Kulturpreis der Stadt Amstetten für Johann Kropfreiter
AMSTETTEN. Johann Kropfreiter, der ehemalige Geschäftsführer der Amstettner Veranstaltungsbetriebe und langjährige Intendant des Musical Sommers Amstetten wurde mit dem Kulturpreis der Stadt Amstetten ausgezeichnet. Tips-Redakteur Norbert Mottas bat ihn zum Interview.
Tips: Als langjähriger Geschäftsführer der Amstettner Veranstaltungsbetriebe haben Sie unzählige Veranstaltungen in der Pölz-Halle programmiert. Welche sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Kropfreiter: Es müssten hochgerechnet über 2.000 verschiedene gewesen sein. Ich werde trotzdem probieren, einige Highlights hervorzuheben. Unvergesslich bleiben mir die beiden Gastspiele des Landestheater NÖ mit Ferdinand Raimunds „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ mit Karl Markovics in einer der Hauptrollen sowie „Der Bauer als Millionär“, beides Jerome Savari Inszenierungen. Theater pur, opulent ausgestattet, ein Fest für Theaterliebhaber! Aber auch viele Tourneebühnen haben mit großartigen Stücken und mit Film- und Fernsehstars wie Inge Meysel, Hans Joachim Kulenkampff, Johannes Heesters, Hans Holt, Klausjürgen Wussow, Heiner Lauterbach, Uwe Ochsenknecht, Sonja Kirchberger, Silvia Seidel, die Kessler Zwillinge und Ulrike Folkerts, um nur wenig zu nennen, in der Pölz-Halle gastiert. Mit großer Begeisterung erinnere ich mich auch an Konzerte von Jon Lord, Charlie Watts, Konstatin Wecker, Herman van Veen, Rebekka Bakken, Reinhard Mey, Rainhard Fendrich, Georg Danzer, Ludwig Hirsch oder STS, um ebenso nur ganz wenige zu erwähnen. Und an viele tolle Kabarettabende, Kammermusikensembles, Jazzkonzerte und und und.
Tips: Gab es auch weniger erfreuliche Erfahrungen als Veranstalter?
Kropfreiter: Grundsätzlich kann ich mich an wenige Situationen erinnern, die mir lieber erspart geblieben wären. Was mich allerdings immer wieder genervt hat war, dass bei schlecht verkauften Vorstellungen Künstler meist den Veranstalter mangelhafter Werbung bezichtigt haben. Eigenkritik, ob“s auch an der Popularität des Protagonisten selbst gelegen sein könnte, war und ist in dieser Branche doch eher verpönt. Derartige Vorwürfe haben mich zwar geärgert, damit war“s dann aber auch schon abgehakt. Als Veranstalter und Produzent sollte man nicht allzu leicht besaitet sein, was mir mit Fortdauer meiner Erfahrung ganz gut gelungen ist. Aufregen konnte ich mich aber über Ungerechtigkeiten bis zum letzten Arbeitstag, wenn“s sein hat müssen!
Tips: Auch der Musical Sommer Amstetten trug viele Jahre Ihre Handschrift als Intendant. Welchen Platz nehmen diese Musicals in Ihren Erinnerungen ein?
Kropfreiter: „Feuerwerk“ mit Freddy Quinn in der Hauptrolle, war 1987 die erste Eigenproduktion, für die ich als Geschäftsführer verantwortlich gezeichnet habe. Damals wurde das Festival noch als „Sommeroperette Amstetten“ beworben. Es war meine Idee, ins modernere Genre des Musiktheaters zu wechseln. Der Umstieg wurde 1989 mit der österreichischen Erstaufführung von „Ein Käfig voller Narren“ vollzogen. Ein Stück, das im Homosexuellen-Milieu angesiedelt ist, war aus heutiger Sicht eine extrem mutige Entscheidung. Das Publikum war mehr als begeistert davon, womit der Mut von Heinz Ehrenfreund und mir seine Bestätigung bekam! Eine weitere unvergessliche Produktion war „Joseph“, nicht nur, weil unsere Tochter Stefanie im Kinderchor mitsingen durfte, sondern auch, weil Heinz Ehrenfreund zwei Wochen vor der Premiere völlig unerwartet verstorben ist. Ich musste die Intendanz 1999 kurzfristig interimistisch übernehmen, bevor ich zum Intendanten ernannt wurde. „Carmen Cubana“, eine Uraufführung des Musical Sommer Amstetten, „Jesus Christ Superstar“, die „Rocky Horror Show“ sowie „Aida“ zählen zu weiteren Sternstunden des Musial Sommer Amstetten, neben vielen weiteren österreichischen Erstaufführungen.
