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Keine Perspektive: Mutter kämpft für Schulplatz ihres Sohnes

Thomas Leitner, 17.03.2025 08:50

VÖCKLABRUCK. 14 Jugendliche mit Beeinträchtigungen verlieren in Vöcklabruck ihren Schulplatz. Eine betroffene Mutter warnt vor dramatischen Folgen – und kritisiert das politische Tauziehen scharf.

Elias soll bald seinen Schulplatz verlieren. (Foto:privat)
Elias soll bald seinen Schulplatz verlieren. (Foto:privat)

In Vöcklabruck droht 14 Jugendlichen mit Beeinträchtigungen ein ungewisses Schuljahr: Ihre Schulplätze fallen weg – und eine Lösung ist nicht in Sicht. Die Eltern wurden darüber bei einem Elternabend ohne Vorwarnung informiert. Während sie um die Zukunft ihrer Kinder bangen, schieben Stadt und Land die Verantwortung hin und her.

Die NEOS kritisieren die Situation scharf. Landessprecher Felix Eypeltauer: „Es ist inakzeptabel, dass 14 Jugendliche mit Beeinträchtigungen von einem Tag auf den anderen ohne Perspektive dastehen. Wir sprechen hier nicht nur über einen Schulplatz, sondern über ihre Chance auf Bildung, soziale Teilhabe und eine Zukunft. Dass Stadt und Land seit Jahren vom Platzmangel wissen und trotzdem keine Lösung erarbeitet wurde, ist verantwortungslos.“ Auch NEOS-Bildungssprecherin Julia Bammer fordert rasches Handeln: „Es kann nicht sein, dass die betroffenen Familien jetzt alleine gelassen werden.“ 

Stadtgemeinde fühlt sich „im Stich gelassen“

Die Stadtgemeinde Vöcklabruck sieht sich hingegen mit einer dramatisch steigenden Nachfrage konfrontiert. Die Pestalozzischule wird von der Stadtgemeinde für den gesamten Bezirk erhalten. Während die Schülerzahlen in der Stadt konstant geblieben sind, hat sich die Zahl der Integrationskinder aus anderen Gemeinden im Bezirk fast verdoppelt. Waren es vor drei Jahren noch 329 Anträge auf sonderpädagogischen Förderbedarf, sind es mittlerweile 604.

Bürgermeister Peter Schobesberger weist die Kritik zurück, man hätte die Situation vorhersehen können: „Wir müssten pro Jahr zwei neue Klassenräume bauen. Es tut mir leid, aber das geht weder logistisch, noch erlauben das die gesetzlichen Fristen.“

Seit der Eröffnung der Schule im Jahr 2021 wurden bereits mehrere zusätzliche Klassen geschaffen, darunter zwei neue Räume im Jahr 2023 durch Umnutzung von Horträumlichkeiten. Zudem wurde eine zusätzliche Hortklasse in einem Schulcontainer errichtet. Eine Aufstockung des Schulgebäudes um sechs weitere Klassen ist bereits in Planung – die Hälfte der geschätzten 3,5 Millionen Euro soll die Stadt selbst tragen. Dennoch wartet Vöcklabruck seit Monaten auf eine Antwort aus dem Büro der Bildungslandesrätin.

Gleichzeitig bleibt der Platzmangel akut: Über zwanzig Erstklässler aus Vöcklabruck, die gerne die Pestalozzischule besuchen würden, müssen diesen Herbst auf andere Schulen ausweichen.

Betroffene Familien sehen keine Alternativen

Wie dramatisch die Situation für die betroffenen Familien ist, schildert Ursula Fehringer, Mutter eines betroffenen Schülers. Ihr Sohn Elias besucht derzeit das 10. Schuljahr an der Pestalozzischule. Die Information über den Verlust des Schulplatzes kam für sie völlig überraschend: „Die überraschende Einladung zu einem Elternabend mit Bürgermeister und Vertretern der Bildungsdirektion hat schon nichts Gutes erahnen lassen“, erzählt Fehringer. Sie und die anderen Eltern seien davon ausgegangen, dass ihre Kinder das von der Schule angebotene Berufsvorbereitungsjahr absolvieren könnten – erst Anfang der Woche erfuhren sie, dass dies nicht möglich sein wird.

„Der Platzmangel am Pestalozzi Campus ist seit Jahren bekannt und auch die Schülerzahlen sind für den Bürgermeister hoffentlich keine Überraschung“, sagt Fehringer weiter. Für Elias und die anderen 13 Jugendlichen bedeutet die Entscheidung, dass sie zumindest das nächste Jahr zuhause verbringen müssen. Eine Alternative im Bezirk gibt es laut Fehringer nicht – weder im Bildungsbereich noch am Arbeitsmarkt. Auch die Anmeldefristen anderer Schulen sind längst abgelaufen, viele Familien berichten, dass sie bei Anfragen abgewiesen wurden.

Berufstätige Eltern besonders betroffen 

Besonders dramatisch ist die Situation für berufstätige Eltern: „Jugendliche mit Beeinträchtigungen kann man nicht einfach alleine zuhause lassen, viele Eltern sind berufstätig. Vor allem Mütter wären dazu gezwungen, ihren Job aufzugeben. Für Alleinerziehende ist das eine existenzbedrohende Situation,“ so Fehringer. Neben der fehlenden Betreuung droht den Jugendlichen auch der Verlust ihres sozialen Umfeldes und der gesellschaftlichen Teilhabe. Entwicklungsrückschritte, Vereinsamung und psychische Belastungen seien mögliche Folgen.

Eine weitere Mutter bringt die Enttäuschung auf den Punkt: „Es kann doch nicht sein, dass sich ein Schulerhalter mit einem „so leid es mir tut“ aus der Verantwortung stiehlt.“

Ursula Fehringer, die sich seit 16 Jahren für Familien von Kindern mit Down Syndrom engagiert, ist tief betroffen: „Meine Sorge darüber, was meinem Sohn Elias und anderen Kindern mit Beeinträchtigungen in ihrem Leben noch alles vorenthalten und verwehrt wird, sind enorm. Meine Trauer über das, was nun auf ihn, uns und die anderen Familien zukommt, ist kaum in Worte zu fassen. Die Kinder werden quasi am 4. Juli 2025 aus der Schule „geworfen“.“

Besonders bitter: Für ihren Sohn Elias sei es immer selbstverständlich gewesen, bis 18 die Schule besuchen zu dürfen.

„Nun weiß ich noch nicht, wie ich ihm das sagen soll, da er so gern in die Schule geht, dort seine sozialen Kontakte hat, viele Freunde hat, gerne lernt, sich noch weiterentwickeln kann. Ich denke, das wird eine Katastrophe für ihn,“ so Fehringer. Die Möglichkeit, weiter zur Schule zu gehen, sei für Elias enorm wichtig, um lebenspraktische Fähigkeiten zu erlernen, Selbstständigkeit zu entwickeln und sich auf ein inklusives Arbeitsleben vorzubereiten.

Fehringer sieht dennoch einen Hoffnungsschimmer: „Schon ein zusätzlicher Container könnte helfen, damit der Unterricht im Herbst weitergehen kann.“