Anzahl der Bewohner in der Flüchtlingsunterkunft Enns hat stark abgenommen
ENNS. Die Volkshilfe Enns betreibt in der Dr. Karl Renner-Straße seit fünf Jahren eine Flüchtlingsunterkunft. Im Gegensatz zu den Anfangsjahren hat sich einiges verändert.
Insgesamt 110 Menschen haben bisher in der Flüchtlingsunterkunft Quartier bezogen. Zu den Spitzenzeiten im Jahr 2017 waren es 50 Bewohner. Mittlerweile ist die Zahl auf 22 geschrumpft. „Es kommen schon seit einigen Monaten keine Flüchtlinge mehr, obwohl weltweit gesehen die Flüchtlingszahlen steigen. Man merkt, dass die Grenzen zu sind und über die Balkan- und die Mittelmeerroute keine Menschen mehr kommen“, sagt Flüchtlingsbetreuer Peter Gottsbachner.
Vermehrt Afghanen
Kamen anfangs hauptsächlich Syrer und Somalier, zogen später vermehrt Afghanen in der Unterkunft ein. Heute sind hauptsächlich Familien darin untergebracht. Die Bewohner teilen sich die Sanitärbereiche und organisieren ihren Alltag großteils selbst. Das Zusammenleben der verschiedenen Nationen unter einem Dach verläuft sehr gut. Gibt es doch einmal Konflikte, werden sie durch Gespräche geklärt. In der Nacht sieht ab und zu eine Hausaufsicht der Volkshilfe nach dem Rechten.
Feier zum Jubiläum
Wichtige Partner der Volkshilfe sind die Pfarre Enns, die das Spielcafé organisiert, der Verein Gemma, das Frauennetzwerk, die Stadt Enns, der Bauhof sowie sieben ehrenamtliche Mitarbeiter, die neben anderen Tätigkeiten gemeinsame Kochabende oder Trommelworkshops organisieren. Zum fünfjährigen Jubiläum fand in der Unterkunft eine große Feier statt, bei der es Speisen aus den Herkunftsländern der Bewohner gab.
Gemeinnützige Arbeit
Die Volkshilfe Enns unterstützt die Bewohner bei der Suche nach Deutschkursen, Terminvereinbarungen, Behördengängen, Arztbesuchen und Sozialarbeit und berät über die nächsten Schritte nach erhaltenen Bescheiden. Eine ihrer Hauptaufgaben ist auch die Auszahlung von Verpflegungsgeld. Dieses beträgt bei Bewohnern über 18 Jahren sechs Euro pro Tag und bei unter 18-Jährigen 4,40 Euro. Zusätzlich erhält jeder Bewohner einen Bekleidungsgutschein von 150 Euro pro Jahr. 110 Euro dürfen Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren im Monat durch gemeinnützige Arbeit dazuverdienen. Wenn sie mehr verdienen, kommt es zur Reduktion der Grundversorgung.
Panikknopf zur Absicherung
Aufgrund der Ungewissheit ist die psychische Belastung für manche Bewohner sehr groß. Angst vor Übergriffen wie in der Asylwerberunterkunft in Wullowitz, wo ein Afghane einen Betreuer mit einem Messer lebensgefährlich verletzt hat, hat Gottsbachner aber keine. Zur Sicherheit befindet sich direkt hinter seinem Schreibtisch ein Panikknopf, der einen Alarm auslöst. Bei einem Test kamen gleich zwei Bewohner angelaufen, um nachzusehen.
Ausreise nach Frankreich
„Die Asylverfahren dauern in Österreich durchschnittlich viereinhalb Jahre“, so Gottsbachner. Während eines laufenden Asylverfahrens dürfen Flüchtlinge Österreich nicht verlassen. Bei einem negativen Asylbescheid gehen Afghanen oft nach Frankreich, weil die Franzosen sie im Gegensatz zu Österreich nicht in ihr Heimatland abschieben. Sinnvoll ist das aber nicht. „Die Franzosen schieben sie großteils wieder nach Österreich ab, und das Spiel fängt von vorne an“, erklärt Gottsbachner. Kritisch sieht er auch die geplante Gründung einer im Innenministerium eingegliederten Bundesagentur, die sowohl die Unterbringung als auch die (derzeit noch unabhängige) Rechtsberatung von Flüchtlingen übernimmt.
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