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„Es gibt noch keine Gleichstellung von Männern und Frauen“

Theresa Senzenberger, 07.03.2023 07:30

BRAUNAU/KIRCHBERG. Seit vielen Jahren setzt sich Margarethe Kröll, die Geschäftsführerin der Braunauer Frauenberatungsstelle Frau für Frau, dafür ein, Frauen zu unterstützen und zu stärken. Anlässlich des Weltfrauentages am 8. März sprach die Juristin aus Kirchberg bei Mattighofen mit Tips über ihre Motivation und die Herausforderungen, die es für Frauen nach wie vor zu bewältigen gibt.

Margarethe Kröll ist seit fünf Jahren Geschäftsführerin von Frau für Frau. (Foto: Tips)
Margarethe Kröll ist seit fünf Jahren Geschäftsführerin von Frau für Frau. (Foto: Tips)

Tips: Wie sind Sie dazu gekommen, die Geschäftsführerin von Frau für Frau zu werden?

Kröll: Ich komme eigentlich aus dem Gewaltschutzbereich beziehungsweise bin ich in meinem Grundberuf Juristin. Es war aber schnell klar, dass ich im sozialen Bereich, insbesondere dem Frauenbereich, arbeiten möchte. Nach dem Gerichtsjahr habe ich als rechtliche Beraterin im Frauenhaus gearbeitet und daran anschließend viele Jahre im Gewaltschutzzentrum. In meiner Arbeit als Gewaltschutzberaterin habe ich aber gemerkt, dass ich Frauen immer nur ein kleines Stück ihres Weges begleiten kann, es aber oft noch mehr brauchen würde. In einer Beratungsstelle ist ein längerer und vor allem vielschichtigerer Beratungskontext möglich. Die Stelle als Geschäftsführerin hat mich angesprochen, da ich in dieser Position noch mehr für Frauen tun kann, sei es im Bereich der Bewusstseinsarbeit, Projekte etc.

Tips: Was machen Sie neben Ihrer Arbeit bei Frau für Frau?

Kröll: Ich arbeite auch ehrenamtlich beim Verein Frau für Frau mit, was übrigens jede Frau machen kann, und habe einen vierjährigen Sohn. Familie und Beruf in Einklang zu bringen, ist somit auch ein wesentlicher Teil meines Alltags.

Tips: Warum ist Ihnen die Unterstützung von Frauen so wichtig? Warum braucht es nach wie vor den Weltfrauentag?

Kröll: Weil es noch immer keine Gleichstellung von Männern und Frauen gibt und darauf muss aufmerksam gemacht werden. Nur so kann hier eine Veränderung erreicht werden. Frauen sind in vielen Bereichen massiv benachteiligt: Sie erleben ungleich mehr Gewalt als Männer, verdienen weniger, sind ungleich mehr von Armut betroffen, leisten mehr Care-Arbeit. Diese Liste ist damit nicht zu Ende. Für all das gibt es kein einziges logisches Argument. Das ist rein historisch gewachsen und muss geändert werden, damit Frauen gleiche Chancen haben. Das sehe ich als meine Aufgabe und ist mir enorm wichtig.

Tips: Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit bewirken?

Kröll: Wichtig wäre ein gesellschaftliches Umdenken. Das ist einer der Knackpunkte, an dem die strukturelle Benachteiligung der Frauen hängt. Traditionelle Rollenbilder gehören aufgebrochen. Das fängt schon bei der Kleidung oder Berufswahl unserer Kinder an. Egal ob Mädchen oder Junge, jede und jeder darf und soll anziehen, was er oder sie möchte. Rock, Hose, blau, rosa, … Und auch bei der Berufswahl darf hier nicht unterschieden und in Frauen- und Männerberufe unterteilt werden.

Väter sollten mehr in Karenz gehen, mehr Pflegearbeit übernehmen. Dafür braucht es natürlich Strukturen, die geschaffen werden müssen, wie zum Beispiel gleiche Gehälter.

Tips: Was könnte und sollte sich für Frauen noch verbessern? Was sind die größten Herausforderungen? Wo gibt es besonderen Handlungsbedarf?

Kröll: Gerade beim Thema Gewalt stehen wir immer wieder vor großen Herausforderungen. Die Zahl der Femizide und der von Gewalt betroffenen Frauen ist immer wieder erschreckend hoch. Eine aktuelle österreichische Studie hat ergeben, dass jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens eine Form von körperlicher und/oder sexueller Gewalt erlebt. Hier braucht es noch mehr Anstrengungen, um diese hohe Zahl endlich zu reduzieren.

Tips: Was wurde im Bezirk Braunau schon erreicht? Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?

Kröll: Frau für Frau gibt es nun seit 20 Jahren in Braunau und wird auch von den öffentlichen Stellen entsprechend unterstützt. Ebenso können wir seit zehn Jahren eine Frauenübergangswohnung anbieten, für Frauen aus psychisch belasteten Beziehungssituationen. Wenn es also zum Beispiel aufgrund von „Psychoterror“ für eine Frau zu Hause nicht mehr auszuhalten ist, kann sie vorübergehend in dieser Wohnung wohnen. Neben der Frauenübergangswohnung ist auch der Bau des Frauenhauses eine wichtige Säule in der Unterstützung der Frauen, welcher nach meinen Informationen bald verwirklicht sein soll.

Tips: Gibt es Bereiche, in denen Frauen noch aktiver werden könnten?

Kröll: Frauen sind sicher gefordert, mehr auf sich selbst zu schauen. Wir neigen dazu, uns für alle zu verausgaben und uns selbst zu vergessen. Das birgt jedoch die Gefahr, dass „frau“ „ausbrennt“ und irgendwann nicht mehr kann. Wir bieten dafür eine Entspannungsgruppe, ein WeiberWandern, eine Gruppe zur Persönlichkeitsstärkung und auch einen Treffpunkt für Alleinerzieherinnen. Das alles hilft, um wieder Kraft zu tanken.

Tips: Was würden Sie anderen Frauen raten? Was können Frauen tun, um sich selbst zu stärken?

Kröll: Frauen sollen sich einfach regelmäßig Gutes tun, was auch immer das ist. Es kann ein Buch sein, Musik, ein Wellness-Urlaub oder was auch immer. Hauptsache frau tut es.

 

 


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