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Maria Reichartzeder im Interview: „Waren Pionierinnen im Einsatz gegen Gewalt an Frauen“

Michaela Aichinger, 24.04.2022 19:57

AMSTETTEN. 30 Jahre lang war Maria Reichartzeder für das Frauenhaus Amstetten im Einsatz. Nun beendet sie ihre Tätigkeit – die Pension ruft! Tips bat sie zum Interview.

Maria Reichartzeder verabschiedet sich nach 30 Jahren vom Frauenhaus. (Foto: mai)
Maria Reichartzeder verabschiedet sich nach 30 Jahren vom Frauenhaus. (Foto: mai)

Tips: Liebe Maria, du hast dich 30 Jahre lang für Frauen engagiert, die von Gewalt betroffen waren. Mit welchen Gefühlen blickst du auf diese Zeit zurück?

Maria Reichartzeder: Ich denke natürlich gerne an die Gründungszeit und die Projektgründungsphase zurück. 1991 haben meine Kollegin und Freundin Ursula Kromoser-Schrammel und ich nach einer spannenden Zeit der Projektvorbereitung mit dem Betrieb des Frauenhauses, dort noch Krisenwohnung, begonnen. Seit dieser Zeit hat sich viel geändert. Wir waren Pionier-innen und jetzt ist dieses „Projekt Frauenhaus“ zu einer anerkannten Einrichtung geworden. Da bin ich schon ein bisserl stolz.

Tips: Was waren die größten Herausforderungen für dich?

Reichartzeder: Die größte Herausforderung war immer die Arbeit mit den Bewohnerinnen, die aus verschiedensten sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten zu uns gekommen sind. Sie alle einen die verschiedensten Formen der erlebten Gewalt und deren Bewältigung. Spannend ist auch immer die Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Einrichtungen und Institutionen: vom Krankenhaus bis zur Polizei, von der Bezirkshauptmannschaft bis zum Kinderschutzzentrum, von Politikern bis zu Paten für die Frauen … Es handelt sich nicht nur um Institutionen, sondern um Menschen, die dahinterstehen. Ich habe sie und ihre Arbeit schätzen gelernt. Es ist schön, so viele engagierte Menschen in Amstetten zu kennen!

Tips: Das klingt sehr positiv. Was wirst du an deiner Arbeit vermissen, wenn du in Pension gehst?

Reichartzeder: Mir werden die oft so interessanten Lebensgeschichten von Frauen fehlen, mir wird der Austausch mit meinen Kolleginnen und die netten Kontakte mit den Vorstandsfrauen fehlen – und trotzdem: Ich freue mich auf meine Pension! Die Arbeit hier ist schon anstrengend und stressig. Menschliches Leid mitzutragen und kleine Änderungsschritte anzuregen braucht viel Kraft von allen Beteiligen. Phasenweise kann kaum eine Arbeit ohne Unterbrechung durchgeführt werden. Es wuseln ziemlich oft viele Menschen im Büro herum. Die Kinder haben ihr Bedürfnisse und machen lautstark auf diese aufmerksam. Frauen sind belastet und oft spürte ich diese Belastung mit ihnen. Der Platz ist eng und Corona war schon eine große Herausforderung. An manchen Tagen läutete das Telefon beinahe ununterbrochen und ich sollte auf jede Frage eine Antwort wissen. Ich hatte das Gefühl, zehn unterschiedlichste Sachen gleichzeitig machen zu müssen. Das belastete mich schon – auch noch zu Hause – und hat mir manche schlaflose Nacht beschert.

Tips: Nun geht es ab in die Pension – was wünscht du dem Frauenhaus Amstetten für die Zukunft?

Reichartzeder: Ich wünsche dem Frauenhaus, dass es weiter in der Gemeinschaft von vielen guten Geistern/Händen mitgetragen wird. Denn nur mit einem guten Zusammenwirken können wir stark gegen Gewalt auftreten. Ich wünsche dem Frauenhaus, dass es keine Geldsorgen mehr haben muss, denn das bindet so viel Energie. Ich wünsche dem Frauenhaus ein neues, größeres Haus mit ein bisschen mehr Privatsphäre. Und nicht zuletzt wünsche ich dem Frauenhaus, dass der Geist der Wertschätzung und Achtsamkeit jeden Schritt darin führt.

Tips: Nun bin ich doch noch etwas neugierig: Hast du für deine erste Zeit in der Pension schon Pläne? Wird es ein Ruhe- oder Unruhestand werden?

Reichartzeder: Ich werde mich auch in meiner Pension sozial betätigen und werde natürlich dem Frauenhaus verbunden bleiben. Ich werde vielleicht wieder im Sommer auf einer Alm mitarbeiten und im Winter Zeit haben Harfe zu spielen. Außerdem plane ich nächstes Jahr eine Reise mit einer Freundin: Wir wollen mit meinem alten VW in Richtung Osten fahren und richtig Zeit dafür haben. Unser Ziel ist Georgien, aber wir wollen bleiben, wo es uns gefällt. Wenn das Auto kaputt ist, fahren wir schon vorher wieder nach Hause. Mein Mann meint, dass wir es mit diesem Auto nur bis ins ungarische Sopron schaffen, aber das glaube ich ihm nicht. Wenn wir es bis Georgien schaffen, dann lassen wir das Auto dort bei Freunden. Das sind doch gute Aussichten!

Tips: Auf jeden Fall! Ich wünsche dir alles Gute für die kommenden Jahre!

Reichartzeder: Vielen Dank!

Schritte aus der Gewalt

Frauenhaus Amstetten

Rund um die Uhr erreichbar!

Tel. 07472/66500

frauenhaus.amstetten@aon.at

www.frauenhaus-amstetten.at

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