Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024: Kritische Bilanz und Forderungen
GMUNDEN. Bei einer Diskussion in der Wirtschaftskammer Gmunden wurden die wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen der Kulturhauptstadt 2024 kritisch beleuchtet. Experten, Unternehmer und Teilnehmer forderten nachhaltige Maßnahmen für die Region.
Die Freiheitliche Wirtschaft lud vergangenen Mittwoch zu einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Wirtschaftsfaktor Kulturhauptstadt“. Gottfried Kneifel, Michael Fürtbauer und Jörg Hoffmann diskutierten mit dem Publikum über die Bilanz des Projekts. Laut offizieller Zahlen brachte das 31-Millionen-Euro-Projekt einen Anstieg der Ankünfte um 3,6 Prozent und der Nächtigungen um 2,2 Prozent. FPÖ-Nationalratsabgeordneter Michael Fürtbauer zeigte sich enttäuscht: „Alle 23 Gemeinden mussten tief in die Tasche greifen. Das Versprechen einer Umwegrentabilität hat sich nicht erfüllt. Außer Spesen nichts gewesen, könnte man sagen.“
Fürtbauer lobte hingegen die Entscheidung seiner Heimatgemeinde Ohlsdorf, sich nicht an dem Projekt zu beteiligen. Ähnlich äußerte sich Ronald Eichenauer, Gemeinderat aus St. Wolfgang: „Wir stehen finanziell im Vergleich mit anderen Gemeinden gut da. Viele andere wurden durch die Teilnahme zusätzlich belastet.“
Fehlende Nachhaltigkeit und Beteiligung
Laut einer Studie der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich glauben 67 Prozent der Befragten, dass die Kulturhauptstadt keine nachhaltigen Effekte hinterlassen wird. Prof. Kneifel verwies auf ein weiteres Ergebnis: „84 Prozent der Oberösterreicher haben keine einzige Veranstaltung besucht. Selbst im Kerngebiet haben drei Viertel der Bevölkerung die Kulturhauptstadt ignoriert.“
Auch Jörg Hoffmann, Unternehmer aus Gosau, äußerte Kritik: „Viele Künstler aus der Region wurden kaum eingebunden. Wenn jene, die hier leben, nicht einbezogen werden, wie soll dann etwas Nachhaltiges entstehen?“ Diese Vernachlässigung habe nicht nur die Kulturszene enttäuscht, sondern auch potenzielle wirtschaftliche Impulse ungenutzt gelassen.
Nachhaltige Entwicklung gefordert
Trotz der ernüchternden Bilanz waren sich die Teilnehmer einig, dass man aus den Fehlern lernen müsse. Monika Forstinger, Unternehmerin aus Gmunden, forderte: „Es muss eine Nachfolgeorganisation geben, die den Gemeinden bei der Weiterentwicklung hilft – sei es bei Infrastruktur, Mobilität oder Digitalisierung.“
Auch Fürtbauer appellierte an Bund und EU: „Die Kulturhauptstadt war ein europäisches Projekt. Es ist Zeit, dass die EU nicht nur symbolisch 1,5 Millionen Euro über den Mercouri-Preis beisteuert, sondern die Region langfristig unterstützt. Es können nicht wieder die Gemeinden und Tourismusverbände zur Kasse gebeten werden.“
Kneifel kündigte an, die Effekte der Kulturhauptstadt in einer weiteren Studie zu untersuchen. Die Ergebnisse sollen zeigen, ob zumindest touristische Erwartungen erfüllt wurden. „Die Region hat kulturell Potenzial. Entscheidend ist, ob man dieses Potenzial nachhaltig nutzen kann“, so Kneifel.
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