CETVINY/SÜDBÖHMEN. Als bedrückendes Symbol für die wechsel- und leidvolle Geschichte von Oberösterreich und Südböhmen steht der ehemalige Markt Cetviny/Zettwing an der Maltsch. Die Aussiedlung seiner deutschsprachigen Bewohner jährt sich heuer bereits zum 70. Mal.
Nach der Okkupation des Sudetenlandes durch Hitler-Deutschland mit dem Anschluss an der Gau Oberdonau 1938 hatten ab 1945 die deutschen Bewohner die Kriegsfolgen zu ertragen. In dieser Zeit herrschte praktisch Anarchie. Etwa ein Viertel der Einwohner flüchtete mit Hab und Gut zunächst über die Grenze in die Mühlviertler Nachbarorte.
Russen halfen mit
Oft halfen die russischen Besatzungssoldaten gegen Rum, Fleisch, Schmuck und Uhren bei dieser Unternehmung. „Der tschechische Kommissar Josef Chýle stellte sich schützend vor die deutschen Bewohner, sodass es in Zettwing zu keinen Gewaltvergehen kam“, weiß Hubert Roiss vom Zukunftsforum Freiwald, selbst Sohn eines ehemaligen Zettwingers. 1946 erfolgte in acht Transporten die Deportation der Zettwinger nach Deutschland. Nach der kommunistischen Machtergreifung 1948 kam es zum Aufbau eines strengen Grenzregimes. Noch bis 1951 wurde in der tschechischen Volksschulklasse unterrichtet, und der Pfarrer las bis dahin die Sonntagsmesse für die rund 40 verbliebenen Bewohner.
Dann räumte man Cetviny in der „Verbotenen Zone“ des „Eisernen Vorhangs“ mit Minengürtel. Die Schleifung der mehr als hundert Häuser erfolgte 1955/56. „Übrig blieben nur die Kirche als Wachturm und Stall sowie die Kaserne für die etwa 50 Mann starke Grenzwache, die sich als Eliteeinheit „Tiger von Zettwing“ nannte“, berichtet Roiss weiter.
Verhaftung, Flucht und Opfer am Eisernen Vorhang
Bis zur Wende 1989 prägten Verhaftungen und erfolgreiche Fluchten, aber auch Todesopfer, die Grenzszene am Eisernen Vorhang um Zettwing. 2003 erfolgte die Wiedereinweihung der renovierten gotischen Maria-Geburt-Kirche mit den 600 Jahre alten Fresken als tscheschich-österreichisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt. Am 13. und 14. August 2016 stehen nun „70 Jahre Aussiedlung“ in Cetviny/Zettwing im Mittelpunkt des schon traditionellen Zusammentreffens der Menschen beiderseits der Maltsch mit ihren ehemaligen Bewohnern. Das Zukunftsforum Freiwald, Plattform von sechs Mühlviertler Grenzgemeinden, betreut den „Erinnerungsort Zettwing“ und bietet für Gruppen zeitgeschichtliche Führungen an (Kontakt: 0664/73943727).
Samstag, 13. August 2016
14 Uhr: Festgottesdienst in Cetviny, gesataltet vom Marienchor St. Oswald bei Freistadt
Sonntag, 14. August 2016
14.30 Uhr: Miteinander singen, Familie Talírova
Cetviny ist auf einem Fußweg von rund 300 Metern über die Holzbrücke bei der Lexmühle in der Ortschaft Hammern, Gemeinde Leopoldschlag, zu erreichen. Reisepass nicht vergessen!
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