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Pilotprojekt „Community Nurses“ in Gemeinde Ardagger gut angelaufen

Michaela Aichinger, 30.05.2023 19:03

ARDAGGER. 20 Jahre lang hat Susanne Hackl (41) als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin in einem Krankenhaus gearbeitet – dann kam die Wende: Sie blieb zwar ihrer Berufung, der Pflege, treu, ist aber seit 2022 Teil eines neuen Pilotprojektes – dem Community Nursing.

Susanne Hackl (l.) und Karin Kneissl sind in Ardagger als Community Nurses im Einsatz. (Foto: www.christianhuberfotografie.com)
Susanne Hackl (l.) und Karin Kneissl sind in Ardagger als Community Nurses im Einsatz. (Foto: www.christianhuberfotografie.com)

Besucht man dienstags zwischen 10 und 12 Uhr das Gemeindeamt Ardagger, trifft man mit Sicherheit auf Susanne Hackl, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Kerstin Kneissl (44) hier ihre Sprechstunden abhält. Die beiden Mostviertlerinnen sind seitens des Diakoniewerkes Oberösterreich in der Gemeinde seit 2022 als sogenannte Community Nurses im Einsatz.

Gesund alt werden

Zu Hause alt zu werden, ist der Wunsch vieler Gemeindebürger. Kerstin Kneissl und Susanne Hackl unterstützen als Community Nurses dabei. Hackl: „Die Menschen werden heutzutage zwar alt, aber sie sind vor allem in Österreich in den letzten Lebensjahren sehr krank. Unser Ziel ist es, diese letzten Lebensjahre der Menschen gesünder zu gestalten. Die Leute sollen also länger gesund bleiben – und das im besten Fall in den eigenen vier Wänden.“

Kneissl und Hackl sind in Ardagger als Ansprechpersonen zu allen Fragen rund um Gesundheit, Alltag sowie Betreuung und Pflege im Alter aktiv – und das kostenlos.

Eine Community Nurse ist in der Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflege ausgebildet. Unter dem Motto „Alt werden, wie ich will“ begleitet sie ein selbstbestimmtes Leben und ist für Senioren sowie für Angehörige da. Sie kommt zu den Menschen nach Hause, um sie und deren Lebenssituation kennenzulernen. Präventiv und individuell werden Lösungen gefunden.

900.000 pflegende Angehörige in Österreich

„Unsere Arbeit basiert auf drei Säulen. Zum einen machen wir Hausbesuche und schauen, was die Leute vor Ort individuell brauchen – präventiv oder auch in akuten Situationen. Hier haben wir abgesehen von den pflegebedürftigen Menschen selbst vor allem auch ein Augenmerk auf die 900.000 pflegenden Angehörigen in Österreich. Sie sind die allergrößte Pflegegruppe im Land – auf sie wollen wir schauen“, erklärt Hackl.

Eine weitere Säule ihrer Tätigkeit ist die Netzwerkarbeit – sowohl intern als auch extern mit Gesundheitsanbietern, Gemeindearzt, Hauskrankenpflege & Co. „Die Gemeinde ist natürlich unser wichtigster Netzwerkpartner. Hier erhalten wir wirklich starken Rückenwind“, betont die Community Nurse, die gemeinsam mit ihrer Kollegin immer wieder auch Veranstaltungen organisiert: „Wir haben ein Mal pro Woche unseren Sprechtag, ein Mal pro Monat sind wir in Ardaggers Gasthäusern unterwegs und auch beim Markt schauen wir vorbei. Zudem organisieren wir Kurse oder Info-Veranstaltungen rund um Gesundheit und Pflege“, so Hackl.

Zielgruppe sind Bürger ab 75 Jahren, chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderungen. „Wir sind aber eigentlich für alle da und schauen nicht aufs Alter! Gesundheitsprävention fängt ja schon bei Kindern an. Hier wäre ein langfristiger Ansatz wünschenswert. Schon in der Pflichtschule sollte man den Kindern mitgeben, wie man ein gesundes Leben führt“, ist Hackl überzeugt.

Breites Beratungsangebot

Kontaktiert werden kann eine Community Nurse, wenn man einen aktiven Beitrag zu seiner Gesundheit oder jener eines Angehörigen leisten will, wenn man sich mit Fragen zu seinem Leben im Alter auseinandersetzen möchte, wenn man Informationen über hilfreiche Angebote braucht, oder wenn man soziale Kontakte und/oder Interessen pflegen möchte und dafür Tipps braucht. „Wir beraten auch, wenn sich ein Pflege- oder Betreuungsbedarf ergibt, wenn jemand Unterstützung und Entlastung im Alltag braucht, oder wenn jemand einen Überblick zu finanziellen und rechtlichen Fragen in der Pflege und Betreuung wünscht“, so Hackl.

