Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Konditorei Hofer schließt ihre Pforten

Leserartikel Wolfgang Simlinger, 26.09.2024 16:10

ENNS. Mit Ende September schloss die Konditorei Hofer in der Wiener Straße ihre Pforten. Ursula und Sigi Unger führten den Betrieb fast 30 Jahre lang in achter Generation. Die Konditorei war auch über die Grenzen von Enns hinaus bekannt für ihre hausgemachten Mehlspeisen.

Ursula und Sigi Unger gehen ab Oktober in Pension (Foto: Wolfgang Simlinger)
Ursula und Sigi Unger gehen ab Oktober in Pension (Foto: Wolfgang Simlinger)

Für viele Ennser gehörte der sonntägliche Besuch beim Hofer nach dem Kirchgang einfach dazu. Ein opulentes Frühstück mit einer hausgemachten Torte, im Sommer ein Eisbecher. Das Holzbankerl an der Hauswand war im Sommer ein beliebter Treffpunkt für Leute, die Zeit für einen Tratsch und ein Schleckeis hatten. An heißen Sommertagen war der kühle Innenhof eine Klimaoase in der Innenstadt, wo man gemütlich einen Kaffee trinken oder einen opulenten Eisbecher genießen konnte.

Mehlspeisen selbst gemacht

Beim Hofer kam alles aus eigener Erzeugung. Sigi Unger erlernte ursprünglich den Beruf als Dreher, ging aber über 30 Jahre seiner Passion als Konditor nach und zauberte in der Backstube feine Torten, Schokopralinen und Eiscreme. Viele traditionelle Rezepte wurden von Konditormeister Sigi Unger übernommen, angepasst und verfeinert. Zusätzlich schuf der Konditor immer wieder neue Kreationen mit Bezug zur historischen Stadt Enns. Es entstand der Laurios-Lebkuchen mit Weichselfüllung oder der Leopold VI.-Lebkuchen mit Mandelstücken und Orangenfüllung. Ebenfalls schon sehr beliebt ist der Laurios-Taler, ein Nuss-Krokant in Vollmilchschokolade oder die Stadtrechtstorte mit viel Schokolade und Mandel- und Fruchtfüllung. Zudem bot die Konditorei 30 Speiseeissorten und bis zu 50 verschiedene Eisbecher an.

Traditionsreiches Gebäude

Vor fast 30 Jahren übernahmen Ursula und Sigi Unger das sogenannte Lebzelterhaus in der Wiener Straße 8, unweit des Ennser Stadtturms. Das Gebäude aus dem 16. Jahrhundert war ursprünglich von der Familie Winter bewohnt. Hans Winter, Stadtrichter von Enns, gab den Zöglingen der damaligen Lateinschule im aufgelassenen Minoritenkloster Kost und Quartier. Später wohnte Mathias Ferdinand Pumb, ein Vorfahre der Familie, hier. Er war der letzte Stadtrichter und der erste Bürgermeister, der im Alten Rathaus, dem heutigen Museum Lauriacum, amtierte. Seit 1595 darf in diesem Gebäude das Lebzeltergewerbe ausgeübt werden und auch nur an Gewerbetreibende weitergegeben werden, die diesen Beruf ausüben. Zum Gewerbe gehörten auch das Wachsziehen und das Metsieden, daher werden auch heute noch Kerzen für verschiedene Anlässe angeboten. Familie Unger führte den Betrieb in achter Generation seit 1745. Das Ehepaar nutzte in den 30 Jahren aber nur die Räumlichkeiten im Erdgeschoß. Im Obergeschoß befinden sich Wohnungen mit insgesamt 1.000 Quadratmetern Wohnfläche, die renoviert werden müssen und wahrscheinlich nur zu einem Teil genutzt werden können. Gewohnt haben die Ungers in der Nachbargemeinde Asten. „Wir werden wahrscheinlich das Haus verkaufen. Es gibt Leute, die am Gebäude interessiert sind und es weiterverpachten wollen. Allerdings sind am Haus Investitionen notwendig. Für die Stadt wäre es gut, wenn die Nachnutzung in Form eines Kaffeehauses erfolgt“, erklärt Sigi Unger.

Wirtschaftlich erfolgreich

„Das Geschäft ging immer gut, aber seit der Corona-Pandemie verzeichnete unser Geschäft einen wahren Boom. Wir konzentrierten uns auf den Gassenverkauf und haben wenig staatliche Hilfe in Anspruch genommen. Auch am Sonntag waren wir für unsere Kunden da. Dadurch konnten wir in den letzten Jahren noch einmal einen wirtschaftlichen Erfolg feiern“, erklärt Ursula Unger. Ehemann Sigi weist auf das gute Betriebsklima hin: „Wir zählen auf unsere Mitarbeiter und hatten nie ein Personalproblem. Wir brauchten auch nie auf die Suche nach Lehrlingen gehen, die sind von selbst gekommen.“

Sorge um Innenstadt

Die Zukunft der Altstadt sieht Ursula Unger allerdings kritisch: „Wir wünschen uns für die Zukunft mehr Belebung der Innenstadt. Leider ist alles rückläufig, denn in den letzten Jahren sind viele Geschäfte abgewandert oder haben geschlossen. Uns tun die Gäste leid, denn sie wissen nicht, wo sie in Zukunft hingehen sollen.“ Für viele Ennser war die Konditorei, die mit dem Ennser Wirtschaftspreis 2022 ausgezeichnet wurde, ein wichtiger Platz für den gesellschaftlichen Austausch. Der Ennser Ferdinand Pay hat es in Worte gefasst: „Seit meinen Kindheitstagen ist die Konditorei Hofer ein süßer Lebensbegleiter. Um sich eine Schaumrolle beim Hofer zu gönnen, war so mancher Gödschilling notwendig. Rückblickend bleibt der Gaumengenuss dieser Köstlichkeit unvergessen. Ein Highlight der Adventszeit war die Auslage der Konditorei Hofer, die die Kinder magisch anzog. Krampus und Nikolo waren die Hauptdarsteller, und Herr Hofer ließ die Rute des Krampus wie von unsichtbarer Hand furchterregend gegen die Scheibe schlagen. Dem Ehepaar Unger wünsche ich für den nächsten Schritt ihrer Lebensplanung alles Gute und ein letztes Dankeschön für diesen Dienst an ihren Gästen.“


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden