redakteurin plaudert, klebt er eine losgelöste Sohle und näht eine aufgegangene Naht an einem Lederschuh nach. Lange, bevor das Geschäft aufsperrt, steht er oft schon in der Werkstatt. Der Beruf hat ihm immer Freude gemacht.
Klein angefangen
„Wir haben ganz klein angefangen“, berichtet der Schuhmachermeister aus seiner Lehrzeit. „Damals haben wir die Schuhe noch selber gemacht und uns damit einen guten Ruf erarbeitet.“ Bis Arbesbach im benachbarten Waldviertel reichte das Einzugsgebiet der Schuhmacherfamilie. Der gute Ruf von damals ist dem heutigen Schuhhaus Atteneder in Obermühl, wo einst eine alte Mühle stand, geblieben – obwohl die handgemachten Schuhe heute großteils dem Schuhhandel Platz gemacht haben – und den Reparaturen, die die Kundschaft sehr schätzt. „Dass wir zu einer Reparatur nein sagen, gibt es nicht oft. Wir haben sogar Kunden aus dem Zentralraum Linz, viele kommen zu uns, weil schon die Mutter und die Oma bei uns zufrieden waren“, sagen Vater und Sohn Atteneder nicht ohne Stolz auf Generationen von Schuhkunden.
Sogar in New York bekannt
Der Bekanntheitsgrad treibt amüsante Blüten: „Die Nachbarn haben immer gesagt, mit euch kann man nirgends hinfahren, euch kennen sie überall“, lacht Helmut Atteneder. Ein Kunde hat Letzteres sogar einst von einer New-York-Reise erzählt. „Mitten auf der Straße hat er plötzlich hinter ihm jemanden sagen hören, Schuhe kaufen kannst nur beim Obermühler Schuster.“
Hinaus ins Holz
Wenn es der Wettergott allerdings recht gut mit Unterweißenbach meint, sucht man den Obermühler Schuster in der Werkstatt vergeblich. Dann zieht es ihn nämlich hinaus in den Wald zur Holzarbeit, die er besonders liebt. „Da bin ich dann den ganzen Tag alleine in der frischen Luft beschäftigt“, schildert der 80-Jährige. „Wichtig ist halt, dass man einen gscheiten Zeug“ zur Holzarbeit hat“, weiß der rüstige Senior.
Zwei Söhne als Lehrlinge
Einen schweren Forstunfall, 1993 war es, hat er mit viel Glück überlebt. „Das war kritisch damals, aber der Vater hat sich wieder darappelt“, erinnert sich Sepp Atteneder. Heute ist der Obermühler Schuster fast wieder der Alte. „Ich habe eben einen guten Schutzengel. Nur manchmal zwickt mich das Rheuma ein wenig in den Händen.“ Fünf Kinder hat der Herrgott ihm und seiner Frau Margarete, die er 1963 geheiratet hat, geschenkt. Eines wurde ihnen schon im Alter von zwei Jahren wieder genommen. Gleich zwei der Söhne, Josef und Willi, lernten das Schuhmacherhandwerk. „Willi war immer mehr in der Werkstatt, der Sepp mehr im Verkauf.“ Willi Atteneder gründete ein Geschäft im Linzer Domviertel. „Dort habe ich oft beim Reparieren geholfen und mir sogar die Arbeit mit heim genommen“, sagt der alte Meister mit Schmunzeln.
Beruf an Enkerl „vererbt“
Eine große Freude war es für Helmut Atteneder, dass auch Willis Sohn Johannes sich für die Schuhmacherei entschied und heute einen Online-Reparaturdienst anbietet. „Ich hab ihm geraten, wenn er immer eine Arbeit haben will, muss er was machen, was nicht alle können.“ Ans Aufhören hat der Obermühler Schuster „noch keinen Tag lang“ gedacht. „Wer rastet, der rostet. Man wird halt langsamer und muss sich Zeit lassen, dann geht“s schon noch ein paar Jahrln.“
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