Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Trotz Lockdown erfolgreiches Unlimited-Festival

Mag. Ingrid Oberndorfer, 12.11.2020 11:19

WELS. Nicht einmal eine Woche vor dem dreitägigen internationalen Festival „Music Unlimited“ wurde der Lockdown ausgerufen. Doch der Kulturverein Waschaecht ließ sich nicht unterkriegen und stellte gemeinsam mit dem Medien Kultur Haus in Rekordzeit eine live gestreamte online-Variante auf die Beine.

Der Schlachthof wurde zum Studio.     Fotos: Wasserbauer
  1 / 8   Der Schlachthof wurde zum Studio. Fotos: Wasserbauer

Organisator Wolfgang Wasserbauer vom Kulturverein Waschaecht hat seine Eindrücke von diesem außergewöhnlichen Unlimited 2020 zusammengefasst. 

Wasserbauers Rückblick

Die 34. Ausgabe des internationalen Festivals „music unlimited“ sollte ein großer Wurf werden. Die Planungen waren erfolgreich abgeschlossen und ein erster Programmentwurf wurde im Februar dieses Jahres präsentiert. Schwerpunktmäßig sollte das Aufzeigen neuer Tendenzen der amerikanischen Musikavantgarde die größte Rolle spielen. Leider spielte seinerseits das seither auf allen Ebenen omnipräsente Corona Virus allen guten Gedanken und Planungen einen Streich durch die ambitionierte Rechnung.

Trotz Corona im Sommer viele Veranstaltungen

Der Kulturverein Waschaecht und die sonstigen veranstaltenden Vereine im Alten Schlachthof haben von Beginn an dieser herausfordernden Situation alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um unter objektiv und subjektiv wahrgenommenen sicheren Rahmenbedingungen trotzdem ein anspruchsvolles Kulturprogramm auf die Beine zu stellen. So wurden mehr als 50 Veranstaltungen durchgeführt, viele davon im Sommer im neu geschaffenen Gastgarten im Schl8hof-Gelände. Bald aber sollte sich herausstellen, dass an ein planmäßiges durchführen eines dreitägigen internationalen Musikfestivals nicht zu denken ist. Die Corona-Bestimmungen wurden verschärft, und die Programme mussten dementsprechend neu gestaltet werden. Auch im internen Umfeld der unlimited-Organisatoren wurde heftig diskutiert und debattiert, denn so wie im Moment in allen gesellschaftlichen Kreisen müssen auch hier die unterschiedlichsten Ideen und Vorstellungen im Umgang mit der Bewältigung der momentanen Krise unter einen Hut gebracht werden.

Absage kam nicht in Frage

Die ersten Ausfälle betrafen alle Künstler und Künstlerinnen aus Übersee. Ein Abhalten des Festivals mit völlig angezogener Handbremse und mit ungewöhnlichen Abstrichen erschien uns dennoch eine bessere Lösung als das unserer Meinung nach Einfachste Mittel, und so kam für die OrganisatorInnen eine Absage nicht in Frage.

Der zweite Lockdown

Am letzten Wochenende im Oktober, nicht einmal eine Woche vor dem geplanten Termin, wurde ein neuer Lockdown ausgerufen, der ein völliges Veranstaltungsverbot öffentlichen Charakters mit sich gebracht hat. Als einzige Alternative blieb nun eine live gestreamte online-Variante, auf die wir uns sehr spontan einigen konnten. Dazu brauchte es aber eine Bündelung der Kräfte, denn ohne eine die Expertise einiger engagierter Menschen rund um das Medienkulturhaus hätten wir an eine solche Variante nicht denken können. Geplant und gehandelt musste sofort werden. Auch das Programm musste neu gestaltet werden, und so kam es zur ungefähr vierten und wieder runderneuerten Auflage des unlimited Programms.

