„Der Dialekt geht über das Herz, Schriftsprache über das Hirn“
BAD ZELL/BEZIRK. In einer immer globaler werdenden Zeit gewinnt die unverfälschte Muttersprache immer mehr an Bedeutung. Die Mundart verleiht Identität. Am Dialekt erkennt man, woher der Sprecher kommt.
„Mundårt is die echte Muattaspråch, sie is dö Språch, dö aus“m Herzn kimmt und zu Herzn geht“, sagt Karl Hackl, Obmann des Stelzhamerbundes Bezirksgruppe Freistadt. Er schreibt schon seit 36 Jahren Mundartgedichte. Begonnen hat er mit Gedichten für besondere Anlässe, wie Geburtstage und Jubiläen. Dann hat er für Faschingssitzungen geschrieben und die Leute aufs Korn genommen. „Meine Texte waren immer keck, aber nie beleidigend“, sagt der Religionslehrer in der HLW Perg. Ideen kommen ihm oft, wenn er seiner Familie beim Reden und Blödeln zuhört. Identität und neue WörterHackl ist der Erhalt der Mundart ein großes Anliegen. „Auch im Unterricht spreche ich mit den Schülern viel Mundart, da diese viel authentischer, farbenfroher und genauer ist. Man kann Dinge und Stimmungen noch genauer beschreiben und ausdrücken. Ich sage immer, der Dialekt geht übers Herz, die Schriftsprache über das Hirn.“ Der Dialekt stiftet Identität und Heimatverbundenheit, meint Hackl. „In einer Zeit der Globalisierung wollen viele Menschen Zugehörigkeit und Regionalität.“ Gemeinsam mit seinen Schülern hat Hackl versucht, Bibeltexte in Mundart zu übersetzen. „Das Experiment habe ich aber wieder abgebrochen, da die Schüler viele Slang-Ausdrücke verwendet haben.“ Gerade beim Schreiben von Handy-Textnachrichten ist es bei den Jugendlichen modern, nicht die Schriftsprache zu verwenden. „Hierbei handelt es sich aber weniger um die typische Mundart, sondern eher um einen Slang“, erklärt Hackl. „Bei einigen Mundarttexten der Schüler kam beispielsweise das Wort tschün vor, das ich so nicht kannte.“ Das Wort kommt von dem englischen Wort chillen und bedeutet entspannen. Die Mundart ist einem Wandel unterworfen. Gerade durch Anglizismen entstehen neue Wörter. „Man darf auch nicht krampfhaft an der alten Mundart festhalten. Sie muss sich verändern, damit sie lebendig bleibt. Mundart entsteht durch das Volk, drückt also aus, wie das Volk gerade spricht. Bei einigen Begriffen wäre es aber schade, wenn es sie nicht mehr gäbe.“ Bei der Schreibweise gibt es eine große Bandbreite. Bei der modernen Mundart ist die phonetische Schreibweise sehr beliebt. Wichtig ist, vor allem bei Büchern, dass die Schreibweise lesbar ist. Die moderne Mundartdichtung ist ungereimt, knapp formuliert und kurz. Die traditionelle ist länger und gereimt. StelzhamerbundSeit 2010 ist Hackl Obmann des Stelzhamerbundes des Bezirkes Freistadt. Die Mitglieder treffen sich regelmäßig und schreiben Mundartgedichte. Dabei wird auch über Schreibweisen diskutiert und die Texte werden besprochen. Der Stelzhamerbund hat sich der Mundartpflege verschrieben. Benannt wurde der Bund nach dem bekannten Innviertler Mundartdichter Franz Stelzhamer, der das Gedicht „s Hoamatgsang“ (Text der Landeshymne) geschrieben hat. „Mundartdichtung hat auch den Auftrag zeitkritisch und prophezeiisch zu sein. Sie soll missliche Umstände aufzeigen, dabei aber nicht moralisieren, sondern auf witzige Art oder mit einer Pointe auf Missstände aufmerksam machen.“ Weitere Infos auf www.stelzhamerbund.at MundarttagKarl Hackl wird mit 15 weiteren Mundartdichtern am Sonntag, dem 3. Mai beim Mundarttag im Dichterdorf Großpiesenham, Gemeinde Prament, Lesungen halten. Beginn: 13 Uhr Gedicht: Zuagehn Wånnst Kinder håst, dånn muaßtas aushåltn, dass´s zeitweis hålbwegs zuageht. Wånn d´Feiertåg kemman, dånn wird einkauft, dass da Kühlschrånk fåst nimmer zuageht. – und nåch dö Feiertag da Hosnknopf. Wånn a guate Musi spielt, muassta ehzeit um Kårtn umschaun, weil´s um dö furchtbår zuageht. Wånnsta d´Nåchrichtn ånschaust, dånn wird da gånz ånders, wia´s auf da Welt zuageht. Wånn ma an Friedn mit seine Nåchbarn håbm will, tuat´s not, dass ma ållweil wieder aufanånda zuageht. Wånnst ålt und hilflos bist, muaßt froh sein, wånn da amål wer zuageht. Und wånn´s zua guatn Letzt da ewign Hoamat zuageht, dånn wünsch i dir, dass d´Himmelstür net vor dir zuageht. von Karl Hackl
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