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Rot Kreuz-Krisenintervention: "Brauchen ein gutes Bauchgefühl"

Michaela Aichinger, 28.02.2020 19:56

BEZIRK. Der plötzliche Tod eines Angehörigen, ein schwerer Verkehrsunfall oder ein Brand im Eigenheim – wenn die Welt von einer Sekunde auf die andere aus den Fugen gerät, ist meist das Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes zur Stelle. Tips im Gespräch mit Patrizia Weilguny und Ingeborg Garstenauer.

  1 / 3   Das Kristeninterventionsteam leistet Erste Hilfe für die Psyche. Es werden laufend neue Mitarbeiter gesucht. Foto: Rotes Kreuz/Mader

Seit mittlerweile 15 Jahren ist das Kristeninterventionsteam des Roten Kreuzes in Amstetten überall dort im Einsatz, wo Erste Hilfe für die Psyche gefragt ist. Ob Unfall, der Tod eines geliebten Menschen oder eine Naturkatastrophe – am Ort des Geschehens bleiben oft körperlich unversehrte Menschen zurück, die schwer unter Schock stehen und Hilfe benötigen.

„Wir nehmen uns Zeit“

„Hier setzen wir an. Wir werden von den Blaulichtorganisationen angefordert. Dem Großteil unserer Einsätze liegt der plötzliche Tod eines Menschen zuhause zu Grunde. Wir nehmen uns Zeit, sind für die Angehörigen da, reden mit ihnen oder schweigen gemeinsam. Wir brauchen ein gutes Bauchgefühl, um zu erspüren, was der Angehörige im Moment benötigt“, erklärt Inge borg Garstenauer, Koordinatorin der Krisenintervention im Bezirk sowie Teamleiterin in Waidhofen/Ybbs.

„Wir helfen über erste Strecke hinweg“

Nach Auswahl des Bestatters durch den Kunden würden wenn gewünscht auch die ersten organisatorischen Schritte vom Kriseninterventionsteam in die Wege geleitet. „Wir helfen über die erste Strecke hinweg, bis das soziale Netz zu greifen anfängt und zum Beispiel weitere Familienangehörige eintreffen“, so Garstenauer.

Beweggründe für die Arbeit in der Krisenintervention

„Krisenintervention bedeutet für mich, dass zuerst die Welt in Ordnung ist und sich dann plötzlich alles ändert“, erklärt Patrizia Weilguny, Teamleiterin der Krisenintervention in Amstetten, die von Beginn an Teil des Kriseninterventionsteams ist. „Als ich 22 Jahre alt war, ist mein Großvater gestorben. Ich habe sofort die Organisation der weiteren Schritte für die Bestattung in die Hand genommen und hatte dadurch keine Zeit, mich zu verabschieden. Dann kam der Zusammenbruch – eine solche Situation wünsche ich niemandem. Daher ist es wichtig, den Angehörigen Zeit zu geben, damit sie sich in Ruhe verabschieden können“, betont Weilguny.

„Kinder sollen vom Tod nicht ferngehalten werden“

In Absprache mit den Eltern betreut das Kriseninterventionsteam auch Kinder beim Tod eines Angehörigen. „Sie sollen nicht vom Tod ferngehalten werden. Auch hier ist das richtige Gespür das Um und Auf“, so Weilguny. Besonders fordernd seien Einsätze, die Kinder und junge Menschen betreffen.

„Schwierige Situationen“

„Unsere Betreuung unterliegt einer absoluten Schweigepflicht. Im Team werden jedoch schwierige Situationen besprochen. Auch Supervision kann von unseren Mitarbeitern in Anspruch genommen werden“, informiert Ingeborg Garstenauer.

„Fünf Mal im Bezirk vertreten“

Sei die Krisenintervention, die übrigens mit keinen Kosten verbunden ist, vor Jahren noch belächelt worden, werde sie nun oft in Anspruch genommen. „Im Bezirk Amstetten sind wir in allen fünf Rot Kreuz-Stellen vertreten. 2019 wurden wir zu rund 150 Einsätzen gerufen – 2018 waren es 112“, so Garstenauer. Insgesamt seien im Bezirk 29 Mitarbeiter aller Altersgruppen im Einsatz, davon 27 ehrenamtlich.

„Laufend auf der Suche nach Mitarbeitern“

„Wir sind auch laufend auf der Suche nach neuen Mitarbeitern“, so die Bezirkskoordinatorin. Voraussetzung sei ein Mindestalter von 25 Jahren. Die theoretische Ausbildung dauert 80 Stunden und umfasst ein Volontariat. „Wichtig ist, ein Gespür für Menschen zu haben. Man muss reden und auch schweigen können“, so Weilguny. Besonders bei Verkehrsunfällen müsse man die Kraft haben, ohne Vorurteile in den Einsatz zu gehen. „Wir betreuen sowohl Unfallverursacher als auch -opfer – wir helfen allen Beteiligten, die Schuldfrage wird an anderer Stelle beantwortet“, so die Amstettner Teamleiterin.

„Tätigkeit immer noch bereichernd“

Bereichernd sei die Tätigkeit in der Krisenintervention auch noch nach 15 Jahren für beide Frauen: „Wir sind immer noch sehr gerne im Einsatz und würden uns über weitere Mitarbeiter wirklich freuen. Interessenten sind eingeladen, sich bei den jeweiligen Bezirksstellen zu melden“, so Garstenauer abschließend.

Weitere Informationen:

Tel. 059/144 76 013

ingeborg.garstenauer@n.roteskreuz.at

www.roteskreuz.at/noe


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