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Nach jahrelangem Kampf gründet Freinberger Selbsthilfegruppe für Schwerhörige

Elena Auinger, 15.04.2015 09:22

Freinberg. „Das Gehör ist der Zugung zu unseren Mitmenschen“, davon ist Rudolf Mairinger aus Freinberg überzeugt. Er ist seit seiner Kindheit stark schwerhörig. Schuld daran war die Kinderkrankheit Masern. Was für ihn folgte, war ein lebenslanger Kampf gegen Vorurteile und Unverständnis. Aber Rudi Mairinger hat einen eisernen Willen und möchte mit der Gründung einer „Selbsthilfegruppe für Schwerhörige“ Betroffenen im Bezirk eine Stütze bieten.

  1 / 2   Rudolf Mairinger gründet eine Selbsthilfegruppe für Schwerhörige. Das Gehör ist für ihn der Zugang zu den Mitmenschen. *Foto: Weihbold
Rudolf Mairinger hatte eigentlich einen guten Start ins Leben. 1948 als viertes Kind einer Bergarbeiterfamilie geboren, wuchs er mit Ziegen, Hasen, Hühner und einem schönen Garten zum Spielen auf. Bei seiner Einschulung 1954 konnte er bereits lesen und schreiben. Doch dann meinte es das Schicksal nicht gut mit dem kleinen lebenslustigen Jungen: Er bekam Masern Enzephalitis. Von da an ging es stetig bergab mit seinen Schulleistungen. Der wissbegierige Junge versuchte zu Hause seine Lerndefizite aufzuholen, nicht immer mit Erfolg. Nach der ersten Klasse Hauptschule kommt er nach einer Meningo-Enzephalitis nur knapp mit dem Leben davon. „Das weitere Schul- und Berufsleben war einfach eine einzige Katastrophe“, erklärt Rudi Mairinger rückblickend. „Ich hatte immer den Eindruck, dass alle anderen schlampig reden und ich sie deshalb so schwer verstehe. Ein Arbeitskollege hat mich dann einmal angesprochen und gesagt „Rudi, du hörst schlecht““, so Mairinger. Von diesem Tag an wusste Mairinger den Grund für sein jahrelanges Martyrium: Er ist schwerhörig. Seit 1987 trägt er nun Hörgeräte. Die Auswahl des richtigen Gerätes für ihn dauerte wieder einige Jahre. „Im November 2010 habe ich dann endlich das richtige Hörgerät für meine Art der Schwerhörigkeit gefunden“, erläutert der Freinberger. Aufgrund seiner langen Leidensgeschichte möchte er nun eine Selbsthilfegruppe für Schwerhörige im Bezirk Schärding gründen. „Die Gruppe soll ein Treffpunkt für Gleichgesinnte, Angehörige von Schwerhörigen und Interessierte sein, bei dem Erfahrungen ausgetauscht werden können. Es gibt keine Mitgliedschaft, sondern nur eine ungezwungene Gemeinschaft“, hofft Mairinger auf einen regen Austausch in der Selbsthilfegruppe. Das Gehör des Menschen* Im Mutterleib erkennt das Gehör bereits Umgebungsgeräusche oder vertraute Stimmen, wie die der Mutter und kann diese augenblicklich nach der Geburt zuordnen. Die Wahrnehmung der Mutter ist die erste auditive Prägung. Schwerhörigkeit kann in vielen Formen auftreten, kann seit der Geburt bestehen, genetisch bedingt sein, durch Lärmentwicklung passieren oder mittels Hörsturz entstehen. Auch Kinderkrankheiten wie Masern oder Mumps können Schwerhörigkeit auslösen. Wichtig ist vor allem, dass eine Schwerhörigkeit bereits in einem frühen Stadion erkannt wird und schnellstmöglich mit einer Hörgeräteanpassung versorgt wird. So können weitreichende Folgewirkungen verhindert werden. Drei Jahre nach Beginn der Schwerhörigkeit verlernt das Hörzentrum bereits bestimmte Hörmuster, nach sieben Jahren sind diese gelöscht. Das Gehör hat direkten Einfluss auf die geistige Entwicklung und Weiterentwicklung. Durch das Hören lernt, verarbeitet und interpretiert der Mensch. Tritt eine Hörstörung auf, hat man nicht nur das Problem schlecht zu hören, sondern vor allem auch schlecht zu verstehen. Wobei Verstehen sich nicht nur auf die korrekte akustische Wahrnehmung von Sprache bezieht, sondern auch wie schnell man im Interpretieren und Überlegen ist oder wie gut man sich etwas merken kann. Sprich wie das Kurzzeitgedächtnis funktioniert. Schlecht hören heißt nicht es muss lauter werden* Oftmals wird fälschlicherweise angenommen, dass es im Umgang mit einem schwerhörigen Menschen wichtig ist, mit Lautstärke zu kompensieren. Was dazu führt, dass regelrecht geschrien wird. Genau das Gegenteil ist allerdings der Fall. Lautstärke ist für eine Schwerhörigkeit in vielen Fällen sekundär. Geschwindigkeit und Deutlichkeit sind der Weg zum Ziel und zum besseren Verstehen. Ebenso ist der Sichtkontakt mit dem Gesprächspartner immens entscheidend. Dies gilt in vielen Fällen genauso für Menschen, die bereits Hörgeräte tragen. Auch hier ist der beste Weg langsam und deutlich zu sprechen. Das schont den schwerhörigen Menschen und die Stimmbänder des Kommunikationspartners. Hörgeräte sind kein Ersatz für ein gesundes Ohr* Manche kennen die Aussage „Jetzt hast du ja eh ein Hörgerät, wieso verstehst du mich trotzdem nicht?“ Hörgeräte bleiben eine Unterstützung. Wohlgemerkt eine wertvolle und wichtige Unterstützung, aber sie ergänzen kein gesundes Ohr. Was wiederum bedeutet, dass Menschen mit Hörgeräten ein Rest-Handikap bleibt, auf das die Umwelt Rücksicht nehmen muss.*Quelle: Bagus Hörsysteme, Johannes Graf

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