Zeitgeschichtliche Wanderung mit Fritz Loibl in Enns
ENNS. Das Mauthausenkomitee Enns machte sich am vergangenen Samstag auf Spurensuche in Enns. Fritz Loibl (Jahrgang 1931) zeigte den Teilnehmern Orte, die ihn in seiner Jugend geprägt haben.
Die Wanderung begann beim ehemaligen „Magazin“ an der Dr.-Renner-Straße, wo Loibl bei seiner Großmutter wohnte, im April 1945 hat er dort durchgetriebenen Juden gekochte Erdäpfel zugerollt. Als er dabei vom begleitenden SS-Mann entdeckt und zum Mitmarschieren aufgefordert wurde, versteckte er sich lange im Eichberg.
Bewegte Bilder
Dann erzählte er, an der Landstraße, dass das dort gelegene blühende Rapsfeld in dieser Nacht von den dort lagernden Menschen des Todesmarsches aus Hunger abgeerntet wurde. Die erschossenen Menschen am Straßenrand sind ihm noch sehr bewegt in Erinnerung geblieben. Auf dem Weg Richtung Eichberg berichtet er von mutigen Abenteuern der Eichbergbande bei der Erklimmung des Ennser „Mount Everest“: Da sei noch jeder „Eichberger“ abgestürzt.
Erinnerung im Detail
Bei den Fundamenten der Baracken im Eichberg erzählte er den interessierten Zuhörern, dass die Jugendbande Funkleitungen der dortigen Ausbildungsstätte mit Zange und Isolierband „behandelt“ hat und von den Generälen erwischt wurde. Aber auch, dass sie Zeugen der standrechtlichen Erschießungen von Deserteuren am Eichberg wurden, erzählt Herr Loibl. Die Erschießungen verlegte man auf die abgeriegelte Wiese am Eichberg, als die Nazis merkten, dass sie von der Zivilbevölkerung beobachtet wurden. Auch das Kriegsende am 5./6. Mai ist ihm so gut in Erinnerung geblieben, dass er genaue Details dazu erzählen konnte vom Auf und Ab der weißen Fahne am Stadtturm.
Im falschen Zug
Die „Eichbergbuam“ erklommen aber auch die bereits erbauten Pfeiler der Autobahnbrücke, sprangen von dort in die Enns und schwammen zu den „Russen“ nach Ennsdorf. Auch ein Tanzerlebnis in Linz ist ihm gut in Erinnerung geblieben, weil sie im falschen Zug landeten und ohne Ausweis um 4 Uhr früh über die Eisenbahnbrücke von Ennsdorf aus zurückgeschickt wurden und von der örtlichen Polizei und den Amerikanern sehr erzürnt empfangen wurden.
Resümee
Durch Loibls Erzählungen ergab sich ein interessantes Bild einer Jugend in den 40iger Jahren, mit vielen prägenden Ereignissen und Bildern, die immer noch bewegen. Aber auch der Freiheit einer Jugendgeneration, die doch sehr mutige Bandenaktivitäten setzen konnte, bleibt den Teilnehmern, der spannenden zeitgeschichtlichen Wanderung in Erinnerung.
Das Mauthausenkomitee Enns plant für 2019 weitere Veranstaltungen, den Auftakt macht eine Gedenkfeier an die Todesmärsche am 10. April, sowie ein weiteres Erzählcafé am 22. Mai 2019.
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