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Junge Pädagogin tauscht das Mühlviertel zwei Jahre lang mit Mexiko

Mag. Claudia Greindl, 23.09.2020 06:19

BAD ZELL. Ihre große Sehnsucht nach fernen Weltgegenden stillt Eva-Maria Oberndorfer mit einem großen Abenteuer: Die 29-jährige Volksschullehrerin unterrichtet in den kommenden zwei Jahren an einer österreichischen Auslandsschule in Mexiko.

  1 / 13   Eva-Maria Oberndorfer vor dem Kloster des Heiligen Kreuzes und Hauptquartier von Maximilian von Habsburg (Kaiser von Mexiko 1864 bis 1867) in Querétaro. Auf dem Gebäude flattern mexikanische und österreichische Flaggen. Fotos: privat

Santiago de Querétaro, etwa drei Autostunden nördlich von Mexiko-City, ist seit Anfang August die neue Heimatstadt der jungen Pädagogin. „Ich unterrichte Deutsch, Mathematik und Musik als Volksschullehrerin“, berichtet Eva-Maria Oberndorfer. Corona hat auch in Mexiko seit Beginn des Schuljahres den Unterricht auf den Kopf gestellt. Doch davon später, denn bis sie ihre Stelle antreten konnte, galt es für die 29-Jährige, zu Hause eine unüberschaubare To-Do-Liste von Vorbereitungen abzuarbeiten.

Wie die Idee entstand

Wie kam es überhaupt zur Idee, nach Mexiko zu gehen? „Ich bin in den vergangenen Jahren viel gereist, und je mehr ich von der Welt gesehen habe, desto größer wurde mein Fernweh. Schlussendlich wollte ich mich nicht mehr mit zeitbegrenztem Reisen zufriedengeben und begann Möglichkeiten zu suchen, um für längere Zeit im Ausland zu bleiben. Mexiko war nicht meine erste Wahl, doch nun darf ich dieses Land mein Zuhause nennen.“

Bürokratie-Slalomlauf

Schon im Oktober 2019, nach ihrer Bewerbung um die Stelle, begannen die Vorbereitungen im Kopf. In die Tat umgesetzt hat sie die junge Pädagogin ab Mitte März 2020, nachdem sie die Zusage erhalten hatte. Neben ihrer Lehrtätigkeit an der Volksschule Schönau galt es, zahlreiche Behördengänge zu absolvieren und einen Stapel an Bürokratie abzuarbeiten, um sich auf das neue Arbeitsleben vorzubereiten.

Alle Zelte abgebrochen

„Doch die meiste Aufmerksamkeit und Zeit verlangte mir das Abbrechen meines Lebens und das Organisieren meines Daseins in Mexiko ab“, erzählt Oberndorfer. Sie kündigte alle laufenden Verträge und Versicherungen, verkaufte ihr Auto, gab die Wohnung auf und organisierte den Transport ihres gesamten Hab und Gutes nach Mexiko. Auch mit der Kultur und der ihr bis dato nicht geläufigen Sprache befasste sich die Pädagogin. Ihre Familie freute sich sehr für sie. „Mein Vater erkundete gleich ganz Mexiko am Computer und packte sein bestes Spanisch aus.“ Aber natürlich kam auch Traurigkeit wegen der langen Trennung auf.

Großes Abschiedsfest

Nach einem großen Abschiedsfest für alle ihre Lieben stieg Eva-Maria Oberndorfer mit gemischten Gefühlen am 3. August ins Flugzeug. „Die Abreise war sehr schwer, vor allem meine Mutter hatte große Angst um mich und war sehr besorgt. Ich war traurig, hatte sogar ein bisschen Angst vor der neuen Situation, zugleich war ich aber dankbar für die Chance und neugierig auf das Kommende.“

Offene Arme und Herzen

Die ersten Tage in Santiago de Querétaro, einer Stadt auf rund 1800 Metern Seehöhe in den Kalttropen, waren schwierig, doch die Österreicherin wurde mit offenen Armen und Herzen empfangen. „Ich bekomme von Kollegen, neuen Freunden und Mitbewohnern und vor allem von meiner Spanischlehrerin große Unterstützung, was mir ein schnelles Eingewöhnen ermöglicht hat.“Der Unterricht begann bereits am 10. August. „Der Schulalltag unterscheidet sich nicht wesentlich von dem in Österreich, doch im Moment ist wegen Corona alles anders“, berichtet Eva-Maria. 

