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Apotheker Hrovat: "Wir müssen Patienten wegschicken, weil wir keine Antibiotika haben"

Mag. Lisa-Maria Laserer, 14.03.2023 18:00

BEZIRK. Seit circa sechs Monaten ist die Verfügbarkeit von Kinderantibiotika in Saftform gering. Nun hat sich die Lage dramatisch zugespitzt. So auch im Bezirk Gmunden.

Knappheit an Antibiotikasäften für Kinder (Foto: stock.adobe.com)
Knappheit an Antibiotikasäften für Kinder (Foto: stock.adobe.com)

Kleine Kinder benötigen Antibiotika in Saftform, da sie oft noch keine Tabletten schlucken können und die Dosierung aufgrund ihres geringen Körpergewichts schwierig ist. Doch seit bereits längerer Zeit sind in Österreich die bewährtesten Breitband-Antibiotikasäfte für Kinder nicht verfügbar. Im März werden sie auch nicht mehr geliefert, der Großhandel und die Apotheken haben keine Vorräte und es gibt Wartelisten für Kinder und Erwachsene. 2019 - in der Vor-Coronazeit - wurden in Österreich 130.000 Packungen an Kinder- Antibiotikasäften benötigt. Während der Pandemie war der Bedarf aufgrund der sozialen Distanz geringer. 2022 wurden lediglich 80.000 Packungen von Apotheken abgegeben, denn mehr standen nicht zur Verfügung. 

Dramatische Szenen in Apotheken

In den Apotheken kommt es sei einigen Wochen immer öfter zu dramatischen und emotionalen Szenen vor allem bei den Eltern, die ihren kranken Kindern das benötigte Medikament nicht beschaffen können. Auch Apotheker und Ärzte stehen der Situation hilflos gegenüber. „Ich bin seit 30 Jahren Apotheker, aber so eine Situation habe ich noch nie erlebt,“ sagt Georg Hrovat, Inhaber der Baumhaus Apotheke in Bad Goisern. „Wir müssen im Moment sogar Patienten ohne Medikament wieder wegschicken, weil wir nichts zur Verfügung haben. Vor ein paar Wochen konnten wir noch auf Alternativen zugreifen, aber auch das ist nicht mehr möglich. Die Situation ist wirklich dramatisch.“

Auch niedergelassene Ärzte stehen der Situation fassungslos gegenüber. Dr. Klaus Kritzinger, praktischer Arzt in Gosau, erklärt: „Seit Monaten kann ich meine Patienten nicht so behandeln, wie ich eigentlich möchte, da es das Medikament der ersten Wahl sehr oft nicht gibt. Und die Behandlung mit einem Medikament zweiter Wahl ist für mich nicht wirklich adäquat.“ Kritzinger erklärt weiter, dass er drei Assistentinnen habe, von denen eine den ganzen Tag nichts anderes tut als zu telefonieren um Medikamente zu beschaffen.

Auch auf die Spitäler hat die Knappheit eine enorme Auswirkung: „Die derzeitigen Lieferengpässe bei einigen Kindermedikamenten erschwert unsere Arbeit sehr, da wir nicht davon ausgehen können, dass die Apotheken die verordneten Medikamente lagernd haben. Wir telefonieren daher derzeit in den Diensten sehr oft mit den Apotheken und versuchen Alternativen zu finden, mit denen die Kinder trotzdem gut und leitliniengerecht behandelt werden,“ erklärt Dr. Philipp Greiner, Oberarzt von der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde vom Salzkammergut Klinikum Bad Ischl.

Problem Rohstoffbeschaffung und Lieferengpässe

Die Gründe warum die Antibiotikasäfte für Kinder nicht mehr verfügbar sind, liegen offenbar in der Rohstoffbeschaffung und in Lieferengpässen für die Herstellung der Medikamente. Die Produktion wurde schon seit Jahrzehnten immer mehr nach Asien verlagert, nicht zuletzt aus Kostengründen. Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr fordert nun die österreichische Regierung auf Rohstoffe am ausländischen Markt zu beschaffen und diese für heimische Apotheken bereitzustellen. Diese könnten dann, nach Freigabe durch die AGES, Medikamente selbst herstellen und so den Bedarf decken. „Im Moment ist das noch keine Aufgabe von uns Apothekern,“ sagt Georg Hrovat, „aber mit den entsprechenden Stoffen und der entsprechenden Rezeptur ist es keine Hexerei diese Medikamente herzustellen - vorausgesetzt wir bekommen grünes Licht dafür.“

Wie und ob sich die Situation entspannen wird ist derzeit noch nicht vorhersehbar.


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