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Selbsthilfegruppe für Mütter von Sternenkindern im Bezirk Braunau

Theresa Senzenberger, 21.10.2025 16:40

HÖHNHART. Wenn Frauen ihr Kind verlieren, gerät ihr Leben aus den Fugen. Doch über den Schmerz wird oft geschwiegen. Carmen Kübler aus Höhnhart möchte das ändern – mit einer neuen Selbsthilfegruppe für Mütter von Sternenkindern.

Carmen Kübler aus Höhnhart gründete eine Selbsthilfegruppe. (Foto: Julia Gradinger)
Carmen Kübler aus Höhnhart gründete eine Selbsthilfegruppe. (Foto: Julia Gradinger)

Wenn Kinder vor, während oder kurz nach der Geburt versterben, werden sie als Sternenkinder bezeichnet. Der Begriff soll den Schmerz des Verlusts besser widerspiegeln als frühere Bezeichnungen wie „Totgeburt“ oder „Abortus“. „Sie werden als Sterne am Himmel gesehen, die nun auf uns aufpassen“, erklärt Carmen Kübler. Am Welttag der Sternenkinder am 15. Oktober wurde ansie erinnert.

Noch immer sind Sternenkinder oft ein Tabuthema. „Dabei wäre es für viele wesentlich einfacher, offen darüber reden zu können“, sagt die Höhnharterin. Sie selbst ist dreifache Sternenkindmama und hätte sich den Austausch mit weiteren Betroffenen gewünscht, als sie mit dem Verlust konfrontiert war.

Anlaufstelle fehlte

„Es fühlte sich jedes Mal so an, als ob eine Welt zusammenbrechen würde“, erzählt sie. „Beim ersten Mal war kein Herzschlag zu sehen und meine Ärztin schickte mich am Freitag nach Hause. Ich solle am Montag ins Krankenhaus gehen, sie glaube nicht, dass das noch etwas wird.“ Nach der Entlassung war sie auf sich alleine gestellt.

Es blieb vieles unausgesprochen, wie die Frage nach dem Warum, Wut oder Trauer. Auch in Hinblick auf ihren Job kamen Themen und Fragen auf, wie: Werde ich gekündigt, weil jeder weiß, dass ich eigentlich ein Kind möchte?

„Ich habe mich zunehmend in mein Schneckenhaus zurückgezogen. Es fiel mir schwer, unvoreingenommen auf jemanden zuzugehen“, erzählt Kübler. Erst bei ihrer Ausbildung zur psychosozialen Beraterin wurde ihr so richtig bewusst, was ihr damals gefehlt hatte. „Jetzt kann ich sagen, dass ich das Thema Kinderlosigkeit sehr gut abgeschlossen habe und weiß: Das Leben kann auch ohne Kinder erfüllend sein.“

Allerdings war es manchmal ein einsamer, steiniger Weg. „Es wäre einfacher gewesen, wenn ich mich mit anderen betroffenen Frauen austauschen hätte können.“

Kein Einzelschicksal

Als psychosoziale Beraterin begleitet sie Menschen in herausfordernden Lebensphasen – und stieß

mit der Zeit auf das Konzept der Sternenkinder-Gruppen. Inzwischen nutzte sie selbst mehrmals ein solches Angebot. „Es ist immer wieder heilsam, wenn man die Erlebnisse anderer Frauen hört – man fühlt sich sofort nicht mehr alleine und sieht, dass es sich keineswegs um ein ‚Einzelschicksal‘ handelt.“ Schätzungen zufolge enden etwa 15 Prozent aller Schwangerschaften in einer Fehlgeburt.

„,Geteiltes Leid ist halbes Leid klingt abgedroschen, trifft bei der Gruppe aber ins Schwarze“, so Kübler. Die „Übermächtigkeit“ werde kleiner und im Gespräch gelinge es, den Fokus von der negativen Erfahrung wieder in eine positivere Richtung zu lenken. „Die Teilnehmerinnen berichten oft auch über Ressourcen, die sie entdeckt haben und die helfen, über das Erlebte hinwegzukommen.“ Das Ziel: den Verlust als Teil des eigenen Lebens begreifen, ohne dass er das ganze Leben bestimmt.

Neue Gruppe

Deshalb bietet Kübler eine Selbsthilfegruppe in Höhnhart an. Frauen sollen hier in einem vertraulichen Rahmen offen rund um das Thema sprechen können. „Es darf geredet, gelacht und geweint werden. Alle sind willkommen – egal, wie lange der Verlust zurückliegt.“ Alles, was besprochen wird, bleibt in der Gruppe. Jede Teilnehmerin kann selbst entscheiden, in welchem Tempo und welchem Maß sie sich öffnen möchte.

Kleine Schritte nach vorne

Gemeinsam wird gelernt, mit dem Verlust und der Trauer umzugehen. „Gleichzeitig gehen wir in kleinen Schritten aber auch nach vorne, nehmen auch die schönen Dinge um uns herum wieder wahr und erlauben uns, ins Leben zurückzufinden, ohne zu vergessen, was war.“

Hilfreich könne dabei etwa eine Gedankenreise sein. „Wir können uns einen Platz vorstellen, an dem es unserem kleinen Wunder jetzt gut geht und an dem wir es immer wieder in Gedanken besuchen können.“ Wichtig sei auch, sich bewusst zu sein, dass Sternenkinder immer ein Teil des Familiensystems sind.

„Alle Gefühle, die gerade da sind, sind okay“, betont Kübler: „Jeder geht anders mit dem Verlust um – es gibt kein Richtig oder Falsch.“ Auch folgenden Satz, den sie früher als „abgedroschen“ abgetan hat, bewahrheitete sich für sie im Laufe der Zeit: „Immer, wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“

Mehr Bewusstsein gewünscht

Sie wünscht sich, dass in Zukunft über Sternenkinder genauso gesprochen werden darf wie über andere Verstorbene. Zudem sollte mehr Zeit zur Trauer eingeräumt werden.

Kübler setzt sich auch dafür ein, dass in Kliniken mehr Bewusstsein für das Thema entsteht. In der Region gibt es außerdem Gedenkfeiern und Gräber für Sternenkinder – etwa am Friedhof in Braunau. „Manche Mütter wollen nicht in ihrem gewohnten Umfeld um ihr Sternenkind trauern, sondern bewusst außerhalb des Alltages – für sie sind solche Orte besonders wertvoll.“

Treffen in Höhnhart

Die Gruppe trifft sich jeden ersten Montag im Monat um 18.30 Uhr in der Praxis von Kübler in Höhnhart. Anmeldungen sind erforderlich, die Teilnehmerzahl ist auf sechs Frauen begrenzt.

Weitere Infos:
www.carmen-kuebler.at

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