Kritik gegen geplantes Amazon-Verteilerzentrum
ST. VALENTIN. Großen Andrang gab es bei der Gemeinderatssitzung in St. Valentin. Gegner des geplanten Amazon-Verteilerzentrums nutzten die Frageviertelstunde, um ihre Bedenken vorzubringen.
Die Firma Fraktal Development plant, in St. Valentin ein Grundstück zu kaufen, dort ein Verteilerzentrum zu errichten und dieses an Amazon zu verpachten. Vertreter von Fraktal und Amazon hatten bereits im Mai ihre Fühler Richtung St. Valentin ausgestreckt und Gemeinderatsfraktionen zu einer Besichtigung eines Amazon-Verteilzentrums eingeladen. Am 28. Juni, um 22 Uhr, informierten Vertreter von Fraktal und Amazon nach der Gemeinderatssitzung Gemeinderäte über ihre Pläne. Bei der Gemeinderatssitzung am 27. September wurde eine grundsätzliche Entscheidung über die Ansiedelung von Amazon in St. Valentin getroffen. Unter den 31 anwesenden Gemeinderäten und Gemeinderätinnen gab es 18 Ja-Stimmen und 13 Nein-Stimmen, womit der Grundsatzbeschluss mehrheitlich angenommen wurde. Allerdings bedeutet dieser Beschluss nur, dass die Verhandlungen weiter verfolgt werden, nicht aber, dass das Verteilerzentrum tatsächlich gebaut wird.
Gäste bei derGemeinderatssitzung
Bei der Gemeinderatssitzung am 10. November nutzten Gegner des Projekts die Frageviertelstunde, um ihre Bedenken gegen das Projekt vorzutragen. Diese „Viertelstunde“ dauerte allerdings über eine Stunde.Als Eingangsstatement erklärte Bürgermeisterin Kerstin Suchan-Mayr (SPÖ), dass das Projekt seitens der Stadt sowieso auf „Punkt und Beistrich geprüft“ werde, was etwa Lärm oder Verkehr betreffe und dass die Errichtung noch nicht fixiert sei.
Vor allem Projektgegner kamen zu Wort: Georg Steffelbauer erklärte, die Gemeinde hätte früher informieren müssen. Es gehe um einen Grundstücksverkauf der Stadt, bei dem pro Arbeitsplatz 500 Quadratmeter Boden versiegelt würden. Er fragte, welche Vorteile das Verteilzentrum für die Stadt Sankt Valentin und deren Bevölkerung habe.Susanne Webersdorfer von der Bürgerinitiative gegen ein Verteilzentrum von Amazon berichtete, dass bereits 500 Unterstützer aus St. Valentin die Petition gegen die Ansiedlung unterschrieben hätten. Amazon bringe „Null Wertschöpfung“. Sie fragte warum Amazon nicht das aufgelassene Verteilzentrum der Post in Enns benutze anstelle 50.000 Qudaradmeter wertvollen Bodens zu versiegeln.
Leer stehendes Verteilerzentrum in Enns
Das angesprochene Verteilzentrum liegt im Ennshafen und hat eine Fläche von 12.275 Quadratmeter auf einem Grundstück von 47.700 Quadratmetern. Es ist derzeit vom Konzern-Immobilien Post AG zum Verkauf ausgeschrieben. Auf Anfrage, warum Amazon nicht dieses Verteilerzentrum wolle, erklärte Amazon-Pressesprecher Steffen Adler, dass er die Gründe erst recherchieren müsse.
Bedenken der Anrainer
Auch Anrainer des geplanten Verteilerzentrums brachten ihre Bedenken vor. Ernst Jordan etwa erklärte, dass als Anrainer 50 Leute in unmittelbarer Nähe des Verteilzentrums leben würden, diese müssten sich dann an das „Piep,Piep,Piep“ der Nachtanlieferung gewöhnen. Die Wohnqualität dort würde mit einem Schlag dahin sein. Thomas Wintersberger erklärte „Die Stadt hätte die Möglichkeit, einem Weltkonzern und dessen Geschäftspraktiken einmal die Stirn zu bieten.“ St. Valentin sei plastikfreie Gemeinde, Klimabündnisgemeinde und Fair Trade-Gemeinde und das passe nicht mit mit Amazon zusammen.
Kritik von außen
Auch außerhalb dieser Gemeinderatssitzung kommt Kritik, etwa vom St. Pöltner Bischof Alois Schwarz, der sich laut Kathpress sehr skeptisch zu dem Großprojekt äußerte.
Landeshauptfrau-Stellvertreter und Umweltlandesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) erklärte laut Krone, man werde Amazon „nicht den roten Teppich ausrollen“.Im Gasthaus
Nach der Gemeindratssitzung trafen sich die Amazon-Kritiker und einige Mitglieder des Gemeinderats – auch Bürgermeisterin Kerstin Suchan-Mayr – in der Stube des nahe gelegenen Wirtshauses wieder und es enstanden leidenschaftliche Diskussionen. Das kann auch positiv gesehen werden: In St. Valentin reden die Leute miteinander, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung sind.
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