„Situation auf den Intensivstationen ist nach wie vor sehr kritisch“
SALZKAMMERGUT. Am 17. Dezember endet der Lockdown auch in Oberösterreich. Wie die Lage derzeit auf den Intensivstationen des Salzkammergut Klinikums aussieht und was es mit den Impfdurchbrüchen auf sich hat: Tips hat bei Primar Dr. Christian Dopler und Pflege-Stationsleiter Christian Schindlauer von der Intensivstation Vöcklabruck nachgefragt.
73 Covid-Patienten werden derzeit (Stand vom 10. Dezember) im Salzkammergut Klinikum betreut. Davon benötigen 19 einen Platz auf der Intensivstation: drei sind in Bad Ischl untergebracht, sechs in Gmunden und zehn in Vöcklabruck.
Sie alle sind schwer krank: Allein auf der Station von Primar Dr. Christian Dopler, Leiter des Instituts für Anästhesie und Intensivmedizin in Vöcklabruck, benötigen zwei Patienten eine ECMO – eine Maschine, die teilweise oder vollständig Atemfunktionsleistungen für den Patienten außerhalb seines Körpers übernimmt. Auch alle anderen müssen beatmet werden, erzählt Dopler.
Nur schwerkranke Menschen auf der Intensivstation
Den in sozialen Medien verbreiteten Gerüchten, wonach Corona-Kranke ohne triftigen Grund auf die Intensivstation verlegt würden, „damit die Zahlen stimmen“, tritt er entgegen: „Unsere Betten sind auch im Normalfall immer voll – mit Patienten nach schweren Unfällen oder Operationen. Jetzt sind wir aber in einer absoluten Krisensituation, weit entfernt von der Normalität. Wir wären froh, wenn wir freie Betten hätten“, so Primar Dr. Christian Dopler.
Auch Christian Schindlauer, Diplomkrankenpfleger und Stationsleiter auf der Intensivstation, kann über solche Gerüchte nur den Kopf schütteln: „Es gibt da vollkommen absurde Aussagen, zum Beispiel dass im Datenmanagementsystem irgendwelche Symbole geändert werden, um geimpfte Patienten zu ‚verstecken‘ und ähnliches. Vielen ist nicht bewusst, wie ernst diese Krankheit wirklich ist. Jetzt gerade wird bei uns auf der Station ein Patient intubiert, der uns bis gestern nicht geglaubt hat, dass seine Symptome wirklich von Covid kommen“, so Schindlauer. In der vierten Welle falle ihm zudem auf, dass immer mehr jüngere Menschen wirklich schwer erkranken.
„Von den 19 Patienten sind 18 ungeimpft“
Derzeit sei der „typische“ Covid-Patient auf der Intensivstation „zwischen 40 bis 55 Jahre alt und nicht geimpft“, konkretisiert Dr. Christian Dopler. Auch bei körperlich fitten und jungen Menschen könne es schwere Verläufe geben.
Impfdurchbrüche, die auf der Intensivstation landen, sehe er kaum: „18 unserer aktuell 19 Covid-Patienten sind ungeimpft. Bei der geimpften Person liegt die letzte Impfung schon mehr als sechs Monate zurück. Man kann daher auch in diesem Fall eigentlich nicht von einem Impfdurchbruch sprechen, denn dass der Impfschutz nach dieser Zeit nachlässt, ist ja bekannt. Daher wird ja auch zur Boosterimpfung geraten“, erklärt Dr. Christian Dopler.
Wichtige Krebs-OPs müssen verschoben werden
Insgesamt stehen in den drei Häusern des Salzkammergut Klinikums – Vöcklabruck, Gmunden und Bad Ischl – im Normalfall 28 Intensivbetten zur Verfügung. „Wenn wir allein 19 für Covid-Fälle benötigen, haben wir weniger Platz für andere Patienten“, erklärt Primar Dr. Dopler. So müssten etwa notwendige Krebs-Operationen über längere Zeit verschoben werden – einfach, weil es kein freies Intensivbett für die Nachbetreuung gibt.
Man habe zwar sechs zusätzliche Betten schaffen können, sehr viel mehr sei aber nicht mehr möglich, erklärt der Primar. Dazu brauche es einerseits die entsprechende Infrastruktur für Monitoring und Beatmung – und auch das entsprechende Personal, etwa aus dem Anästhesie-Bereich.
Für ihn zeige die aktuelle Situation eine „fehlende Solidarität der nicht geimpften Bevölkerung gegenüber den Menschen, die die Intensivbetten brauchen“, so der Primar. Auch Pflegeleiter Christian Schindlauer appelliert: „Wir müssen zusammenhelfen. Jeder sollte über eine Impfung nachdenken, auch, wenn er es kritisch sieht.“
„Wir sind weiterhin in einer absoluten Krisensituation“
Denn: Auch wenn sich der Lockdown seit einigen Tagen langsam auch auf den Intensivstationen mit sinkenden Belagszahlen bemerkbar macht: „Wir sind weiterhin in einer absoluten Krisensituation“, betont Primar Dr. Dopler. „Oberösterreichweit hatten wir einen Spitzenwert von 140 Intensivpatienten, derzeit sind es 104. Für einen Normalbetrieb müssen wir aber auf unter 25 kommen – für das gesamte Bundesland“, so Dopler.