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Fachkräftemangel: Blumengeschäft „Blütenpracht“ verabschiedet sich

Theresa Senzenberger, 05.02.2022 11:40

MATTIGHOFEN. Da es immer schwerer wurde, Floristikfachkräfte zu finden, entschloss sich Alexandra Haigerer, ihr Blumenfachgeschäft „Blütenpracht“ in Mattighofen zu schließen und ihr Verkaufskonzept zu ändern.

Meisterfloristin Alexandra Haigerer ändert ihr Verkaufskonzept.  Foto: Blütenpracht
Meisterfloristin Alexandra Haigerer ändert ihr Verkaufskonzept. Foto: Blütenpracht

20 Jahre stand das Fachgeschäft am Mattighofner Stadtplatz. Haigerer hatte ihre Karriere als Floristin schon früh begonnen und hat mittlerweile schon 30 Jahre Berufserfahrung. Mit 14 Jahren startete sie die Lehre zur Floristin. „Für mich ist es das Schönste, mit Blumen und Pflanzen zu arbeiten und deren Duft und Schönheit um mich zu haben“, sagt sie.

Im „Blütenpracht“ verkaufte die Meisterfloristin dann Blumen, Kränze und vieles mehr und bildete im Laufe der Zeit über 15 Lehrlinge aus. Von Anfang an war das Team groß. „Wir waren immer drei bis vier Floristinnen, oftmals auch bis zu drei Lehrmädchen gleichzeitig“, berichtet Haigerer.

Personal wurde weniger

Zu Beginn war es für sie noch leicht, Fachkräfte und Hilfe einzustellen. „Schleichend hat es dann begonnen, dass es schwieriger wurde, gute und geeignete Fachkräfte zu finden“, erzählt die Floristin. Die Aufträge wurden mehr, das Personal weniger. Während manche eine Familie gründeten, machten sich andere selbstständig. Seit der Übersiedelung in einen größeren Laden vor circa zehn Jahren war Haigerer permanent auf der Suche nach Fachkräften und Auszubildenden.

Da nun auch die verbleibenden Mitarbeiterinnen in Babypause gehen, das Arbeitsvolumen aber groß ist, entschloss sich Haigerer aus mehreren Gründen für den Schritt, ihr Geschäft zu schließen. „Um die Blütenpracht wie gewohnt weiterzuführen, bräuchte ich drei gelernte Top-Floristen, mindestens einen Lehrling und noch ein bis zwei Hilfskräfte. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber irgendwann habe ich beschlossen, keine Zeit mehr in Bewerbungsgespräche und dem Anlernen zu investieren. Lieber arbeite ich mehr und meine Kunden erhalten die von mir gemachte floristisch-dekorative Qualität.“

Mit dem Mangel an guten Fachkräften ist Haigerer nicht alleine. Auch ihre Berufskollegen haben mit dem Thema zu kämpfen, berichtet die Floristin. Sie kennt beispielsweise auch einen Blumenladen in Salzburg, der aus den gleichen Gründen das Geschäft schließen musste.

Fachkräftemangel im Bezirk Braunau

Auch Klaus Berer, der Leiter der Wirtschaftskammer Braunau, sieht den Fachkräftemangel im Bezirk Braunau deutlich: „Er ist die größte Herausforderung der heimischen Wirtschaft und betrifft nahezu alle Branchen und die allermeisten Arbeitgeberbetriebe, vor allem in unserem äußerst dynamischen Wirtschaftsbezirk Braunau, der eine Hochkonjunktur erlebt.“

Grund dafür sei zum einen die internationale Ausrichtung großer Leitbetriebe, die auf ihren Märkten sehr erfolgreich sind, zum anderen geburtenschwächere Jahrgänge, die auf den Arbeitsmarkt kommen. „Vor allem kleinere Betriebe haben zu kämpfen. Hier gibt es noch Potenzial in der Darstellung, dass es für viele auch Vorteile hat, in kleineren überschaubaren Familienbetrieben zu arbeiten“, so der Experte.

„Diesen Betrieben fehlen aber meist die Ressourcen, diese Vorteile herauszuarbeiten und potenziellen Mitarbeitern schmackhaft zu machen. Auch das Anlernen ungelernter Mitarbeiter bedarf oft großer Zuwendung, für die die Ressourcen fehlen.“

Schritte gegen Mangel

Berer rechnet damit, dass in den Betrieben daher zunehmend Automatisierungstechnik entwickelt und eingesetzt wird, die ohne Menschen mehr Arbeitsschritte erledigt. „Die Wirtschaftskammer unternimmt sehr viel, um Betrieben im Fachkräftemangel zu helfen – mit Lehrlingsmessen, mit der Internet-Plattform Karrilehre.at in Braunau und, ganz aktuell, mit Employer Branding Workshops und -coaching sowie mit der Durchführung der OÖ Jobweek Ende März beziehungsweise April, wo Arbeitgeberbetriebe potenzielle neue Mitarbeiter in ihre Betriebe einladen“, erklärt der Wirtschaftskammer-Leiter.

„Diese Programme helfen den Betrieben aber nur, wenn sie sie auch annehmen. Da ist vielfach noch „Luft nach oben“. Zudem wird man das Gefühl nicht los, dass es sich trotz des drückenden Fachkräftemangels manche Mitbürger in der sozialen Hängematte bequem machen“, meint Berer. „Die Politik muss da genauer hinschauen und jenen, die durchaus „könnten“, aber nicht wollen, Leistungen streichen und mehr Druck auf sie ausüben.“

Wertschätzung gefordert

„Ich wünsche mir für die Zukunft des Handwerks, dass die Menschen erkennen, wie wertvoll es ist, mit eigenen Händen zu gestalten“, sagt Haigerer. Ihrer Ansicht nach hängt der Fachkräftemangel mit mangelnder Wertschätzung zusammen. „Wenn aber das Handwerk und der Beruf auch von den Kunden wertgeschätzt werden, kann das eine große Auswirkung haben.“

Die Blumen von Haigerer übersiedeln nun in eine Scheune am Siedelberg. Im Frühling geht es nach einer kurzen Pause wieder weiter. Bis dahin können Blumen, Dekorationen und Co. per Telefon bestellt werden. Und es werden auch Workshops und Kurse angeboten. „Ich träume aber natürlich davon, dass in Zukunft tolle Floristen vor mir stehen, die voller Freude mit mir arbeiten möchten.“


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