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Erinnerungen an das Jahr 1945: „Hätten Sie nicht Kinder daheim, ich müsste Sie ins KZ schicken!“

Mag. Susanne Überegger, 08.02.2022 07:54

SCHÖNAU. Tips-Leser Markus Staudacher erinnert sich, wie seine Mutter im Jänner 1945 um ein Haar ins KZ Mauthausen verfrachtet worden wäre, bloß weil sie in einer unbedachten Äußerung Mitleid mit einem geflüchteten Häftling des KZ Mauthausen gezeigt hatte.

Markus Staudacher aus Schönau erinnert sich in seinem Leserbrief an die Erzählungen seiner Mutter über ein Ereignis, das sich während des Krieges im Jahr 1945 zutrug. (Foto: Tips)

Der Tips-Bericht zum Holocaustgedenktag veranlasste den Schönauer, uns Folgendes zu berichten: In der Chronik des Gendarmeriepostenkommandos von Schönau findet sich folgender Eintrag: „29.1.1945 gegen 9 Uhr wurde der entsprungene KZ Häftling Benjamin Mayer (Volljude) von Landwachtpostenführer Ant. Kampf aus Schönau aufgegriffen und der Dienststelle hier überstellt. Zwecks weiterer Veranlassung erfolgte die Übergabe des B. Mayer an die Gestapo Linz.“ (...)

Der Briefträger brüstete sich mit seiner „Heldentat“

Markus Staudacher weiß aus den Erzählungen seiner Mutter: „An der Festnahme Mayers war auch eine weitere Person dieser ,Landwacht‘ beteiligt. Diese war bedienstet als Briefträger und hat sich noch am selben Tag bei meiner Mutter gebrüstet und ihr erzählt, das er ,einen echten Juden‘ auf der Straße gesehen habe und dies natürlich gleich gemeldet hätte. Meine Mutter hat ihm darauf emotional geantwortet: ,Ach der arme Kerl, ihr seid ja schlimmer als die Kommunisten!‘ Auf diese Reaktion meiner Mutter hin ging er (der Briefträger, Anm.) sofort zum Ortsgruppenleiter nach Schönau und berichtete ihm davon. Umgehend erhielt meine Mutter Mitteilung, unverzüglich beim Ortsgruppenleiter (...) zu erscheinen.

„Gehen Sie heim und dass ich von Ihnen nichts Derartiges mehr höre!“

Im Gemeindeamt sagte dieser ihr, was er von ihrer Äußerung bezüglich der Festnahme des geflüchteten Juden Mayer erfahren habe. ,Wenn nicht Ihr Mann eingerückt wäre und Sie nicht daheim drei kleine Kinder (...) und eine Landwirtschaft hätten, könnte ich nicht anders, als Sie sofort zu verhaften und nach Mauthausen bringen zu lassen. So aber kann ich davon absehen. Gehen Sie heim und dass ich von Ihnen nichts Derartiges mehr höre!‘“