„Für meinen Vater gab es die Familie, die Gisela und den See“
EBENSEE. Das Dampfschiff Gisela feiert dieses Jahr den 150. Geburstag. Eng verbunden mit der Geschichte der Gisela, einem der ältesten, noch in Betrieb stehenden Dampfschiffe der Welt, ist der Name Walter Schiffbänker aus Ebensee, der heuer 100 Jahre alt geworden wäre.
An einem Sommertag im Jahr 1938 zogen finstere Wolken über den Traunsee herein. In der Ferne vernahm man bereits das erste Donnergrollen und die Wellen wurde immer unruhiger. Ein Blitz zuckte über den Himmel und erleuchtete den See. Draußen auf dem Wasser war ein kleines Boot der Vermietung in Seenot geraten. Der 17-jährige Walter Schiffbänker zögerte keine Sekunde, schnappte sich ein Ruderboot und kam den Insassen zur Hilfe.
Traumberuf Schiffskapitän
Der damalige Kapitän des Dampfers Gisela, Fritz Ippisch, beobachtete das Geschehen. Er staunte über das Geschick des jungen Bootsvermieters und bot ihm daraufhin eine Stelle bei der Traunsee Schifffahrt an. So gelang es Walter Schiffbänker, der am 7. September 1921 in Ebensee das Licht der Welt erblickte, in die Fußstapfen seiner Eltern zu treten. Beide arbeiteten auf Schiffen am Traunsee. Mit viel Ehrgeiz und Tatendrang absolvierte Walter Schiffbänker die erste Schiffsführerprüfung. Nach dem Krieg – Schiffbänker wurde zur Wehrmacht eingezogen – absolvierte er noch jene Prüfungen, um die „Elisabeth“ zu steuern. 15 Jahre lang war er Kapitän des Gisela-Schwesternschiffs, ehe er 1970 das Kommando über die „Königin des Traunsees“ übernahm. Benannt nach der ältesten Tochter Kaiser Franz Josephs wird der historische Raddampfer heuer 150 Jahre alt.
Wegen Gisela hing auch einmal der Haussegen schief
„Für meinen Vater gab es unsere Familie, die Gisela und den Traunsee. Als Vater jedoch einmal einen Blumenstrauß, den wir Kinder unserer Mutter verehrt hatten, just zur Dekoration einer Feier auf der Gisela benötigte und auch umfunktionierte, hing sogar bei uns einige Tage der Haussegen schief“, erinnert sich der Sohn des Kapitäns, der denselben Namen trägt. Kapitän Walter Schiffbänker mochte die Menschen, und die Menschen mochten ihn. Vielen ist noch in Erinnerung, wie er von der Kommandobrücke grüßte. Die Menschen rund um den Traunsee, von Gmunden über Altmünster und Traunkirchen bis Ebensee, Einheimische wie Gäste, erwiderten seinen Gruß vom Ufer aus mit einem Winken.
Von der Pension wieder ans Steuerrad
Die Jahre vergingen und der Zahn der Zeit nagte auch an Gisela. Im Jahr 1981 sollte der Schlusspunkt unter dem Kapitel gesetzt werden und Schiffbänker trat in den wohlverdienten Ruhestand. Doch die „Freunde der Stadt Gmunden“ hatten sich die Renovierung der Gisela in den Kopf gesetzt. Der Kapitän wurde mit an Bord geholt und fungierte als Berater. Nach fünf arbeitsreichen Jahren war Gisela bereit zum Auslaufen. Das einzige Problem war ein fehlender Kapitän, aber wieder war Walter Schiffbänker zur Stelle. Im Jahr 1991, im Alter von 70 Jahren, trat Schiffbänker endgültig in den Ruhestand. Nach einer schweren Erkrankung verstarb er am 3. Jänner 1995. „Für mich war er Vater, Freund und Vorbild zugleich“ resümiert sein Sohn, anlässlich des 100. Geburtstags von Walter Schiffbänker.
Bis heuer längstdienender Traunsee-Kapitän
Und auch der heutige Eigentümer der Traunsee-Schifffahrt, Karlheinz Eder, spricht stets in den höchsten Tönen von seinem früheren „Lehrmeister“. In dieser Sommersaison wird er Schiffbänker, der 37 Jahre lang im Einsatz war, als dienstältester Traunsee-Dampfschiffkapitän ablösen.
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