„Situation für Kinobetreiber ist eine einzige Katastrophe“
BRAUNAU. Gemeinsam mit einem ganzen Kinosaal weinen, lachen, sich gruseln oder Abenteuer erleben - das ist seit November letzten Jahres nicht mehr möglich. Während Österreichs Kinos geschlossen haben, laufen die Kosten allerdings weiter. Tips sprach mit Stefan Riedler vom Dieselkino in Braunau über die Situation der Kinos.
Tips: Frühling, Herbst und Winter sind die Monate, in denen am häufigsten Kinos besucht werden. Jetzt haben Sie seit November geschlossen. Wie geht es Ihnen und wie würden Sie die Situation der Kinos derzeit beschreiben?
Riedler: Die gesamte Situation ist natürlich für alle Kinobetreiber eine einzige Katastrophe. Selbstverständlich muss auf die sich ständig ändernde Infektionslage Rücksicht genommen werden, schließlich steht natürlich auch für uns das Wohlergehen unserer Gäste und Mitarbeiter an erster Stelle. Nach einem Jahr Pandemie würden wir uns aber mit Nachdruck wünschen, dass seitens der Entscheidungsträger an positiven Lösungsschritten für die gesamte Freizeit- und Kulturbranche gearbeitet wird, anstatt ständig im Vergleich mit anderen Branchen auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet zu werden.
Tips: Wie viele Leute besuchen durchschnittlich in Österreich ein Kino? Welche Filme waren 2020 besonders beliebt?
Riedler: 2019 gingen insgesamt über 14,5 Millionen Menschen in Österreichs Kinos. 2020 wurden der Situation geschuldet sehr wenige Filme veröffentlicht, die besucherstärksten waren „Tenet“, „After Truth“ und „Sonic“.
Tips: Wie viel Geld wurde Ihnen seitens der Regierung zugesagt? Haben Sie schon Corona-Geld bekommen beziehungsweise reicht die Kulturhilfe?
Riedler: Wir konnten die Kurzarbeit sowie Ausfallbonus und Fixkostenzuschuss geltend machen. Da wir seit einem Jahr mit einer kurzen Unterbrechung im Sommer behördlich geschlossen sind, wären weitere staatliche Unterstützungsmaßnahmen natürlich sehr zu begrüßen und werden für die Fortführung einiger Kinobetreiber auch schlichtweg notwendig sein.
Tips: Die Streamingdienste boomen, der Branchenriese Warner Brothers sucht ebenso nach neuen Vertriebswegen. Blockbuster werden immer wieder verschoben. Muss sich das Kino neu erfinden?
Riedler: Jede Branche wird sicherlich aus dieser Ausnahmesituation lernen und seine Produkte und Dienstleistungen adaptieren. Das Gemeinsame und das Miteinander kann kein Filmabend zuhause – egal ob Streaming oder Blu-Ray - ersetzten. Das Erlebnis ist einfach anders, das Lachen im Saal ist ansteckend, die Schockmomente schonungsloser und die geteilte Freude über ein glückliches Ende berührender als alleine zuhause. Und auch die beste Heimkinoanlage kann einem nicht die gewaltige Dimension einer Kinoleinwand oder das immersive Sounderlebnis im Kino bieten. Ein Kinobesuch bietet viel mehr als nur den Konsum eines Filmes und wird sich mit Sicherheit auch weiterhin großer Beliebtheit erfreuen.
Tips: Werden die Filmemacher die Krise überstehen, wenn sich die Produzenten keine aufwändigen Produktionen mehr leisten können?
Riedler: Besonders Leidtragende sind natürlich auch alle kreativen Filmschaffenden, die wie wir seit einem Jahr vertröstet werden und keine mächtige Lobby im Hintergrund haben. Es wird nicht reichen, sich nur medial zur Kultur zu bekennen, sondern man muss den Ankündigungen auch Taten folgen lassen.
Tips: Was erwarten Sie sich für die nächste Zeit von unserer Regierung?
Riedler: Wie bereits bei vorangegangenen Fragen teilweise beschrieben, erwarten wir uns entweder umsetzbare Öffnungsschritte oder weitreichende Unterstützungen. Es wäre schön, wenn nach einem Jahr Pandemie wieder etwas Aufbruchsstimmung vorherrschen würde und eine Kultur des Ermöglichens stattfindet.
Tips: Gibt es schon Pläne für die Zeit, wenn die Kinos wieder öffnen können?
Riedler: Wir haben uns natürlich bereits einige Dinge überlegt. Da wir es aber stetig mit neuen Auflagen und Einschränkungen zu tun haben, werden wir erst einmal abwarten, welche Veranstaltungen und in welchem Umfang dann möglich sein werden.
Tips: Welchen Film werden Sie sich als Erstes ansehen, wenn Sie wieder öffnen dürfen?
Riedler: Wir als Premierenkino freuen uns natürlich schon wieder auf die großen Blockbuster, wie etwa den kommenden „James Bond: Keine Zeit zu sterben“ oder die Fortsetzung von „Top Gun“. In gleichem Ausmaß sind wir aber auch schon gespannt, welche tollen Filme aus dem Arthouse-Bereich veröffentlicht werden, die immer einen Kinobesuch wert sind.
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