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„Ich verstehe, dass man als ersten Impuls denkt, man dürfe sie nicht belohnen“

Marlis Schlatte, 15.11.2022 12:28

ASTEN. Hoffnung und Mut – das will Diana Ezerex den Zuhörern bei ihren Konzerten mitgeben. Denn auch hier in Asten war das Publikum ein ganz spezielles – nämlich die Inhaftierten der Justizanstalt.

Diana Ezerex spielte vor rund 60 Inhaftierten in der Justizanstalt Asten. (Foto: Nadine Ezerex)
photo_library Diana Ezerex spielte vor rund 60 Inhaftierten in der Justizanstalt Asten. (Foto: Nadine Ezerex)

Für ihr insgesamt 29. Gefängniskonzert besuchte die Sängerin auf ihrer „Austria Prison Tour 2022“ vergangenen Dienstag, 8. November, erstmals die Justizanstalt Asten. Ihre Stimme begleitet sie dabei nur alleine mit ihrer Gitarre, um den Inhaftierten Face-to-Face begegnen zu können. Dabei herrscht meist eine recht emotionale Stimmung, die Konzerte sind intimer und intensiver als jene außerhalb eines Gefängnisses, wie sie im Gespräch mit Tips erzählt. Die 28-Jährige will den Inhaftierten dabei vor allem eines mitgeben: „Hoffnung. Ich hab' keine Ahnung, wie man sich fühlt, wenn man im Gefängnis sitzt. Ich kenn' immer nur Bruchstücke darüber, was sie bewegt und wie sie über die Zukunft nachdenken – aber ich weiß natürlich nicht, wie es tief in ihnen aussieht. Aber ich kann mir vorstellen, dass es da schon oft eine Hoffnungslosigkeit oder Perspektivlosigkeit gibt. Wenn man zum Beispiel kein soziales Netz hat, das einen auffängt, wenn man wieder rauskommt oder wenn man innerhalb des Gefängnisses keinen Anschluss findet. Ich würd' mir deswegen einfach so wünschen, dass sie ermutigt werden und wieder Hoffnung haben und sich vielleicht trauen, etwas auszuprobieren, was sie davor nicht gemacht haben. Das kann ich natürlich nicht erzwingen oder erwarten – aber ich kann für sie das geben, was ich kann.“

Erste Schritte

Schon mit neun Jahren schrieb Diana ihren ersten Song, 2013 spielte sie ihre Musik schließlich auch für andere und ging 2016 auf ihre erste Solotour. Erstmals in Berührung mit Menschen, die Probleme mit dem Justizsystem haben, kam die in Karlsruhe wohnhafte Sängerin während eines freiwilligen sozialen Jahres in der offenen Jugendarbeit. Über einen Bekannten, der als Gefängnisseelsorger in einer Jugendstrafanstalt arbeitete, konnte sie im Jahr 2017 dann ihre entstandene Idee eines Gefängniskonzertes in die Tat umsetzen.

Persönliche Ziele

Auch wenn organisatorisch manchmal Hürden zu überwinden sind, wie auch vor dem Konzert in Asten, ist es der Sängerin dennoch wichtig, für die Inhaftierten alles zu geben: „Es ist schwierig, wenn das Konzert gleich anfangen soll, ich da mit einer guten Stimmung ein Konzert geben will und dann funktioniert das Drumherum nicht – das kostet echt viel Energie. Ich sag' mir dann aber immer: 'Ich mach' das für die Inhaftierten, ich mach' das nicht, damit ich mich gut fühle!' Denn die Inhaftierten waren trotzdem total nett, darum ist es auch überhaupt nicht wichtig, wie ich mich gerade fühle und wie es drum rum war, solange sie irgendetwas vom Konzert mitnehmen konnten, das cool fanden und davon bewegt, inspiriert, motiviert oder ermutigt sind.“ Anders als in Deutschland muss in Österreich einmal im Quartal in den Gefängnissen verpflichtend ein Kulturprogramm angeboten werden. „Dadurch bin ich im Voraus auch ein bisschen nervöser bzw. mehr unter Druck als bei anderen Konzerten, weil sie eben nicht so oft ein Kulturprogramm haben“, so die Musikerin. Die Teilnahme der Inhaftierten erfolgt auf freiwilliger Basis und wird schlussendlich von der Gefängnisleitung entschieden. In Asten spielte Diana Ezerex etwa vor rund 60 Zuhörern.

Verloren gegangene Freude

Unwohl fühlte sie sich bei einem ihrer Gefängniskonzerte noch nie. Einige Situationen blieben ihr dafür besonders positiv in Erinnerung: „Eine davon war in einem Jugendgefängnis. Da kam nach dem Konzert ein Inhaftierter zu mir und meinte, er hätte das erste Mal seit langem wieder Freude gespürt – das fand ich so krass, dass ein 16-Jähriger sich traut, zu einer fremden Person hinzugehen und zu sagen 'Ich hab' das erste Mal wieder Freude gespürt'.“

Belohnung oder Bestrafung

Die Taten, aufgrund derer die Menschen im Gefängnis sind, möchte Diana Ezerex keinesfalls schönreden: „Natürlich sind das oft Menschen, die echt übel was am Stecken haben und ich verstehe, dass man als ersten Impuls denkt, man dürfe diese Menschen dann nicht mit so etwas belohnen. Gleichzeitig denk' ich mir aber auch, dass die Menschen ja irgendwann wieder rauskommen. Und da können wir sie entweder weiterhin bestrafen, sodass sie dann infolgedessen wieder Mist bauen, weil sie keine Möglichkeit hatten, sich zu integrieren – oder wir versuchen, Wege zu finden, ihnen zu zeigen, wie es gehen kann, wie man auch ohne Gewalt durchkommt und wie man sich in der Gesellschaft gegenseitig wertschätzen kann. Dabei hat die Kunst und Kultur einfach eine sehr wichtige Rolle – solche Werte zu vermitteln und Möglichkeiten zu bieten, sich zu verändern.“

Neue Musik

Im Juni 2021 veröffentlichte Diana Ezerex ihr Debütalbum. In den Songs greift sie verschiedene Themen auf, die die Menschheit derzeit zu bewältigen hat: „Es geht um gesellschaftliche Herausforderungen, sei es das Bildungssystem, das nicht in der Lage ist, alle zu integrieren, oder es geht um soziale Ungerechtigkeit, um Obdachlosigkeit, um Beziehungen, um Suizid, um Vorbilder. die meisten Songs sind in der Ich-Perspektive geschrieben, weil ich wollte, dass sie nahbarer sind, dass man sich mehr hineinversetzen kann. Es ist bei diesen Themen denke ich wichtig, dass man nicht sagt 'Die sind so', sondern 'Wir sind so'.“ Im neuen Jahr können sich Fans der Sängerin bereits auf neue Musik freuen. „Mein neues Album kommt im September 2023 raus. Davor kommt im März aber auch noch eine EP mit fünf Songs und die sind eher so, wie ich Konzerte in Gefängnissen spiele – viel persönlicher, viel minimalistischer im Gegensatz zum jetzigen Album, das ja vom Klang her recht fett ist“, verrät sie.


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