Bewohner von Kleingartensiedlung in St. Valentin leben in „gesetzeswidrigen“ Häusern
ST. VALENTIN. Friedrich Schachafellner hat vor zwei Jahren ein Häuschen in der Kleingartensiedlung in der Josef-Stöckler-Straße gekauft und bezogen. Da das Haus aber nicht den Normen des NÖ Kleingartengesetzes entspricht, droht ihm nun ein Abbruch oder ein teurer Umbau.
Dass sein Haus von der Grundfläche her ungefähr zehn Quadratmeter zu groß und das Dach etwa 50 Zentimeter zu hoch ist, wusste Schachafellner schon beim Kauf. „Ich habe mir aber nichts dabei gedacht, denn das Haus ist schon sieben Jahre alt“, erzählt er. Die bebaute Fläche einer Kleingartenhütte darf nämlich 37 Quadratmeter, die Traufenhöhe drei Meter und die Firsthöhe 4,70 Meter nicht übersteigen, heißt es im NÖ Kleingartengesetz. Die Sache wäre wohl nicht aufgefallen, hätte die BH Amstetten im Dezember 2020 keine anonyme Anzeige erhalten, die sie dann an die Stadtgemeinde St. Valentin weiterleitete. Schachafellner kontaktierte darauf die Stadtgemeinde. Vor Kurzem erhielt er einen bis Oktober befristeten Abbruch-Bescheid mit der Unterschrift von Bürgermeisterin Kerstin Suchan-Mayr (SPÖ). Im Raum steht jetzt entweder ein Abbruch oder ein teurer Rückbau, um auf die im NÖ Kleingartengesetz geforderten Normen zu kommen.
Rechtsanwalt eingeschaltet
Gleich gegenüber wohnt Tatana Seiler mit drei Kindern in einem 23 Jahre alten Haus. Auf ihrem Doppelgrundstück stehen zwei Häuser. Beide Häuser sind nicht genehmigt, da sie ebenfalls von der Grundfläche her zu groß sind, was sie aber beim Kauf nicht wusste. Daher bekam auch sie von der Stadt St. Valentin eine Einleitung für ein baupolizeiliches Verfahren. „Ich verstehe nicht, warum die Häuser 23 Jahre geduldet wurden und jetzt auf einmal nicht mehr passen sollen“, meint Seiler, die bereits einen Rechtsanwalt eingeschaltet hat. Im Kaufvertrag steht allerdings wörtlich: „Die Käuferin befindet sich in Kenntnis darüber, dass die kaufgegenständlichen Superädifikate in einer Kleingartenanlage errichtet sind, auf welche die Bestimmungen des Niederösterreichischen Kleingartengesetzes anzuwenden sind.“
Existenz bedroht
Die beiden Nachbarn sehen sich als Bauernopfer. „Ich weiß, dass es für die Betroffenen eine sehr problematische Situation darstellt, aber wir als Baubehörde müssen nach dem Gesetz handeln“, rechtfertigte sich Kerstin Suchan-Mayr. Die Bürgermeisterin kündigte jedoch an, dass in dem offenen Verfahren noch andere Lösungsmöglichkeiten geprüft werden. Ähnlich sieht es Severin Nagelhofer von der Abteilung Bau- und Raumordnungsrecht der NÖ Landesregierung. „Beim Kauf einer Immobilie geht die Rechtslage vom Verkäufer an den Käufer über. Aus der Sicht der Betroffenen ist die Aufregung verständlich, aber die Stadt St. Valentin muss sich als Baubehörde an die Rahmenbedingungen, die im NÖ Kleingartengesetz sehr detailliert formuliert sind, halten“, sagt er. „Viele Immobilien sind in Österreich anders als sie ursprünglich eingereicht wurden“, meint Heinz Peter Wieser vom RE/MAX Immo-Team. Wieser empfiehlt daher, vor dem Kauf einer Immobilie mit dem Einverständnis des Verkäufers Einsicht in den Bauakt der jeweiligen Gemeinde zu nehmen.
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06.02.2023 16:39
Einfach nur traurig....
Es ist einfach nur traurig was im Namen der Wirtschaftlichkeit und im Bestreben danach verfügbaren Baugrund zu erschliessen hier getrieben wird. Selbst erst heute ein solch netten Infozettel im Briefkasten vorgefunden das demnächst eine ganze Reihe hübscher kleiner Gartenhäuschen weggerissen werden sollen weil sie *illegal' erbaut wurden. Das ist ja wohl die perfideste Art ein Stück Grünfläche als *illegal* zu deklarieren nur weil irgendwann ein vergleichsweise winziges (meist Holz-) Häuschen drauf gebaut wurde das sicher eher dem Ortsbild entspricht als jeder noch so hässliche neue Wohnblock in den vergangenen Jahren. Valentin kann sich das rühmen um Naturerhalt echt schenken das ist reine Heuchelei!