Moderation und Vermittlungsprogramm

Es sollten an allen drei originalen Festivaltagen jeweils zwei Konzerte über die Bühne gehen. Und auch die Ansprüche an ein Vermittlungsprogramm waren hoch. So mussten Moderatoren und Künstler gefunden werden, die einerseits gekonnt durch Programme zu führen imstande sind, andererseits durch künstlerische Überbrückungsmanöver eine spannungsgeladene Atmosphäre aufbauen konnten. Und viel Zeit blieb nicht, um den Schl8hof in ein riesiges Tonstudio und Medienzentrum umzubauen.

Herausfordernde Bedingungen

Einige der Künstler, die sich letztendlich bereit erklärt hatten, unter diesen herausfordernden Bedingungen aufzutreten, waren bereits im originalen Programm vertreten, niemand aber in genau der angekündigten Besetzung. So wurde aus der erhofften Österreichpremiere des Tumido Orchesters ein reguläres Konzert der Band im Trioformat. Aus dem Wiener Quartett Chesterfield wurde ein Trio mit amerikanischem Gast, einem Musiker, der seit geraumer Zeit seinen Wohn- und Arbeitsort nach Wien verlegt hatte.

Haslinger im Gespräch

Gekonnt durch das Programm führte der Welser Stefan Haslinger, der die Abende jeweils im Gespräch mit Hauptorganisator Wolfgang Wasserbauer einleitete. Auch technische Umbaupausen mussten überbrückt werden. Mit dem niederländischen Musiker und Soundpoeten Jaap Blonk, der sich zufällig für einige Zeit in München aufgehalten hatte, konnte kaum ein geeigneterer Künstler dafür gefunden werden.

Soundpoeten und Laserkünstler

Am Samstag gastierte die mittlerweile in Norwegen beheimatete Vokalistin Agnes Hvizdalek mit ihrem Partner Daniel Lercher auftrat. Er steuerte über sein Laptop und diverse hochtechnisierte Computerprogramme moderne elektronische Klänge bei. Der Schlagzeuger Lukas König, manchmal auch als Gast für die österreichische Popband Bilderbuch wirkend, lieferte sein beeindruckendes Soloprogramm „Messing“, für das er nicht mehr als ein ramponiertes Becken bearbeitete und dabei entstehende Sounds elektronisch rhythmisierte und verfremdete. Und troztdem arbeitete er nicht allein: Im Verbund mit dem Licht- und Laserkünstler Bernhard Rasinger wurden völlig neue, beeindruckende Bild- und Klangwelten kreiiert. Jaap Blonk steuerte am Sonntag ein Solokonzert bei. Er bewies eindrucksvoll, dass er zu den weltweit spannendsten und erfindungsreichsten Soundpoeten zu zählen ist. Und es verwundert nicht, dass sich in seinem Repertoire auch die berühme Ursonate von Kurt Schwitters befindet.

Ersatzmann als Glücksgriff

Die Grazer Pianisten Elisabeth Harnik hätte eigentlich mit dem Norwegischen Schlagzeuger Paal Nilssen-Love auftreten sollen, dessen Stelle im Schlachthof spontan der ursprünglich aus Oberösterreich stammende Dieter Kern eingenommen hatte. Das stellte sich rasch als großer Glücksgriff heraus. Beide Musiker sind Meister im spontanen Interagieren und Überraschens des Gegenübers mittels neuer kreativer Ideen und Ansätze.

„Eine Bereicherung“

Die Veranstalter vom Kulturverein Waschaecht sehen in der spontanen Umsetzung des unlimited-Festivals als live gestreamte Variante durchaus auch eine Bereicherung im Sinne einer Erweiterung des gewohnten Arbeitsfelds. Und einen gelungenen Kraftakt, der zwar ohne große budgetäre Mittel auskommen musste, aber im Sinne eines solidarischen Miteinanders unterschiedlicher Zugänge und Expertisen als großer Erfolg in die Geschichte des unlimited-Festivals eingehen wird. Und eine Bestätigung darüber, zu welchen herausragenden Leistungen ein gut funktionierender kreativer Kulturbetrieb im miteinander möglich ist. Da wundert es auch nicht groß, dass der ORF Radiokultursender Ö1 bereits Interesse an den mitgeschnittenen Konzerten zeigt.


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden