Verein der Tagesmütter Gmunden meldete Konkurs an (UPDATE 27.11., 16.50 Uhr)
GMUNDEN. Der Verein der Tagesmütter Gmunden musste Konkurs anmelden und stellt mit Montag, 27. November, seinen Betrieb ein. Die Stadtgemeinde Gmunden hat eine Hotline für die betroffenen Familien eingerichtet. UPDATE: Mit der möglichen Übernahme durch den OÖ Familienbund bahnt sich eine Lösung an. UDATE: Politische Reaktionen zur Situation. UPDATE: Stellungnahme der Stadtgemeinde Gmunden: kurzfristige Hilfe und Suche nach tragfähiger Lösung.
Am Freitag, 24. November, informierte der Verein der Tagesmütter Gmunden die betroffenen Familien, Mitarbeiterinnen sowie die Gemeinde Gmunden über den eingebrachten Konkursantrag. Der Betrieb der vom Verein geführten Kinderbetreuungseinrichtungen ist ab Montag, 27. November, eingestellt. Laut Neos-Stadtrat Philipp Wiatschka sind bis zu 100 Kinder betroffen.
Hotline für betroffene Familien
Man habe die Information ebenfalls erst am Freitag Nachmittag erhalten, betont Bürgermeister Stefan Krapf (ÖVP). Es habe keine Vorankündigung gegeben. Im Sinne eines aktiven Krisenmanagements habe er gemeinsam mit Bildungsstadträtin Birgit Zwachte eine Hotline für die betroffenen Familien initiiert. „Am kommenden Montag, dem 27.11., steht eine Mitarbeiterin des Stadtamtes allen betroffenen Familien unter der Nummer 07612/794-205 ab 7.15 Uhr für Fragen und essenzielle Informationen zur Verfügung“, kündigt Krapf an.
Man werde für die Kinder kurzfristig und unbürokratische Plätze in den bestehenden Betreuungseinrichtungen finden und anschließend eine längerfristige Lösung suchen. „Trotz der überraschenden, uns völlig unvorbereitet vermittelten Information an einem späten Freitagnachmittag arbeiten wir am Wochenende auf Hochdruck und geben unser Bestes“, versichert Krapf.
UPDATE 27.11.: Übernahme durch den OÖ Familienbund als mögliche Lösung
Am Nachmittag gab der OÖ Familienbund bekannt, dass er sich eine Übernahme der Struktur des Gmundner Tagesmütter-Vereins vorstellen könnte. Nach intensiven Gesprächen sei eine Lösung in Sicht, man wolle den Betroffenen eine Perspektive geben, so Familienbund-Obmann Martin Hajart, der alle Familien, Fachkräfte und Betriebe einlud, Kontakt mit dem Familienbund aufzunehmen.
„Die kurzfristige Vorgangsweise des Vereins hat leider für eine unnötige Verunsicherung gesorgt, umso mehr ein großes Dankeschön an alle verantwortungsvollen Partner wie Landeshauptmannstellvertreterin Christine Haberlander und dem Familienbund“, so Bürgermeister Stefan Krapf, der von der kurzfristigen Mitteilung irritiert war. Landtagsabgeordneter Rudolf Raffelsberger betont die Wichtigkeit, hier schnell zu handeln: „Das Wichtigste ist eine rasche Lösung für die betroffenen Kinder und deren Eltern.“ Raffelsberger gibt sich erfreut über die positiven Signale aus Linz: „Wir haben unbürokratisch gehandelt und bieten momentan Plätze in anderen Betreuungseinrichtungen an. Ziel ist aber eine langfristige Lösung. Den Familienbund Oberösterreich halte ich für einen erfahrenen und verlässlichen Partner.“
Es wird betont, dass die Förderung des Landes für den betroffenen Verein konstant gewesen sei und es für Vereine dieser Art neben Landesförderungen auch weitere Einnahmequellen gebe, wie etwa Kooperationen, Sponsoring, Beiträge von Gemeinden und Firmen oder Elternbeiträge. Da den handelnden Personen des Vereins die finanzielle Situation schon länger bekannt gewesen sei, sei die kurzfristige Vorgangsweise unverständlich.
