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„Personalsuche in den Kindergärten gestaltet sich immer schwieriger“

Theresa Senzenberger, 08.02.2022 07:32

BRAUNAU. Die Lage in vielen Kindergärten ist aktuell angespannt. Nicht nur herrscht hier, wie in vielen anderen Bereichen, Personalmangel. Zusätzlich dazu erhöhte sich der Arbeitsaufwand durch die Covid-Pandemie. Tips sprach mit Heidemaria Waldner und Florian Schaller, der Betriebs- und der Abteilungsleitung der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen der Stadt Braunau, über die Situation in Braunaus Kindergärten.

Die Betreuung von Kindern kann erfüllend, aber auch sehr anspruchsvoll sein. Foto: Altrendo Images/Shutterstock.com

Tips: Wie ist die Situation in Braunaus Kindergärten aktuell?

Waldner: Generell ist der Bedarf an Betreuungsplätzen beziehungsweise die Auslastung des Angebotes sehr hoch, so auch in den sieben Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen der Stadt Braunau – derzeit sind alle Einrichtungen voll ausgelastet.

Die personelle Situation kann zwar gerade noch als stabil bezeichnet werden, vor allem Nachbesetzungen und die Personalsuche für neue Gruppen gestalten sich jedoch immer schwieriger, weil zu wenige Elementarpädagogen zur Verfügung stehen.

Tips: Wie viele Kinder sind in den Kindergartengruppen – und wie viele Betreuer?

Schaller: Die Stadt Braunau baut das Kinderbetreuungsangebot kontinuierlich aus, zuletzt mit dem Neubau des Kindergartens Neustadt und der Schaffung zusätzlicher Gruppen. Aktuell werden 543 Kinder in 24 Kindergartengruppen, einer Krabbelstubengruppe und zwei Hortgruppen betreut. Davon werden zehn Gruppen integrativ geführt. Eine zweite Krabbelstubengruppe ist ab Herbst 2022 geplant – sofern sich dafür geeignetes Betreuungspersonal findet.

Derzeit gibt es 83 Mitarbeiter, 17 in Vollzeit und 66 Teilzeitkräfte. Die 38 pädagogischen Fachkräfte setzen sich aus Leiterinnen, Pädagoginnen, Assistentinnen und Sprachförderinnen zusammen, die 45 Hilfskräfte aus Kindergartenhelferinnen sowie Assistenzhelferinnen für die Integrationsgruppen.

Weiters wird in Braunau die Krabbelstube Löwenzahn von der Familienzentren GmbH mit insgesamt sechs Gruppen für jeweils zehn Kinder betrieben. Zusätzlich dazu gibt es noch den Heilpädagogischen Kindergarten sowie betriebliche Einrichtungen, wie den Kindergarten des Krankenhauses.

Tips: Welche Schwierigkeiten gibt es derzeit?

Waldner: Es ist ein elementarpädagogischer Fachkräftemangel erkennbar, der nicht mehr ignoriert werden kann. Es sollte darüber nachgedacht werden, unterschiedliche Ausbildungsmodelle, zum Beispiel für Quer- sowie Berufsumsteiger, zu etablieren, mit zeitgleichem Start einer Ausbildungsoffensive – wie der Ausbau berufsbegleitender Ausbildungsangebote an den Bildungsanstalten für Elementarpädagogik.

Tips: Warum ist die Personalsuche so schwierig?

Waldner: Die Personalsuche gestaltet sich vor allem deshalb äußerst schwierig, weil zu wenige Elementarpädagogen, die die Ausbildung absolvieren, den Beruf ergreifen oder nach einem Jahr aufhören – es gibt auch eine hohe Abwanderungsquote!

Man kann schon von einem „Glücksfall“ sprechen, wenn sich ein Pädagoge oder eine Pädagogin für eine offene Stelle bewirbt und diese auch annimmt. Dieses Problem besteht aber nicht nur regional, wie man der hohen Anzahl an Inseraten, die laufend auf einschlägigen Plattformen und den Printmedien geschaltet werden, entnehmen kann.

Wenn sich die Lage – und so sieht es derzeit aus – nicht entspannt, wird es in Zukunft vermehrt zum Einsatz von Kindergartenhelfern in der Gruppenführung kommen. Die von der Arbeiterkammer geforderte Ausbildungsoffensive ist wirklich dringend notwendig und es ist höchste Zeit, sich dieses Problems anzunehmen.

