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Hospizförderverein ist Geschichte: „Was uns wichtig war, wird fortleben“

Michaela Aichinger, 31.01.2023 17:08

AMSTETTEN. Vor 20 Jahren wurde der Hospizförderverein aus der Taufe gehoben. Nun hat er sich aufgelöst. Obfrau Ester Steininger sprach mit Tips über die Gründe sowie über besondere zwei Jahrzehnte.

Ester Steininger vom Hospizförderverein blickt auf 20 bewegte Jahre zurück. (Foto: mai)
Ester Steininger vom Hospizförderverein blickt auf 20 bewegte Jahre zurück. (Foto: mai)

Tips: Frau Steininger, warum ist es in Zukunft nicht mehr nötig, dass es in unserer Region einen Hospizförderverein gibt?

Ester Steininger: Erstmal ist der Hauptgrund für die Auflösung des Vereins ein personeller. Im Vorstand sind zehn bis zwölf Leute aktiv – und das meist bereits seit 20 Jahren. Das älteste Mitglied des Vorstandes wird 80 Jahre alt und möchte aufhören. Aber auch andere wollen oder müssen ihr Engagement beim Hospizförderverein aus verschiedensten Gründen beenden. Das ist die eine Seite. Zum anderen habe ich das Gefühl, dass sich in den vergangenen 20 Jahren sehr viel in der Wahrnehmung der Thematik „Palliativ und Hospiz“ verändert hat. Vor 20 Jahren hatten wir das Ziel, den Hospiz- und Palliativgedanken zu verbreiten und unter die Menschen zu bringen. Das ist uns mittlerweile gelungen. Heute kann beinahe jeder Mensch etwas mit dem Wort Hospiz anfangen. Vor der Gründung des Hospizfördervereins hat es schon den Mobilen Hospizdienst der Caritas Amstetten gegeben. Mittlerweile sind auch das Palliativteam im Landesklinikum Amstetten, das Mobile Palliativteam sowie der Palliativkonsiliardienst der Johanniter in Waidhofen/Ybbs und der Mobile Hospizdienst der Caritas Waidhofen/Ybbs im Einsatz. Da hat sich also sehr viel getan, es sind mehr Strukturen entstanden und daher gibt es heute auch mehr Menschen, die in Sachen Hospiz Erfahrung haben.

Tips: Ist mit der geplanten Errichtung der Palliativstation am Landesklinikum Amstetten im heurigen Jahr nicht auch ein Hauptziel des Vereins erreicht?

Steininger: Ja natürlich. Es sieht so aus, als würde noch heuer eine Palliativstation mit acht Betten im Landesklinikum Amstetten errichtet. Begonnen hat alles im Herbst 2004, als der Hospizförderverein Unterschriften für eine Palliativstation im Raum Amstetten gesammelt hat. Danach gab es ein langes Hin und Her. Ich kann daher die Verwirklichung dieser Station erst wirklich glauben, wenn sie tatsächlich eröffnet ist. Aber ich bin zuversichtlich.

Tips: Welche Schwerpunkte hat der Hospizförderverein in den vergangenen 20 Jahren noch gesetzt?

Steininger: Nun ja, wir haben bezüglich Palliativstation in Amstetten allgemein Lobbying betrieben, viele Briefe geschrieben und mit verschiedensten Medien zusammengearbeitet – und das neben all den Vorträgen, die wir organisiert haben. Ein großer Schwerpunkt war auch die Trauerhilfe für Kinder und wie diese sich mit Tod und Trauer auseinandersetzen können. Zu diesem Thema haben wir Vorträge, Workshops und einige Theateraufführungen veranstaltet. Auch den Trauerraum am Neuen Städtischen Friedhof in Amstetten haben sehr viele Schulklassen besucht.

Tips: Was darf man sich unter diesem Trauerraum vorstellen?

Steininger: Gemeinsam mit dem Mobilen Hospizdienst der Caritas Amstetten haben wir die Verabschiedungshalle des Friedhofs in einen Bereich zum Innehalten umgestaltet, in dem man sich bewusst mit der eigenen Trauer auseinandersetzen konnte. 2022 konnten wir in den ersten zwei Tagen rund 400 Besucher begrüßen. Abgesehen davon haben wir immer auch Vorträge für die Öffentlichkeit organisiert, Broschüren erstellt oder etwa anlässlich der Kulturwochen in Kooperation mit Perspektive Kino Filme gezeigt.

