
BRAUNAU. Das Thema Pflegenotstand ist aktueller denn je. Dabei könnten freiberufliche Pflegekräfte eine Entlastung bringen, weiß Bernhard Forthuber, selbst freiberuflicher Wundmanager. Der Ranshofner wünscht sich mehr Unterstützung seitens der Politik.
Tips: Wie sind Sie dazu gekommen, sich freiberuflich auf mobile Wundpflege zu spezialisieren?
Bernhard Forthuber: Ich bin Vollzeit im Krankenhaus Oberndorf als Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger sowie zertifizierter Wundmanager tätig. Dabei habe ich festgestellt, dass der Bedarf an professioneller Wundpflege immer mehr steigt. Daraufhin habe ich mich entschlossen, auch freiberuflich tätig zu sein.
Tips: Warum wird das Angebot von freiberuflichen Pflegekräften bisher wenig genutzt?
Forthuber: Zum einen müssen die Patienten dies selbst bezahlen, vergleichbar mit einem Wahlarzt. Die Krankenkassen zahlen leider nur einen geringen Betrag für eine Behandlung. Das können sich viele Betroffene auf Dauer nicht leisten. Zum anderen ist das Wissen darüber, dass es ein solches Angebot überhaupt gibt, im Bezirk Braunau noch nicht verbreitet. In anderen Bundesländern wie Niederösterreich, Wien oder Burgenland gilt dies bereits als normal. Ich sehe mich im bestehenden System nicht als Konkurrenz, sondern vielmehr als Ergänzung in Sachen Wundheilung.
Tips: Welche Möglichkeiten gibt es denn für Patienten?
Forthuber: Ich möchte diese Frage anhand eines realen Beispiels beantworten: Eine pflegebedürftige Frau, inmobil, zwölf große Wunden am Körper, wird nach drei Monaten vom Krankenhaus entlassen. Verbandswechsel alle zwei bis drei Tage, Dauer zwei bis drei Stunden. Erste Alternative: Seniorenwohnheim. Zweite Alternative: Versorgung zu Hause, jeden zweiten, dritten Tag Transport zum Verbandswechsel ins Krankenhaus. Dritte Alternative: zu Hause mit einer 24-Stunden-Betreuung und ergänzend ein Team von Spezialisten, die sich um die spezielle Pflege kümmern und die Angehörigen in der Pflege anleiten. Meiner Meinung nach wäre die dritte Alternative für die öffentliche Hand die kostengünstigste sowie für den Betroffenen die vorteilhaftere Variante.
Tips: Wie ist hier die Politik gefordert?
Forthuber: Ein modernes Pflegesystem braucht vernetzte Pflegeexperten und eine bessere Honorierung. Es sollte dazu ein unabhängiges Register sowie ein zentrales Netzwerk erstellt werden, wo sich hilfesuchende Menschen übersichtlich zu allen Themen der Pflege und deren Anbieter informieren können. Ziel sollte es sein, dass Betroffene leichter an Informationen und Angebote von Anbietern kommen und diese besser finanziert werden. Auch wäre eine bessere Honorierung der Pflegeleistungen durch alle Krankenkassen wichtig. Für Betroffene sollte eine professionelle Pflege im eigenen Zuhause leistbar sein.