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Ökonom Fink: „Der Schaden durch die Pandemie ist ein bleibender“

Alexander Kobler, 13.11.2020 12:36

BRAUNAU/STEYR. Der gebürtige Braunauer Stefan Fink ist seit diesem Jahr neben seiner Tätigkeit als Chefökonom von KPMG Austria auch Professor für Risikomanagement am FH OÖ Campus Steyr. Im Interview mit Tips spricht der 45-Jährige über seine Sicht zur Corona-Pandemie und den damit verbundenen Folgen für die Wirtschaft, auch im Hinblick auf den zweiten Lockdown.

Ökonom Stefan Fink Foto: KPMG
Ökonom Stefan Fink Foto: KPMG

Tips: Wie schätzen Sie als Experte für Risikomanagement die aktuelle Situation ein?

Stefan Fink: Gerade vor dem Hintergrund des Risikomanagements, des „Umgehens mit Risiko“, ist die derzeitige Situation sehr herausfordernd. Die Planbarkeit ist extrem eingeschränkt, sowohl im privaten als auch im unternehmerischen Bereich. Der weitere Verlauf der Pandemie, die möglichen weiteren Beschränkungen, oder aber auch die mögliche „Erlösung“ durch einen Impfstoff werfen viele Fragen auf. Im Bereich des Finanz- und Risikomanagements geht es in so einer Situation hauptsächlich darum, unter all diesen Nebenbedingungen das Beste herauszuholen.

Tips: Welche Auswirkungen wird die Pandemie kurz- und langfristig haben?

Fink: Die kurzfristigen Auswirkungen der „ersten Welle“ haben wir vor allem im zweiten Quartal 2020 zu spüren bekommen, mit einem Einbruch der österreichischen Wirtschaftsleistung um 14 Prozent. Wir konnten auch beobachten, dass die Auswirkungen je nach Branche sehr unterschiedlich ausgefallen sind. Die unmittelbaren Auswirkungen des zweiten Lockdowns werden leider wieder branchenmäßig sehr ähnlich wirken. Geht man in eine längerfristige Betrachtung, so werden die Nachwehen der Pandemie noch länger zu spüren sein. Volkswirtschaftlich auf jeden Fall, da die „Erste Hilfe Maßnahmen“ viel Geld kosten. Das österreichische Defizit wird 2020 voraussichtlich deutlich über zehn Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, auch für 2021 sieht es schuldenmäßig nicht rosig aus.

Tips: Welche Folgen hätte ein dritter oder möglicher längerer, zweiter Lockdown?

Fink: Die zentrale Frage ist der Umfang der Maßnahmen und die Auswirkungen auf die Stimmung. Vom Umfang her wissen wir, dass eine großflächige Schulschließung, das erneute Herunterfahren des Einzelhandels und vor allem auch Produktionsunterbrechungen in der verarbeitenden Industrie signifikante Einbrüche der Wirtschaftsleistung nach sich ziehen. Wenn Privatpersonen wieder daran gehindert werden, zu konsumieren, wenn Unternehmen beispielsweise auch durch Unterbrechungen der Lieferketten ihre Produktion reduzieren oder einstellen, oder Betreuungspflichten zu Hause das Arbeitsvolumen reduzieren, dann hat jede dieser Komponenten hohes Risikopotenzial. Wenn es bei den Maßnahmen bleibt, die Anfang November eingeführt wurden und diese vor den Weihnachtsferien zumindest zum Teil wieder gelockert werden können, sind die negativen Auswirkungen deutlich geringer. Ganz zentral ist aber die Stimmung: alles, was den Unternehmen und den privaten Haushalten eine Perspektive gibt, wirkt sich über eine steigende Konsum- oder auch Investitionsneigung positiv aus.

Tips: Wie lange werden wir die Folgen der Pandemie spüren?

Fink: Ehrlicherweise ist es so, dass der Schaden durch die Pandemie ein bleibender ist. Wir werden in Österreich, je nach Szenario, voraussichtlich 2023 oder 2024 wieder die Wirtschaftsleistung von 2019 erreicht haben, im Vergleich zum Wachstumspfad vor Covid-19 wird aber eine Lücke bleiben, auch langfristig.


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