Tips: Welche Erschwernisse gibt es aufgrund von Corona?

Waldner: Die Sicherheits- und Präventionsmaßnahmen, die wegen der Covid-19-Pandemie einzuhalten sind, bedeuten einen zusätzlichen Arbeitsaufwand – die administrativen Aufgaben und der Dokumentationsaufwand sind gestiegen.

Schaller: Der Ausfall von Mitarbeitern im Fall von Covid-Erkrankungen sowie die Quarantänebestimmungen stellen zusätzliche Herausforderungen dar, die vom bestehenden Personal gemeistert und kompensiert werden müssen. Die Mitarbeiter sind durch die Pandemie noch mehr gefordert als sonst.

Tips: Einer Studie der Arbeiterkammer zufolge sind Mitarbeiter von Kinderbetreuungseinrichtungen unzufrieden, was den aktuellen Arbeitsaufwand betrifft. Wie geht es dahingehend den Mitarbeitern in Braunau?

Waldner: Ein Problem ist, dass die Zeitressourcen für die mittelbare pädagogische Arbeit, also für Planung und Reflexion, zu gering sind beziehungsweise die gruppenarbeitsfreie Dienstzeit nicht an die gestiegenen Erfordernisse angepasst wurde. Hier wäre aus Sicht der Mitarbeiter eine Erhöhung erforderlich.

Tips: Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) fordert kleinere Gruppen, mehr Personal und eine bessere Entlohnung für Elementarpädagogen. Wäre hier eine Verbesserung wünschenswert?

Waldner: Auf alle Fälle sollte die Anerkennung der geleisteten Arbeit durch eine angemessene und somit höhere Bezahlung als Zeichen der Wertschätzung für dieses wichtige und anspruchsvolle Berufsfeld erfolgen. Gleichzeitig sollte eine Investition in die fachliche Qualifikation des unterstützenden Personals erfolgen.

Schaller: Eine Verbesserung weiterer struktureller Rahmenbedingungen – wie eine Verkleinerung der Kinderzahl pro Gruppe – ist zwar objektiv betrachtet wünschenswert, jedoch derzeit nicht umsetzbar. Möchte man eine gleich hohe Kinderzahl wie bisher betreuen, müssten zusätzliche Gruppen geschaffen werden, wofür zusätzliche Räumlichkeiten zur Verfügung stehen müssten.

Weiters ist es aufgrund des derzeitigen Personalmangels nicht realistisch, zusätzliche Gruppen personell zu besetzen. Zudem ist auch die finanzielle Mehrbelastung für die Gemeinde zu beachten.

Tips: Werden in Braunau Lollipop-Tests durchgeführt? Wünschen Sie sich flächendeckende Tests und Luftfilter?

Schaller: Ja, in Braunau wird diese freiwillige Möglichkeit den Eltern angeboten, die diese durch eine Einverständniserklärung in Anspruch nehmen können. Sinnvoll wäre es, diese Testungen flächendeckend wie in den Schulen durchzuführen – ein verpflichtendes Testsystem wäre von Vorteil.

Der Einsatz von Luftfiltern erscheint derzeit nicht erforderlich, da bereits eine natürliche Belüftung in regelmäßigen Abständen durchgeführt wird.

Tips: Was würden Sie sich sonst zur Verbesserung der Situation wünschen?

Waldner: Es braucht dringend ein entschiedenes Vorgehen und die Entwicklung nachhaltiger Lösungsmodelle, damit dieser Beruf nicht Mangelware wird und eine qualitative Betreuung der Kinder durch ausgebildete pädagogische Fachkräfte langfristig gesichert werden kann.

Das Berufsumfeld und die Arbeitsaufgaben haben sich in den letzten Jahren massiv gewandelt. Diese Tatsache muss Beachtung finden, indem die Rahmenbedingungen den neuen Erfordernissen angepasst werden.

Die Arbeit mit Kindern ist sehr schön, interessant und erfüllend. Die Pädagogen sind sehr engagiert dabei. Mit den passenden Rahmenbedingungen kann man sicher wieder mehr Menschen für diesen wichtigen Aufgabenbereich gewinnen.


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