Handwerk: Heiße Eisen aus dem Feuer der Stadtschmiede
FREISTADT. Ihre heißen Eisen holen Karl Pölz und Johann Ruhmer (beide 78 Jahre alt) noch regelmäßig aus dem Feuer der Esse in der historischen Freistädter Stadtschmiede, in der seit mehr als 800 Jahren geschmiedet wird.
Woran erkennt man einen Schmied? An den rußgeschwärzten Händen, dem Lederschurz und daran, dass er schlecht hört. „Hammerderrisch hat man dazu gesagt“, weiß Klaus Elmecker vom Verein FLIP, welcher die alte Stadtschmiede seit vielen Jahren gemietet hat. An der Esse und am Schmiedehammer stehen beim Tips-Besuch die beiden Freistädter Karl Pölz und Johann Ruhmer und fertigen mit Hammer und Amboss Klampfen, Nägel und kleine Hufeisen – als Glücksbringer. Die beiden, die den Wiederaufbau des Hammerwerks im Thurytal maßgeblich vorangetrieben haben, lässt das Schmiedehandwerk auch mit 78 Jahren nicht los. In der alten Stadtschmiede in der Heiligengeistgasse, gleich neben dem Scheiblingturm, bringen sie ihre Eisen im Feuer zum Glühen.
Ein „Universalpfuscher“ mit Erfindergeist
„Wir machen ja nur mehr die letzten Zuckungen“, meint Ruhmer und Pölz ergänzt: „Ein junger Nachfolger wäre schon gut.“ Diesem würde Pölz sein umfangreiches Wissen ums Schmiedehandwerk gerne weitergeben. Er selbst hat Wagner gelernt, arbeitete bei der Voest, in der Köpplmühle und bei den Bundesbahnen in der Werkstatt. Sein Berufsbild bezeichnet der Freistädter selbst als „Universalpfuscher“, das Schmiedehandwerk hat er sich selbst beigebracht und dabei mehrmals seinen Erfindergeist unter Beweis gestellt. Auch für die Stadtschmiede hat er viele Werkzeuge eigens geschmiedet: „Mit denen kann man viel besser arbeiten, aber vor mir ist noch niemand auf die Idee gekommen“, liebt es Pölz zu tüfteln.
Brauch des Bierstachelns
Die Stadtschmiede ist dann und wann auch Schauplatz des alten Brauchs Bierstacheln, wie Johann Ruhmer und Klaus Elmecker vorzeigen. Dafür wird ein glühendes Eisen – ein spitzer Schürhaken, daher „stacheln“ – in das Bier getaucht und dieses so auf eine angenehme Trinktemperatur gebracht. Durch das heiße Eisen wird der Restzucker karamellisiert, das Bier wird angenehm und rund im Geschmack, der Schaum weich und cremig.
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