
FREISTADT. Mit einem guten Gefühl geht die amtierende Bezirkshauptfrau Andrea Außerweger in wenigen Tagen in den Ruhestand. „Ich übergebe meiner Nachfolgerin Andrea Wildberger ein gutes Haus und einen guten Bezirk“, ist die Unterweißenbacherin sicher.
In ihrem Büro im zweiten Stock der Bezirkshauptmannschaft Freistadt gaben sich dieser Tage viele Bürgermeister und Entscheidungsträger, Wegbegleiter und Freunde die Klinke in die Hand. „Ich mache keine große Abschiedsfeier, lieber rede ich mit allen ein paar persönliche Worte“, sagt Andrea Außerweger im Tips-Gespräch. Wie im Flug seien die fünf Jahre seit ihrem Amtsantritt am 1. Oktober 2018 vergangen, und das, obwohl die Herausforderungen dieses halben Jahrzehnts beileibe keine kleinen waren. Die größte darunter war wohl die Corona-Pandemie. „Dabei ist mir zugute gekommen, dass ich gleich am Anfang meiner Freistädter Zeit den Kontakt zu den Einsatzorganisationen und allen regionalen Playern gesucht habe“, blickt sie zurück. „Bei der Pandemie haben wir dann bei aller Unsicherheit doch gewusst, was jeder zu tun hat und wo alle Verantwortlichen zu finden sind.“
Bei der Bewältigung der Corona-Krise habe ihr auch ihr Erfahrungsschatz aus den Donau-Hochwassern 2002 und 2013 (damals war Außerweger Leiterin der Abteilung Sicherheit und Verkehr an der BH Urfahr-Umgebung) und ihre gute Ausbildung im Krisenmanagement geholfen. „Und natürlich haben meine Mitarbeiter Außerordentliches geleistet, auch vom Land Oberösterreich hat es viel Unterstützung gegeben, all das hat mir viel Kraft gegeben“, fügt die 65-Jährige hinzu.
Die Impfdebatte, die Corona-Spaziergänge und die Demonstration von Impfgegnern vor dem Klinikum „musste man zulassen, aber wir haben alle schon genau beobachtet“. Auch die Flüchtlingswelle aus der Ukraine 2022 sei gemeinsam mit den Bürgermeistern gut gemeistert worden.
Stolz auf Integrationspreis
Integration war Andrea Außerweger ohnehin stets ein Anliegen. Stolz ist sie auf das während ihrer Amtszeit umgesetzte Integrationsprojekt Deutsch in Kindergärten. „In unseren Kindergärten werden neun Sprachen gesprochen, und Deutsch ist der Grundstein für eine gelungene Entwicklung und dafür, sich in der Gesellschaft artikulieren zu können.“ Das Projekt, das mit dem Integrationspreis bedacht wurde, geht 2023 in die Verlängerung.
Doppelmord unvergessen
Zu den schlimmsten Erinnerungen von Außerwegers fünfjähriger Amtszeit gehört der Doppelmord, den ein afghanischer Asylwerber im Oktober 2019 an einem Rotkreuz-Mitarbeiter und einem pensionierten Landwirt in Wullowitz verübt hatte. „Dieser Vorfall hat mich lange beschäftigt, das kann man auch nach Dienstschluss nicht einfach wegstecken.“
Erschüttert haben die scheidende Bezirkshauptfrau auch Vorfälle von Misshandlungen an Kindern und Verwahrlosungen von Menschen. „In diesen Fällen mussten wir sofort reagieren, ich hätte nicht gedacht, dass es im Mühlviertel solche tragischen Fälle gibt.“
Schwerpunkt Sozialbereich
Besonders interessiert hat Andrea Außerweger stets der Sozialbereich. Dem Sozialhilfeverband (SHV) Freistadt steht sie als Obfrau vor. „Vom Pflegenotstand sind unsere Seniorenheime natürlich auch betroffen, dank eines Fachhochschul-Projekts, das sich mit dem SHV als gutem Arbeitgeber befasst, kann derzeit wieder Personal in Freistadt aufgestockt werden. Weiterhin müssen wir natürlich die Rahmenbedingungen für das Pflegepersonal verbessern und ein möglichst gutes Arbeitsklima schaffen“, sieht sie eine Hausaufgabe für ihre Nachfolgerin Andrea Wildberger.
Die Engerwitzdorferin, die aus Zulissen (Rainbach) stammt, wird ihren ersten Arbeitstag in der Bezirkshauptmannschaft am 2. Oktober haben. „Sie ist sehr engagiert, wir haben uns gut ausgetauscht, und sie hat 132 tüchtige, verlässliche Mitarbeiter an ihrer Seite“, sagt Andrea Außerweger. Sie habe diese gefordert, aber auch stets gefördert. „Ich gehe mit einem guten Gefühl und hinterlasse eine gute Basis.“
Familie, Reisen, Italienisch lernen
Ihren Ruhestand will sie nutzen, um künftig wieder mehr Reisen zu unternehmen und Italienisch zu lernen. „Mir gefallen die italienische Küche und das südländische Temperament.“ Außerdem möchte Außerweger ihren Freunden und der Familie wieder verstärkt Zeit widmen. „Ich habe viele liebe Leute und Wegbegleiter kennengelernt und freue mich, den einen oder anderen in der Pension wiederzusehen.“