Die Sache mit dem Wolf: „Herdenschutz alleine ist gut, aber zu wenig“

Mag. Claudia Greindl Tips Redaktion Mag. Claudia Greindl, 29.03.2023 19:31 Uhr

LIEBENAU. Totschießen auf Teufel komm heraus, das ist nicht das Mittel der Wahl, um dem Wolf als Beutejäger von Haus- und Nutztieren in unserer Region beizukommen. Vielmehr ist es ein Maßnahmenbündel aus einheitlichen gesetzlichen Verordnungen, zumutbarem Herdenschutz und einer Änderung des EU-Schutzstatus, mit dem man Meister Isegrim in die Schranken weisen will. Das war die Quintessenz der Infoveranstaltung der Waldviertler Initiative Wolfstopp im gut gefüllten Pfarrsaal Liebenau.

„Schießen, schießen, schießen“ - so die Forderung eines Landwirts bei der Diskussion in Liebenau, ist keinesfalls die Lösung für die Initiative Wolfstopp. Eine gesetzeskonforme Regulierung des Bestandes soll es vielmehr sein, für den die Weichen ab 3. April in Niederösterreich gestellt sind und es nach Ostern auch in Oberösterreich werden. Seit 2018 ist der Wolfsbestand im Mühl- und Waldviertel gewaltig angestiegen. „Realistisch sind 30 bis 40 Wölfe in mehreren Rudeln in der Region, dazu kommen Einzeltiere, die ihr Rudel verlassen müssen“, informierte Gottfried Diwold, Jagdsachverständiger des Landes OÖ und einer von fünf Wolfsbeauftragten in unserem Bundesland. Die Zahl der Risse von Nutztieren sei im selben Zeitraum relativ niedrig geblieben. „Das heißt, Wölfe können schon auch unauffällig bleiben“, so Diwold. Immer wieder kommt es jedoch vor, dass Weidetiere wie Schafe und Kälber Opfer von Wolfsangriffen werden. „Daher brauchen wir genaue gesetzliche Regelungen, um diese auffällig gewordenen Wölfe entnehmen zu können. Herdenschutz alleine ist gut, aber zu wenig“, betonte Gerhard Fallent, Obmann der Initiative Wolfstopp, selbst Schafbesitzer aus Langschlag, der neun Tiere an den Wolf verloren hat.

„Hüter unserer Tiere“

Wie berichtet, hat das Land OÖ einen Vier-Maßnahmen Plan in Sachen Wolf vorgestellt, der auch eine Förderung von Herdenschutzmaßnahmen von bis zu 50 Prozent umfasst. In Niederösterreich sind bis zu 80 Prozent der Kosten förderbar. Allein bei Gerhard Fallents ein Hektar großer Schafweide würde ein wolfssicherer Elektrozaun jedoch 5000 Euro kosten. Bio-Schafbauer Karl Groiss aus Langschlag lässt seine 350 bis 400 Mutterschafe auf vielen Hektar Grasland weiden. „Ich bräuchte 15 Herdenschutzhunde oder muss ein Vermögen in die Umzäunung investieren und den Zaun dann auch noch händisch ausmähen, weil die Schafe unter den Elektrolitzen das Gras nicht abweiden“, so der Waldviertler, ebenfalls im Vorstand der Initiative Wolfstopp. Mittlerweile hat er seine Herden auf eigene Kosten mit einem Elektrozaun mit fünf Litzen und 110 cm Höhe geschützt. „Wir Bauern sind nicht die Jäger des Wolfes, sehr wohl aber die Hüter unserer Tiere. Wer den Wolf haben will, soll auch die Kosten dafür übernehmen“, formuliert Groiss die Forderung. Herdenschutz soll nicht aus dem Agrarbudget der Länder, sondern aus dem Naturschutzbudget finanziert werden. Diesem Anspruch schloss sich bei der Diskussion auch Christian Dörfel, Clubobmann der ÖVP im OÖ Landtag und Bürgermeister in Steinbach der Steyr, an.

Kulturlandschaft verwildert

Umstritten ist, je nach Ansicht der Befürworter oder der Gegner, ob Wölfe zur Artenvielfalt in ihrem Lebensraum beitragen oder sie einschränken. Keinen Zweifel ließen die Teilnehmer der Info-Veranstaltung jedoch daran, dass viele Nebenerwerbs-Bauern oder Hobby-Tierhalter ihre Wirtschaft aufgeben werden, wenn teurer Herdenschutz finanziert werden muss oder der Wolf ihre Tiere heimsucht. Dann stehe unsere gepflegte Kulturlandschaft in Frage. „Wir können nicht wollen, dass alles verwildert und zuwächst, wenn die Kleinbauern aufhören“, meinte auch der Landtagsabgeordnete Josef Rathgeb, Bürgermeister in Oberneukirchen, sinngemäß. Das tue auch dem Tourismus nicht gut, um den sich auch der Liebenauer Bürgermeister August Reichenberger Sorgen macht. „Es kann nicht sein, dass sich Erholungssuchende wegen des Wolfes nicht mehr in unsere Wälder wagen und sich lieber sichere Ausflugsziele wie eine Therme suchen.“ Speziell in das Naherholungsgebiet Tanner Moor sei gerade viel Geld investiert worden - eine Gegend, die die Wolfstopp-Initiative als Paradiesgarten für den Wolf bezeichnet.

Die Sache mit der Angst

Neben den finanziellen Aufwänden und den erlittenen Schäden durch Wolfsangriffe wiegt auch die gefühlte Bedrohung der persönlichen Sicherheit schwer. Sylvia Käfer aus Langschlag, Kindergartenleiterin in Sandl, beteiligt sich aus zwei Gründen an der Initiative Wolfstopp: „Ich möchte auch in Zukunft noch in den Wald spazieren gehen können, ohne Angst zu haben. Und ich möchte nicht die Verantwortung übernehmen müssen, wenn ich mit den Kindern im Kindergarten einen Waldausflug mache und wegen des Wolfes etwas passiert - das muss jetzt gar kein Angriff sein, es reicht ja schon, wenn sich die Kinder erschrecken und davonlaufen und wir finden ein Kind nicht mehr.“ Die Bildungsdirektion habe ihr auf Anfrage empfohlen, eine private Haftpflichtversicherung abzuschließen. Selbst Josef Mühlbachler, ehemaliger Obmann der Bezirksbauernkammer Freistadt und des Bauernbunds, verhehlt nicht, im Wald den Gedanken an den Wolf immer im Hinterkopf zu haben. „Man merkt es außerdem schon jetzt, dass es im Wald ruhiger geworden ist. Der Wolf braucht Futter, und der Rest des Wildes versteckt sich gut“, so der Obmann der Schutzgemeinschaft Natura 2000.

Schon 2018 Forderungen formuliert

Bereits im Frühling 2018 war die Wolfsproblematik in Liebenau ein heißes Thema gewesen. Damals hatte Josef Mühlbachler nach zwei Runden Tischen mit dem damaligen Agrarlandesrat Max Hiegelsberger fast 4000 Unterschriften von besorgen Menschen aus der Region übergeben. „Wir brauchen ein Konzept zum Schutz von Weidetieren, zur Schadensabgeltung und zum langfristigen Umgang mit dem Wolf“, lauteten damals die Forderungen an das Land OÖ, an denen sich bis heute offenbar nichts geändert hat.

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