UPDATE 27.11.: Neos-PK „Stoppt das Aushungern der Tageselternvereine -Flexible Kinderbetreuung jetzt absichern“
Nach dem Konkurs der Gmundner Tagesmütter luden die Neos am heutigen Montag zu einer Pressekonferenz: „Es ist passiert wovor vor NEOS seit Jahren und insbesondere in den letzten beiden Jahren im Landtag gewarnt haben. Die Tageselternvereine werden seit Jahren ausgehungert. Die Verwaltungsbeiträge, mit denen der laufende Betrieb maßgeblich finanziert wird, werden seit 2014 nicht mehr regemäßig valorisiert, seit der Kinderbetreuungsgesetzes-Novelle im Sommer haben Tageseltern noch weniger Planungssicherheit und bei der Gratis-Vormittagsbetreuung, die es ab September geben soll, sind die Tageseltern erst gar nicht berücksichtigt worden. Dieses Aushungern hat Folgen, die im Schlimmsten Fall eben zum Konkurs führen können“, sagt NEOS-Landessprecher und Klubobmann Felix Eypeltauer.
„Die Tageseltern sind in unserem aktuellen Kinderbetreuungssystem eine extrem wichtige Säule, das müssen auch ÖVP und FPÖ endlich verstehen. Das Aushungern der Tageseltern offenbart die Geisteshaltung der beiden Parteien. Dazu passt leider auch die Ansicht von ÖVP-Klubobmann Christian Dörfel, der den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Geburtstag als den direkten Weg in die Zwangsarbeit junger Mütter bezeichnet hat‘, den Klubobmann Dörfel vor wenigen Monaten im Landtag von sich gegeben hat“, so Eypeltauer. Nur 6,4 Prozent der 438 Gemeinden in Oberösterreich hätten eine Kinderbetreuung für 0- bis 3-Jährige, die Beruf und Familie vereinbar macht. Tageseltern würden gerade hier als zusätzliches Angebot für wichtige Flexibilität sorgen.
Daher habe man die Petition „Stoppt das Aushungern der Tageselternvereine“ ins Leben gerufen, erklärt NEOS OÖ-Bildungssprecherin Julia Bammer, die selbst in Gmunden wohnt und am Wochenende die Emotionen der Eltern und Tageseltern persönlich erlebt hat: „Die Tageseltern sind geschockt, die Familien sind schwer verunsichert und die Kinder müssen sich jetzt vielleicht komplett neu eingewöhnen. Für Kinder bedeuten Tageseltern direkte Bezugspersonen, die geregelte Betreuung im gewohnten Raum muss also abgesichert werden. Aber auch die Betriebe sind stark betroffen, viele Betriebe wissen nicht, ob und wann ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den kommenden Tagen und Wochen kommen können. Die Qualität und Verfügbarkeit von Kinderbetreuung wirken sich eben auch auf die Attraktivität unseres Standorts aus. Genau deshalb sprechen wir bei der Kinderbetreuung auch immer wieder von einem großen Hebel für den Wirtschaftsstandort.“
Die auf der NEOS-Website zu findende Petition fordere die Valorisierung der Verwaltungsbeiträge in der Tageselternverordnung zu verankern. „Gleichzeitig müssen Tageseltern bei den Kostenübernahmen für den Gratis-Vormittag ebenso berücksichtigt werden, wie die Kindergärten und Krabbelstuben. Und auch die KBBG-Novelle muss überarbeitet werden und an die Realität der Tageseltern abgepasst werden“, so Bammer. NEOS kündigen an, die Landtagssitzung zum Budgets 2024 kommende Woche zudem nutzen, um die Finanzierung der Tageselternvereine auf die Agenda zu bringen.
UPDATE 27.11.: Grünen-Kritik: „Man hat den Verein gegen die Wand laufen lassen“
Der Grüne Bildungssprecher Landtagsabgeordneter Reinhard Ammer (Vorchdorf) fordert in einer Aussendung eine finanzielle Absicherung von Kinderbetreuungs-Vereinen: „Hier hat man einen Tagesmütter-Verein offensichtlich gegen die Wand laufen lassen. Das Aus für den Verein in Gmunden kommt nicht überraschend und es ist wahrlich nicht ausgeschlossen, dass weiter folgen. Wenn man von Landesseite die finanziellen Mittel straff kürzt und nur einmal sanft erhöht, das ist zwangsweise die Folge. Tageseltern sind eine wichtige Ergänzung zur institutionellen Kinderbildungs- und -betreuung. Auch sie sind Kinderland OÖ und müssen finanziell abgesichert sein. Dass sich der Verein in Gmunden von den Entscheidungsträgerinnen und -trägern im Stich gelassen fühlt, ist wohl nachvollziehbar“, meint Ammer zur laufenden Debatte.
