Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Wildbiologe Schlemper: „Der Wolf ist gekommen, um zu bleiben“

Mag. Lisa-Maria Laserer, 25.07.2023 18:00

BEZIRK. In letzter Zeit häufen sich Wolf-Sichtungen, vor allem in den Tälern des Salzkammerguts. Landwirte, aber auch Touristiker sind dadurch in Alarmbereitschaft versetzt. Die derzeitige Situation droht, untragbar zu werden und man sucht nun nach Lösungsansätzen.

Wolf, grauer Wolf (Foto: Andreas Rose)
Wolf, grauer Wolf (Foto: Andreas Rose)

Alleine im Süden von Oberösterreich gibt es 422 einzelne Almen und insgesamt 36.500 Hektar offene Almfläche. Bauern treiben ihr Vieh wie eh und je im Sommer auf diese Almen, von denen viele bewirtschaftet sind. Allerdings zählt das Land Oberösterreich zurzeit auch 25 Wölfe, die die Almtiere und in weiterer Folge die gesamte Almwirtschaft in Gefahr zu bringen drohen, denn die Wolfspopulation verdoppelt sich alle drei Jahre.

Berner Konvention

Die Berner Konvention von 1979 ist ein Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume. Österreich ist seit 1983 Mitglied der Konvention. In ihr wird der Wolf als streng schützenswertes Tier klassifiziert. Zu dieser Zeit war die Wolfspopulation allerdings noch zu gering, um Schaden anzurichten. Das hat sich nun geändert und die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen neu überdacht werden.

Seit 1. Juli gibt es eine oberösterreichische Wolfsmanagement-Verordnung zur Sicherung der Almwirtschaft. Diese besagt, dass Problem- und Risikowölfe nun abgeschossen werden können. Für viele Landwirte und Touristiker ein wichtiger Punkt. Bezirksbauenbund-Obmann Christian Zierler hält die Verordnung für einen ersten Schritt in die richtige Richtung, die aber in Zukunft weiter ausgebaut werden müsse.

Vor allem an der Machbarkeit gewisser Elemente der Verordnung scheitert es. Almbauern sollen direkte Herdenschutzmaßnahmen, wie Zäune oder GPS-Tracker, umsetzen, um ihre Tiere zu schützen. Aufgrund der geografischen Gegebenheiten vieler oberösterreichischen Almen sind diese Maßnahmen für die Bauern nicht umsetzbar. Auch fehlt es an den finanziellen Mitteln.

Orte könnten aussterben

Martin Schwaighofer, Landwirt in Gosau, zeichnet ein fast apokalyptisches Zukunftsszenario: „Wir Bauern werden unsere Tiere wegen dem Wolf nicht mehr auf die Almen treiben. Diese werden zuwachsen, niemand wird sie mehr bewirtschaften. Ohne die Almwirtschaft müssen wir unseren Tierbestand drastisch reduzieren, weil im Tal das Futter fehlt. Das bedeutet das Aus für die meisten Bauern. Da die Almen aber auch nicht mehr bewirtschaftet werden, wird das enorme Auswirkungen auf den Tourismus haben, von dem ja sehr viele Täler direkt oder indirekt leben. Immer mehr Menschen werden aus diesen Tälern wegziehen und die Orte sind so zum Aussterben verurteilt.“

Folgen für den Tourismus

Christian Schirlbauer, Geschäftsführer der Ferienregion Dachstein Salzkammergut, erklärt die Folgen des Wolfs für den Tourismus: „Der Tourismus ist eine der Haupteinnahmequellen des Salzkammergutes, die Landwirtschaft mit ihrer hervorragenden Almwirtschaft ist ein großer Bestandteil davon. Landesweite touristische Angebote wie Sonnen-Aufgangs- und -Untergangsfahrten und unsere Vollmondfahrten oder das ,Bergerlebnis Obertraun, aber auch regionale Angebote wie das Kräuterwandern mit den vielen Kräuteralmen sind dadurch massiv gefährdet. Wir müssen unsere Landwirtschaft schützen und den Tourismus auch in Zukunft und für alle weiteren Generationen sichern.“

Gesamtgesellschaftliches Problem

Wolf-Dietrich Schlemper, Wildbiologe und Wolfsbeauftragter der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, sieht die Wolfsproblematik als gesamtgesellschaftliches Problem. Da zurzeit nur circa zwei Prozent der Bevölkerung direkt davon betroffen sind, ist das Thema in der Gesellschaft noch nicht verankert. „Die Almwirtschaft als Ökosystemleistung wird als gesamtgesellschaftliche Leistung noch nicht anerkannt“, so Schlemper. Die Folgen eines eventuellen Verschwindens dieser hätten dann aber alle zu tragen.

Lösungsansätze

Die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen sind zurzeit schwierig und restriktiv. „Der Wolf wird bleiben“, erklärt Schlemper weiter, „wir müssen nun damit umgehen und gemeinsam Lösungen finden.“ Für Martin Schwaighofer gibt es zwei Lösungsansätze: Einerseits könnten wolfsfreie Zonen geschaffen werden, in denen jeder Wolf zum Abschuss freigegeben wird. Andererseits könnte das Land die Bauern bei der Umsetzung der Herdenschutzmaßnahmen finanziell unterstützen. Schlemper betont, dass seiner Meinung nach nur eine Kombination aus direkten Schutzmaßnahmen wie Zäunen und indirekten Maßnahmen wie Abschüssen längerfristig zu einer Lösung führen kann.


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden