Biogasbranche: „Gasnetz muss erneuerbar werden“
AMSTETTEN. Österreichs Biogasbranche leistet eine bedarfsgerechte jahresdurchgängige Strom- und Wärmeproduktion und produziert Gärprodukte als wertvollen Handelsdünger. Nun könnten viele Biogas-Ökostromanlagen auf Biomethan-Einspeiseanlagen umgerüstet werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen liegen aber noch in der Schwebe.
Das Biogaskraftwerk Amstetten wurde 2017 von der Biofuel Systems GmbH übernommen. Seitdem modernisiert Geschäftsführerin Katharina Hader die 2006 in Betrieb genommene Anlage laufend und verarbeitet mit ihrem sechsköpfigen Team jährlich rund 10.000 Tonnen biogene Abfälle.
Zu 100 Prozent organische Reststoffe recycelt
In der Biogasanlage werden zu 100 Prozent organische Reststoffe recycelt, die in der umliegenden Industrie und im Handel anfallen, wie etwa Speisereste, Produktionsabfälle oder Fehlchargen. „Diese werden zunächst aufbereitet, es werden Verpackung oder Störstoffe entfernt, zerkleinert und gemischt.
Dann wird die Organik in der Biogasanlage fermentiert. Dabei wandeln die Mikroorganismen in unseren Behältern den im Material vorhandenen Kohlenstoff in Biogas um“, erklärt Hader.
Kreislaufwirtschaft
Das 330 kW Aggregat liefere rund drei Millionen kWh Strom und nochmal so viel Wärme. 2,4 Millionen kWh Wärme werden Hader zufolge an die Fernwärme der Stadt Amstetten geliefert. Zusätzlich sei der Gärrückstand aus der Fermentation ein organischer und regional nachhaltig produzierter Nährstoff-Volldünger.
„Wir sprechen also von tatsächlicher Kreislaufwirtschaft mit regionaler Wertschöpfung“, so die Geschäftsführerin. In Bau und Modernisierung der Anlage seien rund fünf Millionen Euro investiert worden.
Gerne würde Hader die Biogas-Ökostromanlage auf eine Biomethan-Einspeiseanlage umrüsten, um damit Österreich unabhängiger von fossilen Gasimporten zu machen. Denn neben der Anlage läuft eine größere Erdgasleitung und Anfragen bezüglich der Verwertung von organischen Reststoffen würden sich häufen.
Es bestehe auch Interesse an einer Biomethantankstelle. Hader rechnet mit Investitionen von über sieben Millionen Euro, um die Anlage auf- und umzurüsten und um über eine Million Kubikmeter Biomethan (circa zwölf GWh Gas) nachhaltig produzieren zu können.
„Damit könnte die Stadt Amstetten mit grünem Gas fast vollständig versorg werden“, erklärt Hader.
Allerdings würden die aktuellen Rahmenbedingungen (noch) nicht passen, um die anstehenden Investitionen zu rechtfertigen. „Auch finanzieren Banken solche Vorhaben nicht, da ohne ein Erneuerbares Gase Gesetz (EGG) das Kreditausfallsrisiko nicht bewertbar ist“, so die Geschäftsführerin.
Das ist das Problem
Biogasproduzenten, die aktuell Ökostrom produzieren, haben nur mehr zwei Jahre Anspruch auf eine Marktprämie. Diese garantiert ihnen einen fixen Mindestpreis für den produzierten Ökostrom.
„Anlagen, die weniger als zehn Kilometer vom Erdgasnetz entfernt und größer als 250 kW sind, verlieren in weniger als zwei Jahren den Anspruch auf diese Marktprämie. Davon sind 60 Prozent der heimischen Biogasproduktion betroffen: 100 Anlagen in Österreich, 38 davon in Niederösterreich. Diese Anlagen müssen für ihren Fortbestand zukünftig grünes Gas, also Biomethan, produzieren und ins Erdgasnetz einspeisen“, erklärt Bernhard Stürmer, Geschäftsführer des Kompost und Biogas Verbandes Niederösterreich.
„Enorme Investitionen“
Die Umrüstung einer bestehenden Biogas-Ökostromanlage auf eine Biomethan-Einspeiseanlage dauere 24 bis 30 Monate und sei mit „enormen Investitionen von zumindest fünf Millionen Euro pro Anlage“ verbunden. Die Betreiber würden daher eine langfristige Abnahmegarantie für das produzierte Biomethan benötigen.
„Fakt ist, dass das Gasnetz erneuerbar werden muss. Viele Betreiber sind bereit, ihre bestehenden Anlagen umzurüsten oder sogar auszubauen. Was es nun dringend braucht, ist ein Unterstützungssystem mit klaren Regeln und Zielvorgaben, das im EGG geregelt werden muss“, so Stürmer. Versorger müssen laut EGG ab 2024 einen Anteil der von ihnen im Vorjahr an Endverbraucher in Österreich verkauften Gasmengen durch erneuerbare Gase ersetzten. Der Substitutionsanteil beträgt bis 2030 7,5 TWh.
„Stockende Verhandlungen“
Stürmer: „Von der Wirtschaft wurde ein Quotensystem gefordert. Die Quote verpflichtet Energieversorger in den kommenden Jahren, Grüne Gase analog zu ihrem Erdgaseinsatz ins System zu bringen. Die Produzenten von Grünen Gasen gekommen dadurch die dringend benötigte Sicherheit, dass die produzierten Mengen verlässlich und langfristig abgenommen werden. Dieser Mechanismus muss im EGG geregelt werden. Der Gesetzesentwurf liegt seit einem Jahr vor. Aktuell finden aber eher stockende Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition statt.“
„Grüngasanteil kein wesentlicher Kostentreiber“
Befürchtet werde etwa eine Kostenbelastung für private Haushalte. Zum einen sollen jedoch erhöhte Erzeugungs- und Beschaffungskosten durch einen neuen Fördermechanismus abgefedert werden. Zum anderen soll die Weiterverrechnung dieser kosten gesetzlich transparent geregelt werden.
„Es ist nicht davon auszugehen, dass der Grüngasanteil zum wesentlichen Kostentreiber wird“, so Stürmer, der weiter meint: „Um das Potenzial der bestehenden, heimischen Biogasanlagen zur Produktion von Grüngas zu nutzen, muss das EEG in dieser Legislaturperiode beschlossen werden.“
Dafür müsse es in der letzten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie behandelt werden. Stürmer: „Fakt ist: Ohne Umrüstung der bestehenden Biogasanlagen wird es mittelfristig keine nennenswerten Mengen an heimischem Biomethan im Erdgas netz geben.“
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