Tips: Hätte es Sie in der Zwischenzeit wieder einmal gereizt, als Intendant eines Musicals oder einer anderen Veranstaltung zu arbeiten?
Kropfreiter: Die ersten beiden Monate des Jahres 2020 habe ich mir zum Herunterkommen gegönnt, um in der Pension anzukommen. Dann ging im März die Pandemie los. Ab diesem Zeitpunkt war mir bewusst, dass ich meinen Abgang nicht zielgenauer wählen hätte können. Ich habe sehr mit meinem ehemaligen AVB Team sowie der gesamten Kulturszene gelitten. Mehr konnte ich jedoch nicht beitragen, außer, mich über Frau Lunacek und ihre kulturelle Un-Kompetenz zu ärgern.
Bis zum heutigen Tag hab ich keinen Reiz verspürt, Aktivitäten in meinem ehemaligen Beruf wieder anzustrengen. Das heißt jedoch nicht, dass ich der Kultur ade gesagt habe. Ich habe nun die Seiten gewechselt und darf ein Kammermusikensemble betreuen, das als Streichquartett und Streichquintett die Bühnen der Konzerthäuser erobern möchte. Da in diesem Ensemble meine Tochter Stefanie mitwirkt, war es naheliegend, dass sie auf meine Erfahrungen zurückgreifen wollen. Zudem wird 2023 der 20. Todestag meines Onkels Augustinus Franz Kropfreiter begangen, um dessen kompositorisches Schaffen es ziemlich ruhig geworden ist. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, das zu korrigieren. Und es gibt auch Veranstalter, die um meine Erfahrung im Kulturmanagement bitten. Ich hätte für weitere Aktivitäten derzeit gar keine Kapazitäten frei!
Tips: Im Jahr 2018 sagten Sie in einem Tips-Interview: „Nach einem Jahr ohne Kulturveranstaltungen würde man sehen, wie leer das Leben wäre.“ Damals war von Covid und Lockdowns noch keine Rede. Nun hatten wir mehr als ein Jahr, in dem wir zumindest ohne Präsenz-Kulturveranstaltungen auskommen mussten. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Kropfreiter: Es war schlimm für mich, aber genauso für meine Frau, da der regelmäßige Live-Kulturkonsum für uns beide zum Alltag zählt. Wir haben in jener Zeit große Entzugserscheinungen kultureller Art ertragen müssen! Wir haben das Live Erlebnis herbeigesehnt und sind sehr rasch in Theater und Konzerthäuser zurückgekehrt, sobald dies wieder möglich war. Die neuesten Entwicklungen lassen jedoch befürchten, dass mit erneuten Restriktionen zu rechnen ist.
Tips: Haben Sie in der Zeit online übertragene Kulturveranstaltungen verfolgt?
Kropfreiter: Live-Streamig war leider keine Alternative, für die wir uns begeistern konnten. ORF III, DVDs und eine umfangreiche CD Sammlung haben uns ein wenig über die Runden geholfen.
Tips: Als Sie in Pension gingen, fürchteten Sie, dass Sie Ihren professionellen Blick nicht ablegen können werden, auch wenn Sie „nur“ als Besucher zu einem Konzert gehen. Ist Ihnen das schon gelungen?
Kropfreiter: Ich bin und wirke auf viele Menschen, die mich schon länger kennen, zwischenzeitig weitaus entspannter als in meiner aktiven Zeit. Dinge, die an einem Veranstaltungsort für mich im Argen liegen, können mich immer noch aufregen. Da kann mein Blut schon mal in Wallung geraten! Aber grundsätzlich genieße ich jetzt anders, entspannter als früher.
Tips: Sie wurden mit dem Kulturpreis der Stadt Amstetten ausgezeichnet. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?
Kropfreiter: Mit dieser Auszeichnung geht für mich die AVB Ära nun endgültig zu Ende. Für mich bedeutet der Kulturpreis ein letztes Dankeschön seitens der Kommune, dass ich 33 Jahre lang mit meinem Team daran gearbeitet habe, den Ruf Amstettens als Eisenbahner- und Wirtschaftsstadt zu korrigieren. Heute kommen viele Menschen der Kultur wegen nach Amstetten. Ich würde mich freuen, wenn mein Lebenswerk in Form eines üppigen Kulturprogramms eine Fortsetzung erfahren würde.
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