Sicher fahren will gelernt sein - Mehrphasen Training beim ÖAMTC
MARCHTRENK. Sonntag 5.50 Uhr. Schwarze Autoschlüssel baumeln von meiner zitternden Hand. Per Knopfdruck entsperrt sich die Autotür und ich steige ein. Ein letzter Check: Sitzposition, Spiegel, Gurt. Dann die Anspannung kurz ausatmen. Vor mir liegt der lange Weg vom Mühlviertel zum ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum Marchtrenk.
Bei der Einführung lerne ich die anderen acht Fahranfänger und unsere zwei Trainer kennen. Manchen steht die Angst ins Gesicht geschrieben, andere lachen unbeschwert beim Blick auf ihre Telefone. Im Gespräch mit dem Trainer Wolfgang Stummer erfahre ich, dass das Fahrsicherheitstraining seit 1. Jänner 2003 in Österreich Fixpunkt beim Führerschein ist. Mit dieser Maßnahme wurden die Unfallzahlen bei jungen Autolenkern (17-24 Jahre) mittlerweile um 56 Prozent gesenkt. „Die jungen Leute können sich einfach besser selbst einschätzen“, so Wolfgang Stummer. Als ich ihm von meiner Angst berichte, meint er, es würde kein Zwang bestehen und ich könne die Übungen immer bei niedrigeren Geschwindigkeiten durchführen. „Es kann nichts passieren“ hören wir im Laufe des Tages immer wieder. Bei der Frage nach dem Fahrzeugmodell und der Sonderausstattung kommen dann vor allem die weiblichen Teilnehmer in die Verlegenheit eines unwissenden Schulterzuckens. So auch ich. Dann werden die Funkgeräte ausgegeben, die uns während den praktischen Übungen miteinander verbinden.
Erste Praxisübungen
In der einen Hand die Schlüssel, in der anderen das Funkgerät mache ich mich erwartungsvoll und dennoch ängstlich auf den Weg zum Auto. In einer Kolonne geht es zur ersten Übung. Wir fahren Slalom auf nasser Fahrbahn, um einen Spurwechsel bei diesen Verhältnissen zu simulieren. Beim Ausprobieren verschiedener Lenktechniken und Geschwindigkeiten wird der Mut größer und die Anspannung kleiner. Zögerlich wage ich mich schließlich von einer Übung zur nächsten, dabei hallen die aufmunternden Kommentare der beiden Trainer per Funk durchs Auto. Wir stellen erstaunt fest, dass ein deutlicher Unterschied bei einer Notbremsung zu spüren ist, wenn wir die Geschwindigkeit um die Hälfte reduzieren. „Geschwindigkeit ist immer das Entscheidende“ meinen die erfahrenen Trainer. Sie ermuntern uns, im sicheren Umfeld des Fahrtechnik Zentrums die Grenzen unseres Könnens auszutesten. Wassersäulen, die Hindernisse oder Gegenverkehr simulieren, würden den Autos ja keinen Schaden zufügen. Nebenbei werden noch wichtige Dinge wie die richtige Sitzposition und Lenktechnik besprochen. Mit einer Verkehrspsychologin führen wir dann ein Gruppengespräch, wo wir über Unfallursachen sprechen. Wir analysieren die eigenen kleinen oder großen Hoppalas, die uns passiert sind. Dann geht es in die wohlverdiente Mittagspause.
„Hier darfst du Fehler machen“
Der Nachmittag bringt neue Herausforderungen: auf einer bergab verlaufenden, nassen Fahrbahn versuchen wir einen Zusammenprall mit einer Wassersäule zu verhindern. Im echten Leben könnte so eine Situation tödlich enden, doch hier können wir uns Fehltritte erlauben. Die Angst vor der Übung ist sehr groß, doch schon nach wenigen Wiederholungen fühle ich mich sicher. Die größte Hürde erwartet mich aber am Ende des Tages: die Schleuderplatte. Das mulmige Gefühl im Bauch und die Panik steigen, bis ich dann an der Reihe bin und mit 35 km/h zwei Metallplatten ansteuere, die mich zum Schleudern bringen werden. Nach dem erfolgreichen ersten Versuch verflüchtigt sich meine Angst. Ich kann nun beruhigt sagen „Alles nur halb so schlimm“.
Eine kurze Nachbesprechung schließt das Training ab. Zum letzten Mal an diesem Tag stecke ich den Autoschlüssel in die Zündung und starte mein Auto. Auf dem Heimweg schläft die Welt schon wieder ein und auch ich werde gut schlafen nach diesem herausfordernden Tag.
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