Herzenswärme in St. Florian: Oberösterreichs erste Kuscheltherapeutin über die Kraft der Berührung

Bianca Dorner ist diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester und laut eigenen Angaben Oberösterreichs erste Kuscheltherapeutin. Im Gespräch mit Tips erzählt sie, wie es ist, Menschen hauptberuflich in den Arm zu nehmen.

Tips Enns: Was macht eine Kuscheltherapie aus und welche positiven Effekte kann sie auf das Wohlbefinden haben?

Bianca Dorner: Eine Kuscheltherapie bietet Menschen, die niemanden haben, die Möglichkeit in einem sicheren Raum Nähe und Geborgenheit zu erfahren, ohne sexuelle Intention und unter Einhaltung gewisser Regeln. Es sind absichtslose, liebevolle Berührungen, so wie man sie sich von seiner Mama holen würde, die zu der Ausschüttung des Hormons Oxytocin führen sollen. Es ist ein menschliches Grundbedürfnis neben Schlaf und Essen zu anderen Kontakt zu haben und kann bei Mangel durchaus zu unangenehmen Symptomen führen. Es kann ein regelrechter „Hauthunger“ entstehen.Der Botenstoff Oxytocin, der beim Kuscheln ausgeschüttet wird, hat viele wissenschaftlich nachgewiesene positive Effekte auf den Körper. Er senkt hohen Blutdruck und die Herzfrequenz, verringert Depressionen, Schmerzen und Ängste, senkt das Stresshormon Cortisol, stärkt das Immunsystem und hilft bei Verlusten, Trennungen und Veränderungen. Durch Kuscheln und das damit ausgeschüttete Hormon Oxytocin wird man seiner Umwelt gegenüber emphatischer und selbstbewusster.Es gibt eine Formel, die zeigt, wie man jemanden berühren sollte, damit das Wohlfühlhormon Oxytocin im Körper freigesetzt wird. Auf der Haut, wo Haare wachsen, gibt es spezielle Nervenfasern, die solche Berührungen an das Gehirn weiterleiten. Die perfekte Berührung dafür ist ein langsames Streicheln mit sanftem Druck, etwa in der Geschwindigkeit von drei bis fünf Zentimetern pro Sekunde.

Die Kuscheltherapie ist ein verbindendes Glied zwischen Psychotherapie und Massage. Es ist ein Streicheln, halten, kneten, gemeinsam atmen, umarmen, Kuschelpositionen ausprobieren, mit und ohne Gesprächen.Tips Enns: Wie reagieren Menschen, wenn sie zum ersten Mal von Kuscheltherapie hören, und wie begegnen Sie möglichen Vorurteilen?

Bianca Dorner: Menschen, mit denen ich ins Gespräch komme, die von einer Kuscheltherapie noch nie etwas gehört haben, reagieren durchwegs positiv auf mich und meine sinnstiftende Arbeit. Es wird geschätzt, was ich in Zeiten wie diesen, wo Vereinsamung in der Gesellschaft überhandnimmt, für die Gesellschaft mache.Vorurteile werden im Gespräch in kürzester Zeit entkräftet, da ich ja auch Diplomkrankenschwester bin und das sehr gut erklären kann, wie wichtige diese Berührungen und sozialer Kontakt für das menschliche Individuum sind. Es dürfte durchaus die Kombination meiner positiven Art, meiner Liebe zum Menschen und meiner beruflichen Professionalität sein, dass sich die Menschen so wohlfühlen bei mir. Viele haben bereits etwas darüber gelesen oder gehört und finden es toll, dass es das Angebot nun auch in Oberösterreich gibt.

Tips Enns: Der Weltkuscheltag soll auf die Bedeutung von Berührung und menschlichem Kontakt aufmerksam machen. Wie erleben Sie die Rolle von Berührungen in unserer zunehmend digitalisierten Welt?

In Zeiten fortschreitender „Verdigitalisierung“ unserer Umwelt wird es in Zukunft immer wichtiger, sich auf zwischenmenschliche Beziehungen und soziale, reale Kontakte zu besinnen. Der Mensch besteht aus mehreren Sinnen, die bewusst empfunden werden sollten. Es ist wichtig, sich in unserer schnelllebigen, gestressten Zeit, auch mal Zeit für sich selbst und seine Umwelt zu nehmen. Berührungen sind außerdem wichtig für unsere soziale Entwicklung und der Empathie unseren Mitmenschen gegenüber. Generell sollte ein in Kontakt treten wieder mehr gelebt werden. Nimm dir bewusst Zeit, andren ein paar Umarmungen zu schenken, sie werden es dir danken.