Ihre Finanzmittel schöpfen die Tagemüttervereine aus dem Verwaltungsbeitrag, wie in der Tagesmütterverordnung 2014 festlegt. Aus diesem Beitrag werden sämtliche Kosten bestritten. Von den Personal-, über die Betriebskosten bis zu Instandhaltungskosten und externen Honoraren. „Dass die Teuerung auch diesen Tagesmütterverein finanziell extrem belastet hat, ist wohl klar. In dieser Situation hätte man die Alarmrufe der Vereinsverantwortlichen einfach hören und darauf reagieren müssen. Sollte ihnen eine Überarbeitung der Tagesmütter-Verordnung für diesen Sommer in Aussicht gestellt worden sein, stellt sich die Frage, warum dies nicht geschehen ist. Ein Versäumnis mit Folgen“, so Ammer.
Dass für die Familien an einer Betreuungslösung gearbeitet werde, sei ein gutes Zeichen. Es nehme das Land aber nicht aus der Pflicht. „Viele Familien sind aus unterschiedlichen Gründen auf Tagesmütter angewiesen. Bei aller Konzentration auf den so überfälligen Ausbau der institutionellen Kinderbildung- und -betreuung, darf die Absicherung der Tagesmütter-Betreuung nicht vernachlässigt werden. Der Fall in Gmunden muss eine Lehre sein“, betont Ammer.
UPDATE 27.11.: Stellungnahme der Stadtgemeinde Gmunden: Kurzfristige Hilfe gesetzt, auf der Suche nach einer tragfähigen Lösung
Man sei nach der kurzfristigen Information über die Insolvenz am Freitag „vertieft in intensive Gespräche, um eine Lösung, was die Situation der Tagesmütter betrifft, zu finden“, betont Bürgermeister Stefan Krapf (ÖVP), „auf der einen Seite für die Kinder und Familien – auf der anderen Seite für die Tagesmütter selbst, weil ja für alle die Situation sehr beunruhigend ist.“ Die Information sei erst am späten Freitag Nachmittag eingelangt, und es keineswegs einfach gewesen, in dieser kurzen Zeit zu reagieren. Krapf: „Wir – Bildungsstadträtin Birgit Zwachte (ÖVP), Familienstadtrat Dominik Gessert (SPÖ) und ich – haben das aber in Absprache mit Uli Feichtinger (Grüne) und Dina Fritz (FPÖ) gemacht. Wir sind mit dem OÖ Familienbund und dem Verein Aktion Tagesmütter OÖ in Gesprächen, um nachhaltige Lösungen zu finden.“
Ein erster Schritt konnte bereits am Montag getan werden. „Wir haben vonseiten der Stadt für Extremfälle, wo die Eltern etwa aufgrund wichtiger, nicht aufschiebbarer Termine verhindert waren, Betreuungsmöglichkeiten angeboten“, sagt Krapf. Das Insolvenzthema liege nun beim Masseverwalter. Noch diese Woche sei eine Entscheidung zu erwarten, ob der am Freitag beantragten Insolvenz stattgegeben oder ob sie abgelehnt werde.
Bürgermeister Krapf macht kein Hehl daraus, dass die nun an einer Lösungsfindung arbeitenden vier „konstruktiven Kräfte“, wie er sie nennt, erbost seien: „Und zwar darüber, dass von einer bestimmten Fraktion ein für die Kommunalpolitik so wichtiges und sensibles Thema hochgespielt wird, und das mit teilweise falschen Informationen.“ Statt Eltern und Tagesmütter mit Fakten zu beruhigen, werde auch noch Hetze auf dem Rücken der Betroffenen – allen voran der Kinder – betrieben und die Situation medial angefeuert, ergänzt Bildungsstadträtin Zwachte. Demgegenüber hätten sich die vier konstruktiven Kräfte der Stadt zusammengeschlossen, um abseits von Coleur und Fraktionszugehörigkeit nach einer tragfähigen Lösung zu suchen, so Krapf. „Und die gibt es“, sagt Zwachte. „Wir warten nur noch auf den Masseverwalter.“ Familienstadtrat Dominik Gessert: „Die Tagesmütter mögen sich zu gegebener Zeit beim Verein Aktion Tagesmütter OÖ oder beim OÖ Familienbund melden.“ Im Übrigen bringe es nichts, wenn man über Social Media Unwahrheiten verbreite, sagt Gessert. „Zuerst sollte man miteinander an einer Lösung arbeiten, und dann kann man an die Öffentlichkeit gehen.“
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