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Vielfalt der Obstsorten im Mostviertel ist "hochgradig gefährdet"

Michaela Aichinger, 15.06.2021 08:04

MOSTVIERTEL. Die Leader Region Tourismusverband Moststraße startet gemeinsam mit „Blühendes Österreich“ ein Projekt zur Erhaltung von 2.000 Quadratkilometern sortenreicher Streuobstwiesen.

(vorne v.l.) Gerlinde Handlechner, Martina Schmidthaler, Tanja Dietrich-Hübner, Moststraße-Obfrau Michaela Hinterholzer, Bgm. Maria Kogler und Moststraße-Geschäftsführerin Maria Ettlinger sowie (hinten v.l.) Johann Roitinger, Ronald Würflinger, Projektleiter Mathias Weis und Johann Hartl auf einer Streuobstwiese des Mostbarons Leopold Reikersdorfer in Greinöd (Neuhofen/Ybbs) (Foto: Gerald Prüller/Cleanhill Studios)
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Streuobstwiesen prägen im sanft-hügeligen Mostviertel seit Jahrhunderten das Landschaftsbild und bieten tausenden Tier- und Pflanzenarten Nahrung und Refugium. Hier schlägt auch die Mostbirne bevorzugt ihre Wurzeln. Doch die Glanzzeiten sind vorbei, denn die Mostbirnenvielfalt mit Hochstammkultur und der Streuobstbestand sind hochgradig gefährdet.

Projekt zur Erhaltung der Streuobstkultur

Die Leader Region Moststraße startete deshalb ein Projekt zur Erhaltung der Streuobstkultur und der alten, vom Aussterben bedrohten Birnensorten. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Land Niederösterreich, der EU und dem Bund, der Billa-Stiftung „Blühendes Österreich“ und den Grundeigentümern umgesetzt.

„Landschaftsbild erhalten“

„Durch unsere Initiative erhalten wir unser Landschaftsbild, traditionelle Anbaumethoden und seltene Birnensorten wie Graukerlbirne und Schöberlbirne. Mutterbäume von Birnen-, aber auch Äpfel-Raritäten werden gezielt gepflegt und mindestens 100 neue Jung-Mutterbäume daraus gezogen und ausgepflanzt. Durch genetische Analysen hinterleuchten und identifizieren wir außerdem die Raritäten wissenschaftlich“, erklärt Mathias Weis, Biologe und Projektleiter, der auch auf Initiativen zur Bewusstseinsbildung – etwa durch Exkursionen von Schulen – verweist.

Bedeutung der alten Kulturlandschaften

VP-Landtagsabgeordnete Michaela Hinterholzer, Obfrau der Leader Region Tourismusverband Moststraße und Bürgermeisterin von Oed-Öhling, ergänzt: „Die alten Kulturlandschaften sind sowohl landwirtschaftlich als auch klimaschutztechnisch von großer Bedeutung. Darüber hinaus sind sie ein wichtiger Besuchermagnet.“

Bewusstseinsbildung

„Als Vertreterin unserer Gemeinde freue ich mich sehr über diese gemeinsame Kooperation. Sie dient dem Erhalt unserer traditionellen Obstbaumkulturen, unterstützt unsere Bauern und liefert einen wichtigen Beitrag für unser Ortsbild. Zudem trägt sie durch die initiierten Schulexkursionen maßgeblich zur Bewusstseinsbildung bei.“, zeigt sich die Bürgermeisterin von Neuhofen an der Ybbs, Maria Kogler (ÖVP), von der Initiative begeistert.

Weltweit einzigartiger Mostbirnenbestand in Gefahr

Die charakterstarke Mostbirne ist in ihrer Sortenvielfalt weltweit einzigartig und ihre Verarbeitung zu köstlichem Most hat eine lange Geschichte in der Region. Aufgrund des arbeitsintensiven Pflege- und Ernteaufwands von Streuobstwiesen zählt die Mostbirne jedoch zu den gefährdeten Obstsorten in Österreich. „In den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es in Österreich noch 36 Millionen hochkronige Streuobstbäume. Heute sind nur mehr weniger als vier Millionen Bäume vorhanden und der Rückgang hält an“, schildert Hans Hartl, Obmann der Arge Streuobst, die dramatische Lage. „Aus diesem Grund hat die Arge Streuobst gemeinsam mit dem Umweltdachverband heuer erstmalig den Tag der Streuobstwiese europaweit ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für Streuobstwiesen zu schärfen. Es gibt keinen schöneren Blumenstrauß als ein blühender Streuobstbaum“, so Hartl weiter.