Unterricht nur online

Unterricht, Administration und Kommunikation laufen ausschließlich online, unterrichtet wird über eine einheitliche Online-Plattform. „Wir Lehrer laden alle Aufgaben in virtuellen Klassenräumen hoch und laden die Kinder in jedem Fach zweimal pro Woche zu Online-Stunden über Video ein.“ Bereits die Sechsjährigen arbeiten am Computer, können an Videokonferenzen teilnehmen, die Kamera und das Mikrofon bedienen, laden Aufgaben herunter, fotografieren diese ab und laden sie wieder hoch. „Bislang hatte ich weder persönlichen Kontakt zu meinen Schülern noch zu den Kollegen. Dafür kenne ich bereits alle Haustiere, die Familie, die Instrumente und die Spielsachen der Kinder, da diese oft ungewollt Teil unserer Onlinestunden sind“, schmunzelt die Lehrerin.

Ampelstufe Orange

Auch außerhalb des Unterrichts bestimmt Corona in Mexiko den Alltag. „Wir befinden uns in Ampelstufe Orange, die Infektionszahlen werden allerdings täglich niedriger. Ein öffentliches Gebäude darf nicht ohne Hand- und Schuhdesinfektion sowie Temperaturmessung betreten werden, Supermärkte dürfen nur von Einzelpersonen aufgesucht werden. Jeder zweite Parkplatz muss frei bleiben, es werden immer überall Masken getragen, auch auf der Straße. Querétaro hat angeblich dadurch ein wenig an Farbe verloren, besonders die Innenstadt soll nun bedeutend ruhiger sein.“

Vorsicht geboten

Trotz der unterschwellig immer präsenten organisierten Kriminalität und Korruption, die man als Ausländer kaum mitbekommt, ist große Vorsicht geboten. „Ungewöhnlich mögen einem die schwer bewaffneten Polizisten, die elektrischen Zäune auf den Hausdächern und die mehrfach verschlossenen Hauszugänge erscheinen. Verbringt man längere Zeit hier und spricht mit Einheimischen, entdeckt man, dass hier in der Frage der Sicherheit eine absolut andere Situation herrscht als in Österreich.“ Zugleich macht Eva-Maria Oberndorfer die Herzlichkeit der Mexikaner oft ein wenig sprachlos. Nicht nur die österreichischen Auswanderer sind eine Familie, auch bei den Einheimischen hat die 29-Jährige durch ihre Mitbewohner schon Freunde gefunden. „Es ist schön, bereits nach so kurzer Zeit Teil einer mexikanischen Community zu sein.“

Eine Familie gewonnen

Besonders einprägsam war für Oberndorfer in diesem Zusammenhang die Wohnungssuche: „Ich war mit einer Maklerin und ihrem Mann in der Stadt unterwegs, um Wohnungen und Häuser zu besichtigen. Der Tag endete mit einem Abendessen am Familientisch und einer Nachricht, als ich mit dem Taxi zu Hause ankam, dass ich nun eine Familie in Mexiko habe, auf die ich mich immer verlassen kann.“

Schwieriger Autokauf

Weit weniger angenehm wird der jungen Lehrerin der Kauf eines Autos in Erinnerung bleiben: „Es war eine enorme Herausforderung, die Details in einer Fremdsprache zu erfassen und Preisverhandlungen auf Spanisch zu führen. Danach standen mir die Schweißperlen auf der Stirn.“ Schweißtreibend ist übrigens vielfach auch das mexikanische Essen. „Es schmeckt besonders gut, aber mein Gaumen war nicht an die Vielfalt und schon gar nicht an die ausgeprägte Schärfe gewöhnt“, sagt Eva-Maria.

Heuschrecken mit Sauce

Anfangs ernährte sie sich nur von Tacos, mittlerweile hat sie schon viele Gerichte gekostet und noch nichts entdeckt, das ihr nicht zusagte. „Auch Heuschrecken schmecken sehr gut, wenn man sie mit Guacamole (Avocadosauce) und Nachos (Tortilla-Chips, Anm. d. Red.) genießt!“


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