ST. VALENTIN. Nachdem sich bereits die Grünen und die FPÖ gegen die Ansiedelung von Amazon in St. Valentin ausgesprochen hatten, erklärte auch die SPÖ, bei der Gemeinderatssitzung am 14. November gegen die Ansiedlung zu stimmen. Hier begründen die SPÖ-Gemeinderatsmitglieder die Grundlage ihrer Entscheidung. Amazon bedauert die Entscheidung. Die ÖVP St. Valentin ist empört.Update: 10. 11.2023 14.45 Uhr
In der kommenden Gemeinderatssitzung am 14.11.2023 soll über die weitere Zukunft der geplanten Ansiedelung von Amazon in St. Valentin abgestimmt werden. Die Mandatare der SPÖ haben nuneinen gemeinsamen Entschluss gefasst und damit die Weichen für eine Entscheidung gestellt. „Die SPÖ Fraktion hat nach reiflicher Prüfung der Vertragsunterlagen und Abwägung aller Umstände beschlossen, dem städtebaulichen Vertrag nicht zuzustimmen und sich somit gegen die Ansiedelung von Amazon ausgesprochen“, so Stadtparteiobfrau BGM Kerstin Suchan-Mayr.
Genaue Prüfung
Nachdem Amazon gemeinsam mit dem Immobilienentwickler Fraktal an die Stadtgemeinde mit dem Wunsch einer Ansiedelung in St. Valentin herangetreten war, wurde zunächst die grundsätzliche Entscheidung getroffen, sich mit dem Projekt näher auseinanderzusetzen und dieses zu prüfen. „Wir haben von Beginn an gesagt, dass wir das Projekt, auch wenn es umstritten ist, nicht von vornherein ablehnen, sondern es uns im Detail ansehen werden, um danach eine fundierte und inhaltliche Entscheidung treffen zu können. Eine Ansiedelung um jeden Preis war ohnehin nie ein Thema.“ stellt der zuständige Stadtrat und SPÖ Fraktionsobmann Rafael Mugrauer klar.
Übermäßige Verkehrsaufkommen und Umgang mit den Lieferpartnern
Für die Stadtverantwortlichen war von Anfang an klar, dass man eine Ansiedelung nur dann unterstützen werde, wenn man für die Stadtgemeinde das beste Ergebnis herausholen kann. Daher wurden in den vergangenen Monaten viele Verhandlungen geführt und zentrale Themen wie der Umgang und die Entlohnung von Mitarbeitern, die Ermöglichung von Betriebsräten, eine ökologische Bauausführung, der Anteil der versiegelten Fläche, die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte sowie vor allem der Schutz der Anrainer, die Auswirkungen durch den zusätzlichen Verkehr und der Umgang mit den Lieferpartnern intensiv diskutiert und die Ergebnisse in einem eigenen Vertrag festgehalten. „Diese intensiven Verhandlungen verdeutlichen, dass für uns stets das Wohl der Stadtgemeinde im Vordergrund stand und wir bestrebt waren, das beste Ergebnis zu erzielen.“, so Suchan-Mayr.
Der nun vorliegende Vertrag erfüllt diese Voraussetzungen in mehreren Bereichen jedoch nicht. Es gibt nach wie vor keine konkrete Lösung, wie das übermäßige Verkehrsaufkommen vor allem im Bereich der Autobahnauffahrt Richtung Linz gelöst werden kann. Aber auch beim Anteil der E-Fahrzeuge sowie den Zusicherungen in Bezug auf die Lieferpartner blieb der Vertrag hinter den Erwartungen der Stadtgemeinde. Daneben fördern umfangreiche Rücktrittsrechte und Exit-Möglichkeiten von Amazon nicht gerade das Vertrauen in die Beständigkeit des Vertrages.
Neben den positiven Aspekten einer Unternehmensansiedelung, wie der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und der Möglichkeit, mit den zu erzielenden Kommunalsteuereinnahmen andere wichtige Projekte finanzieren zu können, sind auch das finale Verhandlungsergebnis und die negativen Auswirkungen, wie bspw. die Sorgen der Bevölkerung, insbesondere der Anrainer, in die Entscheidung der SPÖ Fraktion eingeflossen.
„Das nun vorliegende Verhandlungsergebnis entspricht in den genannten Bereichen nicht dem, was wir uns für unsere Stadt vorstellen. Auch wenn die Schaffung neuer Arbeitsplätze natürlich immer wünschenswert ist, überwiegen bei diesem Projekt nach umfangreicher Prüfung und Verhandlung die Vorbehalte und hat unsere Fraktion daher die gemeinsame Entscheidung gefasst, dem Vertrag nicht zuzustimmen.“, betont SPÖ-Fraktionsobmann Mugrauer.
Amazon bedauert die Entscheidung
Seitens Amazon erklärt Franziska Helmetsberger: „Wir bedauern die Entscheidung gegen die Ansiedlung und bedanken uns für den konstruktiven Austausch mit den Bürger:innen und Gemeindevertreter:innen von St. Valentin. Das Votum des Gemeinderates von St. Valentin am 14. November respektieren wir und werden das Projekt nicht weiter verfolgen. Wir werden andere Möglichkeiten suchen, unser bestehendes Netzwerk in Österreich zu optimieren, damit Kund:innen ihre Bestellungen in der Qualität erhalten, die sie von Amazon erwarten. Unser Ziel ist es, weiter in den Standort Österreich zu investieren und lokale Arbeitsplätze zu schaffen.“
ÖVP ist entrüstet
Die ÖVP St. Valentin ist empört. Die die VP-Obmänner Michael Purkarthofer und Florian Schnetzinger sowie Fraktionsobmann Andreas Pum machen ihrem Ärger mit folgenden Worten Luft: „Mit einer unerwarteten Presseaussendung führte die SPÖ St. Valentin unter Bürgermeisterin Kerstin Suchan-Mayr und Fraktionsobmann Rafael Mugrauer eine politische Entscheidung ad absurdum. Herrschte noch im Vorfeld breiter Konsens, die Betriebsansiedelung des Handelsriesen Amazon in einer Sondersitzung des Gemeinderates zu entscheiden, preschten die Ortschefin und ihre Genossen jetzt vor und ließen Medien und Öffentlichkeit wissen, bei der GR-Sitzung am Dienstag, 14. November, geschlossen gegen das Amazon-Projekt zu stimmen. Nur wenige Tage zuvor hieß es noch, die Entscheidung über das Großprojekt in der Sitzung in geheimer Abstimmung und nicht öffentlich herbeizuführen.
Nach dieser Farce steht fest, dass wir uns als VP-Fraktion bei der Gemeinderatssitzung geschlossen der Stimme enthalten. Man kann nicht Unternehmen und der Bevölkerung auf der Nase herumtanzen und eine Sondersitzung beantragen, um dann mit der Macht der absoluten Mehrheit eine Entscheidung hinaus zu posaunen.
Die mehr als zwei Jahre andauernden Verhandlungen unter der Leitung von Stadtrat Rafael Mugrauer waren damit letztlich umsonst. Durch solche Vorgangsweisen sehen wir das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort St. Valentin jedenfalls zumindest mittelfristig schwer beschädigt. Hunderte neue Arbeitsplätze wurden durch die SPÖ-Führung in den letzten Jahren verhindert. Vor allem auch in wirtschaftlicher Hinsicht ist die Gemeindeführung massiv überfordert, und das nicht erst seit gestern“, fordern Purkarthofer, Schnetzinger und Pum ein sofortiges und klares Bekenntnis zur nachhaltigen Entwicklung der Stadt St. Valentin besonders auch in wirtschaftlicher Hinsicht.
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