Zusammenarbeit mit Pomologinnen

Aus diesem Grund wird in dem Kulturlandschaftsprojekt auch durch die Zusammenarbeit mit Pomologinnen und molekularbiologischen Labors die Sortenvielfalt eindeutig bestimmt und dadurch professionell erhalten. „Derartig umfangreiche genetische Fingerprints bei Birnensorten wurden österreichweit erstmalig hier im Mostviertel durchgeführt. Die Ergebnisse dienen somit als Referenz für weitere Untersuchungen. Die Leader Region Moststraße nimmt mit diesem Projekt eine Vorreiterrolle bei genetisch-pomologischen Forschungen und Grundlagenerhebungen speziell bei Mostbirnen ein“, berichtet Pomologin Martina Schmidthaler.

Auspflanzung von Raritäten

Der aktuelle Mostbirnenbestand wird zudem durch die Auspflanzung von Raritäten unterstützt. „Raritäten erhalten heißt aber auch Sorten, die schon lange nicht mehr oder noch nie im Baumschulsortiment waren, wieder mit Jungbäumen auf die Höfe und Obstgärten zurückzubringen. Dazu werden im laufenden Projekt Mutterbäume kartiert. Sie werden vor Ort in Orthofotos eingetragen, mit nummerierten Baummarken versehen, fotografiert und ihr ungefähres Alter und ihr Zustand aufgenommen. Bei passendem Wuchs entnehmen wir Edelreiser, das sind einjährige Triebe und veredeln sie.“, erklärt Pomologin Gerlinde Handlechner.

Die Streuobstwiese macht Schule

Neben den gezielten Pflege- und Vermehrungsmaßnahmen der Birnenbäume wird auch generationenübergreifendes Bewusstsein in der Bevölkerung für die regionalen Besonderheiten der Streuobstwiesen und deren Bedeutung für Biodiversität geschaffen. „In Naturvermittlungs-Workshops und Schulprojekten stellen wir bei Schülern und Personen aus der Region einen Bezug zur Natur und der Erzeugung regionaler Lebensmittel her. Ein besonderes Highlight sind die Sortenbestimmungstage im Früh-Herbst, bei denen die Bevölkerung die einzigartige Chance hat, seltene Obstsorten und Raritäten aus ihren Hausgärten und von Streuobstwiesen zur Bestimmung abzugeben. So können neue alte Sorten gefunden werden“, fasst Maria Ettlinger, Geschäftsführerin der Leader Region Tourismusverband Moststraße, die weiteren Meilensteine des Projekts zusammen.

„Erhalt regionaler Lebensmittel“

„Für BILLA sind die artenreichen Lebensräume von Streuobstwiesen sowie der Erhalt regionaler Lebensmittel und der entsprechend traditionell nachhaltigen Bewirtschaftung ein Anliegen. Aus diesem Grund unterstützen wir dieses Projekt über unserer Stiftung Blühendes Österreich“, so Tanja Dietrich-Hübner, Bereichsleiterin Nachhaltigkeit Rewe International AG. „Unsere gemeinsame Initiative ist für mich ein Best Practice Beispiel für eine gelungene Kooperation zwischen öffentlicher Hand, Landwirtschaft, Privatwirtschaft und Wissenschaft“, betont Ronald Würflinger, Geschäftsführer der Stiftung Blühendes Österreich, abschließend.

Über die Leader Region Tourismusverband Moststraße

Die Leader Region Tourismusverband Moststraße umfasst 31 Gemeinden und 120 Mitgliedsbetriebe und setzt im Rahmen der aktuellen Leader-Förderperiode Projekte zur Förderung der Kulturlandschaft um. Die Schwerpunkte der Projekte liegen allen voran in der Erhaltung und Weiterentwicklung des Kulturguts Streuobstwiese und Kulturlandschaft entlang der Moststraße. Zum anderen führt die Region Projekte im Bereich Genuss- und Kulinarikangebote durch, um auch auf diesem Weg das Bewusstsein für die regionale Kulturlandschaft in der Bevölkerung sowie im Tourismus zu stärken. https://www.gockl.at/

Über Blühendes Österreich

Die Billa-Stiftung Blühendes Österreich setzt sich mit BirdLife Österreich für eine gesunde Umwelt und eine nachhaltige Landwirtschaft ein. Deshalb fördert Blühendes Österreich seit 2015 über 200 Bauern, Naturschutzorganisationen, Gemeinden und Initiativen, die durch eine verantwortungsvolle Landwirtschaft unsere natürliche Vielfalt schützen. Die Website bluehendesoesterreich.at ist die stärkste digitale Plattform für Naturtourismus und Naturcontent. Im Naturerlebnis-Portal bündelt Blühendes Österreich mehr als 90 Organisationen mit tausenden Naturveranstaltungen pro Jahr. Die Citizen-Science-App „Schmetterlinge Österreichs“ ist mit mehr als 44.000 Downloads und der dazugehörigen Desktop-Version die größte Naturbeobachtungs-App im deutschsprachigen Raum.


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