Wettervorhersage mit Tieren und Pflanzen - Gmundner Meteorologe beschreibt, was funktioniert und was nicht
GMUNDEN. Satellitenbilder, Radiosonden, Niederschlagsradar – in seiner täglichen Arbeit stützt sich der Meteorologe Alexander Ohms auf wissenschaftliche Methoden und harte Fakten. Privat erforscht der Wahlgmundner traditionelle Vorhersagemethoden wie die „Bauernregeln“. Tips traf den Autor von „Wetterprophet Natur“ zum Gespräch.
Tips: Sind für einen Meteorologen die alten „Wetterregeln“ nicht einfach Unsinn? Wie sind Sie darauf gekommen, sich damit zu befassen?
Alexander Ohms: Meteorologie ist eine hochkomplexe Wissenschaft. In den letzten Jahren sind durch den Einsatz von hoch entwickelter Technik die Prognosen auch immer besser geworden. Aber dann fragt man sich: Was haben die Menschen früher gemacht – zum Beispiel in der Landwirtschaft, wenn es darum geht, ob das Wetter für die Ernte passt? Das hat mich interessiert – gerade, weil ich weiß, wass wir an den modernen Methoden haben. Man darf da nicht überheblich sein – immerhin hat sich das über Jahrhunderte entwickelt.
Tips: Zu welchen Erkenntnissen sind Sie gekommen?
Ohms: Es ist schon viel Humbug dabei. Bei vielen Bauernregeln weiß man auch nicht, wann und wo sie entstanden sind. Sie stimmen vielleicht für eine Gegend in Norddeutschland, im Salzkammergut ist es ganz anders. Manches stimmt aber auch. Und auch bei Tieren und Pflanzen kann man viele Schlüsse ziehen.
Tips: Haben Sie eine „Lieblingswetterregel“ oder andere traditionelle Vorhersagemethode, wie etwa den Wetterfrosch?
Ohms: Lustig finde ich das mit der Katze: Wenn sie aufhört, sich ständig zu putzen, wird das Wetter schlecht. Das ist physikalisch-wissenschaftlich gut nachvollziehbar: Bei trockener Luft entstehen im Katzenfell elektrische Ladungen, die unangenehm sind. Daher putzt sie sich ständig, um sich zu befeuchten und die Ladung loszuwerden. Wenn die Luft feucht ist, hat sie das Problem nicht. Hört eine Katze daher im Sommer plötzlich mit dem verstärkten Putzen auf, kann das ein Hinweis auf ein Gewitter sein.
Besonders verlässlich ist die „Siebenschläferregel“: „Regnet es am Siebenschläfertag, es noch sieben Wochen regnen mag.“ Das stimmt in drei Viertel der Fälle – allerdings nicht auf den Tag genau. Wenn sich aber zwischen 25. Juni und 5. Juli eine stabile Hochdruckwetterlage etabliert hat, dann bleibt sie wahrscheinlich in den nächsten Wochen. Das wende ich auch in der Arbeit an.
Tips: Wie weit kann man seriös in die „Wetterzukunft“ schauen?
Ohms: Das kommt auf die Wetterlage an. Von Mai bis August war es heuer schwierig. Vieles passiert vor Ort, kein Wettermodell kann vorhersehen, ob ein bestimmtes Gewitter beim Traunstein abgeht oder wo anders. Im Herbst gibt es viel exaktere Prognosen, da bestimmen längerfristige Faktoren das Wetter. Wenn es eine Hochwetterlage gibt, kann das sogar zehn Tage gut gehen. Im Normalfall sind in Mitteleuropa vier bis fünf Tage seriös möglich. Wenn man jetzt schon eine detaillierte Wetterkurve für die Zeit bis Jänner erstellt, ist das Humbug. Auf so etwas sollte man sich nicht verlassen.
Tips: Was am Traunsee immer ein Thema ist, sind die Sturmwarnungen. Wie entstehen die?
Ohms: Das ist von April bis September ein Riesenthema. Das Gesetz sieht vor, dass sie ab 60 Stundenkilometer gilt. Die Landeswarnzentralen werden von uns alarmiert, sodass im besten Fall eine halbe Stunde vor den Sturmböen die Sturmwarnungen eingeschaltet werden. Wenn eine Front von Bayern her kommt, kann man das gut berechnen. Schwierig ist es, wenn sich zum Beispiel über der Viechtau etwas entwickelt. Das kann innerhalb von einer Viertelstunde gehen. Zudem dauert es zehn Minuten, bis ich die aktuellen Bilder auf dem Schirm habe. Da kann es dann sein, dass die Sturmwarnung erst wenige Minuten vor der ersten Böe eintrifft. Deshalb sollte man das auch immer ernst nehmen. Aber im heurigen Sommer gab es nur wenige klassische Sturmtage in Oberösterreich.
Tips: Besonders auffällig waren dafür die häufigen Starkregen-Ereignisse.
Ohms: Aus meteorologischer Sicht waren es insgesamt nicht mehr als in anderen Jahren, allerdings war das nördliche Salzkammergut besonders betroffen. Da hängt dann vieles vom Zufall ab. Es gab heuer das Pech, dass mehrmals Gewitter von Südwesten aufgezogen sind und sich am Traunstein massiv verstärkt haben. Wenn man es über einen langen Zeitraum betrachtet, kann man allerdings schon feststellen, dass Starkregen seit den 1970er Jahren zunimmt.
Buchinfos:
„Wetterprophet Natur - So nützt man Tiere und Pflanzen zur Wettervorhersage“
Ennsthaler Verlag Steyr
ISBN 978-3-85068-958-8
168 Seiten, 14,90 Euro
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