
EBENSEE. Vor 60 Jahren, am 23. September 1963, wurde Ebensee von einer Terrorserie erschüttert, deren Hintergründe mit dem Südtirolkonflikt in Zusammenhang gebracht wurden. Zeitzeugen erinnern sich an diesen Tag.
Der Ebenseer Johann Gaigg, damals 23-jähriger Kabinenführer der Feuerkogelseilbahn, erinnert sich: „Ich fuhr um 7.30 Uhr mit der Revisionskabine alleine auf den Berg, um die Schulkinder Karl Neubacher, Karl und Klaus Neuhuber, Regina und Verena Parzer abzuholen. Wieder in der Talstation angekommen, fiel mir bei Wartungsarbeiten ein mit schwarzen Isolierbändern am Laufwerk der Kabine befestigtes Paket auf. Als ich dabei auch Drähte und einen Wecker entdeckte, schoß es mir durch den Kopf: eine Bombe.“ Gaiggs Vorgesetzter verständigte unverzüglich die Gendarmerie. Die Beamten meldeten, dass bereits um 5 Uhr früh das Löwendenkmal zwischen Ebensee und Traunkirchen gesprengt worden war. Zehn Minuten vor 10 Uhr kappte Gaigg auf Anweisung der Gendarmerie mit einer einfachen Blechschere die Zündschnur der Bombe. Der Zeitzünder war exakt auf 10 Uhr eingestellt.
„In den Zeitungen damals wurde ich als Lebensretter der fünf Schulkinder gefeiert. Ich habe mich aber nie als Held gefühlt. Ich musste einfach so handeln und die Bombe vom Laufwerk nehmen. Es war eine Reaktion aus dem Augenblick heraus. Es war mir klar, dass es sich um eine Bombe handelte. In welcher Gefahr ich mich dabei befand, wurde mir erst später bewusst“, erinnert wich Gaigg weiter.
Weitere Bombe in der Saline
Auf dem Salinengelände, damals noch im Ortskern, detonierte um 10 Uhr ein weiterer Sprengkörper. Dabei kam der Gendarm Kurt Gruber bei dem Versuch, die Bombe zu entschärfen, ums Leben.
Im Ortszentrum von Ebensee, beim Kriegerdenkmal, erinnert heute ein Mahnmal an die Ereignisse vom 23. September 1963 und an den tragischen Tod Kurt Grubers.
Werner Feichtinger, Solvaypensionist aus Traunkirchen erzählt von der Sprengung des Löwen: „Ich saß am 23. September 1963 beim Frühstückstisch und hörte einen dumpfen Knall, ordnete diesen aber den Arbeiten im nahe gelegenen Steinbruch Karbach zu. Kurze Zeit später machte ich mich als 17-jähriger Lehrling mit dem Moped zur Arbeit in die Solvay Werke nach Ebensee. Als ich beim Löwendenkmal vorbei kam, sah ich Felsbrocken auf der Straße liegen und musste dem Geröll ausweichen. Ich habe im Vorbeifahren jedoch nicht bemerkt, dass der Löwe gesprengt worden war. Erst am Arbeitsplatz habe ich vom Bombenanschlag erfahren.“
Das Löwendenkmal, das zu Ehren Kaiser Franz Josephs, anlässlich der Eröffnung der Seeuferstrasse am 3. August 1861 von einem unbekannten Bildhauer geschaffen worden war, wurde beim Bombenanschlag fast vollständig zerstört. Nur die Rute blieb erhalten. Im Jahr 1964 wurde das Denkmal, auf Initiative von Staatssekretär Vinzenz Kotzina, Landesrat Erwin Wenzl, Nationalrat Josef Mittendorfer und Bürgermeister Josef Stummer vom Bildhauer Hans Schmidinger aus Linz mit der Originalrute wieder errichtet.
Italienische Terroristen
Die Verknüpfung zu Italien ist noch immer nicht restlos bewiesen, aber Vieles spricht dafür, dass die Ebenseer Bomben dem Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) in seiner Forderung nach Selbstbestimmung zuzuordnen sind.