Prävention ist sehr wichtig

Sich rechtzeitig mit Fragen zum Leben im Alter auseinanderzusetzen, ist für die Mostviertlerin sehr wichtig: „Die meisten Menschen kommen erst, wenn sich akut Probleme auftun. Das kennen wir ja alle: Solange es dir gut geht, brauchst du nichts. Nur wenige kommen schon früher.“

Eine große Rolle spiele auch die Einsamkeit vieler Menschen. „Zum Glück gibt es in Ardagger sehr viele Vereine wie den Seniorenbund, den Kirchenchor oder den Laufclub UTC. Wir versuchen, den Menschen diese Vereine schmackhaft zu machen – auch das ist Gesundheitsprävention“, so Hackl.

Nach gut einem Dreivierteljahr Community Nursing in Ardagger zieht die Mostviertlerin eine positive Bilanz: „Man merkt, dass der Bedarf an Community Nurses da ist. Von den Gemeindebürgern erhalten wir zu 100 Prozent positives Feedback. Die Menschen sind beruhigt, weil sie wissen, dass wer da ist, wenn sie jemanden brauchen.“

Essen auf Rädern

Ein immer wiederkehrendes Thema sei, dass es in Ardagger kein Essen auf Rädern gebe. Hackl: „Der Bedarf wäre da. Derzeit schauen wir, dass wir die Menschen dazu bewegen, in die Gasthäuser der Gemeinde zu kommen.“

Johannes Pressl, Bürgermeister der Gemeinde Ardagger (ÖVP) zu dieser Thematik: „Wir haben das schon besprochen und auch Möglichkeiten ausgelotet, aber noch kein endgültiges gut leistbares Angebot, das wir den Menschen machen können. Im Moment bitten wir, wo möglich, das Mittagsangebot unserer zahlreichen Wirte zu nutzen oder auch die Gourmet Service Angebote des Hilfswerkes.“

Auch Pressl freut sich, dass es in seiner Gemeinde Community Nurses gibt. „Wir haben bisher sehr, sehr gute Rückmeldungen erhalten, auch wenn nicht alle mit dem englischen Namen ,Community Nurse‘ etwas anfangen können. Aber dort, wo schon Beratung und Begleitung stattgefunden hat oder von Menschen, die die Weiterbildungsangebote genutzt haben, kommt größtes Lob für unsere zwei Mitarbeiterinnen“, so der Bürgermeister.

Susanne Hackl und Kerstin Kneissl hoffen nun, dass das Pilotprojekt auch nach seiner offiziellen Laufzeit bis Ende 2024 weiterfinanziert wird und dass das Angebot kostenlos bleibt.

„Feuer und Flamme“

Hackl, die auch als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin im Maßnahmenvollzug in der Justizanstalt Asten arbeitet, ist „Feuer und Flamme“ für ihre Arbeit als Community Nurse: „Diese Tätigkeit ist so vielseitig – du weißt nie genau, was dich erwartet. Es ist toll, zu erreichen, dass die Leute in ihrem Zuhause lange gesund und fit bleiben können und es ist toll, Menschen in ihren letzten Lebensphasen und darüber hinaus begleiten zu können. Wir haben für die kommenden Monate noch ganz viele Ideen für Kurse und Veranstaltungen und erfahren von den Leuten eine irrsinnige Wertschätzung. Man gehört als Community Nurse ein bisserl zum Leben der Menschen dazu und kann es positiv mitgestalten. Ich verliebe mich immer wieder neu in diesen Beruf!“

Das Pilotprojekt Community Nursing wurde 2022 österreichweit ausgerollt. In Niederösterreich wurden 32 Projekte vom Bund genehmigt. Investiert werden hier 12,2 Millionen Euro, heißt es seitens des Landes. Gesamt stehen Österreich 54,2 Millionen Euro seitens der Europäischen Kommission für die Umsetzung von derzeit 110 Community Nursing-Projekten zur Verfügung. Die Projekte laufen bis Ende 2024. Für umweltfreundliche Mobilität stehen den Community Nurses E-Autos oder E-Bikes zur Verfügung. Im Bezirk Amstetten ist die Gemeinde Ardagger die einzige, in der dieses Projekt durchgeführt wird.

www.communitynursing.at


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