Tips: Inwieweit konnte der Verein die verschiedenen Hospizeinrichtungen unterstützen?

Steininger: Bestehende Hospiz- und Palliativeinrichtungen auch finanziell zu unterstützen war eines unserer Hauptziele. So haben wir etwa ein Navigationssystem für Mobile Hospizdienste oder Fortbildungen und dergleichen finanziert. Insgesamt haben wir in den 20 Jahren fast 26.000 Euro an Unterstützung gegeben. Natürlich konnten wir das nur tun, weil wir viele Spenden erhalten und auch Sponsoren gehabt haben. Wir sind mit unseren Anliegen immer auf offene Türen getroffen.

Tips: „Tod, Sterben und Trauer“ sind Themen, denen man gewöhnlich gerne ausweicht. Wie schwierig ist es, sich fortwährend damit auseinanderzusetzen?

Steininger: Erstmal denke ich, dass das Thema „Tod“ heute präsenter ist als vor 20 Jahren. Auch durch das Gesetz zum assistierten Suizid ist mehr Bewegung in die öffentliche Diskussion gekommen. Für mich persönlich war die Arbeit im Verein immer Ehrenamt. Ich bin Schulärztin und hatte dadurch immer einen Ausgleich zur Vereinsarbeit. Das hat gut gepasst. Aber im Vorstand des Hospizfördervereins waren ja vor allem Leute, die persönlich oder beruflich selbst betroffen waren. Ich habe in diesen 20 Jahren sehr viel mitgenommen und interessante Menschen kennengelernt. Für mich war es eine schöne, aber auch sehr intensive Zeit. Daher ist jetzt auch der richtige Zeitpunkt für die Vereinsauflösung gekommen.

Tips: Im Jahresbericht schreiben Sie, dass Menschen, die den Themen „Tod und Sterben“ nicht ausweichen, ausnahmslos sehr besondere Persönlichkeiten sind. Inwiefern ist das so?

Steininger: Menschen, die sich trauen, den Tod nicht auszublenden, haben meiner Erfahrung nach sehr viel Weitblick und schauen mehr über den Tellerrand. Viele haben einen spirituellen Zugang zu diesem Thema – das muss nicht unbedingt ein christlicher Zugang sein. Diese Menschen verfügen über eine stärkere Sensibilität dafür, dass es mehr gibt im Leben als beispielsweise ein „dickes Auto“ oder ein schönes Haus. Für sie sind auch die Beziehungsebenen wichtig. Ich denke, das Auseinandersetzen mit dem Tod bewirkt, dass man anders im Leben steht und mehr Tiefgang bekommt.

Tips: Hat der Tod für Sie seinen Schrecken verloren?

Steininger: Zwar bin ich mir sicher, dass die Auseinandersetzung mit dem Tod dem Leben mehr Tiefgang verleiht, aber ich möchte den Tod nicht verherrlichen. Es bedeutet großes Leid, wenn jemand stirbt. Da gibt es nichts Positives. Und es gibt schreckliche Arten zu sterben, vor allem wenn junge Menschen betroffen sind. Es war für mich gut, mich 20 Jahre mit dem Thema „Tod“ auseinanderzusetzen, aber er bleibt einfach etwas Schlimmes und ist nur schmerzhaft.

Tips: Hat der Tod für Sie das letzte Wort?

Steininger: Mich hat die Arbeit für den Hospizförderverein bestärkt in der Hoffnung, dass es mit dem Tod nicht zu Ende ist.

Tips: Was bleibt nach 20 Jahren Hospizförderverein?

Steininger: Auch wenn wir aufhören, heißt das nicht, dass es keine Hospiz-Betreuung gibt. Wir waren nie für Patientenbetreuung zuständig. Alle Einrichtungen wie Palliativteams und Mobile Hospizdienste bleiben bestehen und leisten tolle Arbeit. Das was uns wichtig war, wird weitergeführt werden und fortleben.


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